Geld für die Zukunft
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Welche Möglichkeiten und Grenzen die Modern Monetary Theory hat. Und warum Schuldenbremse und Maastricht-Kriterien neu bewertet werden müssen
Drei knappe Worte des damaligen Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, genügten 2012, um dem Spuk der Eurokrise ein Ende zu bereiten: "Whatever it takes", Was auch immer nötig ist, werde er unternehmen. Im Gegensatz zu den USA hatten sich Probleme zuvor, 2008 und 2009, in der Europäische Wirtschafts- und Währungsunion (EWU) zur Krise unserer Währung ausgewachsen.
Grundsätzlich können Staaten, die in der Währung verschuldet sind, die sie selbst emittieren, nie zahlungsunfähig werden. Sie nehmen allenfalls eine importierte Inflation in Kauf, wenn sie zusätzliches Geld emittieren und in der Folge der Außenwert ihrer Währung sinkt, womit sich dann Rohstoffe und Güter aus dem Ausland für sie verteuern.
In der EWU war dieser Weg versperrt. Die EWU-Länder waren damit analog zu Ländern, die in einer Fremdwährung verschuldet sind, Spekulanten ausgeliefert, die mit Wertpapieren und Credit Default Obligations gegen den Euro wetteten und so die Zinsen der Anleihen in die Höhe trieben, noch ehe Draghi im Rahmen des EZB-Mandats viel zu spät eingreifen durfte. In der Eurozone waren zu diesem Zeitpunkt längst Deflation und somit ein großer Schaden entstanden.
Während Bankenrettungen die Steuerzahler in der EWU aufgrund der Finanzkrise einen dreistelligen Milliardenbetrag kosteten, verdienten Steuerzahler in den USA an Bankenrettungen. Die US-Zentralbank Federal Reserve Bank, kurz: "Fed", erhöhte die Mindestreserveanforderung an Banken und zwang diese damit, frisch "gedrucktes" Geld anzunehmen und ihr mit Zinsen, die erwirtschaftet werden mussten, zurückzuzahlen.
In der EWU wurde mit der Bankenrettung hingegen Geld dem Umlauf entzogen, um Geld, das es zuvor nie gegeben hatte, zu "ersetzen" – es waren ja alles Luftbuchungen gewesen, die die Finanzkrise ausgelöst hatten.
Bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit schnitten die USA nach der Finanzkrise wesentlich besser ab als die EU aufgrund des Mandats der Fed, das nicht ausschließlich der Preisstabilität verpflichtet ist, sondern auch dem Arbeitsmarkt.
Deutschlands Staatsschuldenquote liegt heute selbst nach den Finanzhilfen aufgrund der Corona-Krise niedriger als zum Höchststand während der Eurokrise. Ein weiterer Unterschied: Aktuell sind in dieser Quote Staatsanleihekäufe der EZB enthalten.
All dieses Geld kann als Bundesbankgewinn wieder in den Bundeshaushalt zurückfließen. Hinzu kommt eine kleine Prämie, die uns die Banken zahlen, die diesen Handel abwickeln dürfen und dadurch weniger Negativzins auf ihre Zentralbankguthaben zahlen müssen.
Geldschöpfung aus dem Nichts
Banken erschaffen Geld, indem sie Kredite vergeben, das mit der Tilgung dieser Kredite wieder verschwindet. Das gilt so für alle Banken, auch für die Zentralbanken, die den Staaten gehören und Zentralbankgeld emittieren, das nur Geschäftsbanken zum Leitzins ausleihen können.
Geschäftsbanken schreiben genau wie Zentralbanken den Betrag, den sie verleihen, dem Kreditnehmer gut und verlängern die Bilanz um diesen Betrag, indem sie sowohl das neue Kundenguthaben wie auch ihre Forderung an den Kunden verbuchen, jeweils auf anderer Seite der Bilanz.
Untereinander dürfen Geschäftsbanken ihren Zahlungsverkehr nur mit Zentralbankgeld abwickeln, nicht mit dem von ihnen auf diese Weise selbst erschaffenem Giralgeld.
Der Zins auf Zentralbankguthaben, derzeit minus 0,5 Prozent, ist stets niedriger als der Zins im Interbankenhandel und auch als der Leitzins. So soll zu einem Ausgleich von Überweisungen zwischen den Banken motiviert werden, mit dem die Geldmenge begrenzt bleibt.
Die aktuell bereits oft praktizierte Belastung des Bankkunden mit dem Negativzins untergräbt also dieses Prinzip. Auch in der Finanzkrise war der Interbankenhandel gestört, weil sich Banken untereinander nicht mehr vertrauten.
Da seit rund zwanzig Jahren sowohl Haushalte wie Unternehmen Nettosparer sind und selbst der Staat nicht mehr Geld ausgeben mag, als er einnimmt, um seine Schulden abzubauen, stößt eine Geldschöpfung mittels Bankschulden an ihre Grenze.
Stattdessen kauft die EZB jetzt selbst mittelbar über Banken Staats- und Unternehmensanleihen auf, so wie einst von Mario Draghi angekündigt: "Whatever it takes".
Damit nähert sich die Praxis der EZB-Geldpolitik einer Theorie an, die bei uns hochumstritten ist, jedoch in den USA Furore macht und sich dort durchsetzen könnte, der Modern Monetary Theory, MMT.