Geld für mehr Demokratie
Seite 5: Ein umstrittener Vorschlag
Jetzt kommt natürlich die Frage: Wie soll man so ein Unterfangen wie die Einführung einer degressiven Währung in Gang bringen? Nie und nimmer werden die Finanzakteure, Politiker und Mediengurus dem gleich zustimmen. Man wird es nicht zur Kenntnis nehmen und bestenfalls einen umstrittenen Vorschlag nennen, der die Geldstabilität bedroht und den Leuten ihr Erspartes wegnimmt.
Deshalb ist es vorsichtig und klug, die Direkte Digitale Mark erst einmal als Zweitwährung einzuführen. Das wäre lukrativ für ein Land, das in Zahlungsschwierigkeiten ist und/oder vor dem Konkurs steht, oder auch dann, wenn das bestehende Finanzsystem zusammenbricht. Am allerbesten als Präventivmaßnahme schon dann, wenn mit einem Zusammenbruch, dem Finanz-Tsunami, gerechnet werden muss. Dann wäre es gut, wenn man die DDM schon hat, das heißt, die entsprechende Software bei der Kontoführung, die App fürs Mobile Netz, die entsprechenden Geldkarten und die Lesegeräte.
Die Einführung kann in der Form beginnen, dass ein Staat wie Griechenland mit DDM seine Beamten, Angestellten und Rentner bezahlt und er verpflichtet den Handel und die Wirtschaft, die degressive Währung anzunehmen.
Ökonomische Demokratie
Unter diesen Voraussetzungen wird sich für den Umgang mit Geld im normalen Leben nicht viel ändern, außer dass fast alles per Karte, Smartphone oder Überweisung bezahlt wird.
Eine degressive Währung kommt den natürlichen Gesetzen der lebendigen Ökonomie näher als das bestehende System, das die bekannten Probleme aufwirft: Riesige Geldmenge außerhalb der Kontrolle von demokratischen Staaten und Steuerbehörden, Aufblähen und Destabilisierung der Aktienkurse, unermessliche Staatsschulden und nicht zuletzt Konzentration von Milliarden in der Hand immer weniger professioneller Spekulanten. Das ist Geld, das nur im Finanzsektor kursiert und der natürlichen Zirkulation entzogen wird.
Die degressive Währung wirkt umgekehrt, wer sein Geld in Form von DDM in der ersten Woche wieder ausgibt, hat am meisten davon. Wer soviel kassiert, dass er es nicht ausgeben kann oder nicht ausgeben will, ist im Nachteil. Die Umverteilung von unten nach oben wird gestoppt.
Es sind also nicht mehr die Groß-Geldbesitzer, die die Wirtschaft mit ihrer Kapitalmacht antreiben und dirigieren und dafür als Gegenleistung eine hohe Rendite verlangen, sondern es sind alle, die überhaupt Geld in der Hand haben und ihre DDM bald wieder ausgeben.
Das ist ein direkter Schritt in die Finanz-Demokratie.
Anmerkungen:
Die Idee einer degressiven Währung stammt von dem deutschen Abenteurer und Philosophen Silvio Gesell, der im heute belgischen St. Vith geboren wurde. Man nannte dieses Geld Freigeld. Es wurde realisiert durch Geldscheine mit einem Ausgabedatum, deren Wert immer neu berechnet werden musste. Trotz der Kompliziertheit, ohne Digitaltechnik, wurde Freigeld auf lokaler Ebene in Österreich Anfang der 1930er Jahre mit Erfolg eingesetzt, bis der Staat es verbot, weil er das Währungsmonopol beanspruchte.
Die Auswüchse und Bedrohungen des Finanzwesens wurden durch den Autor Ernst Wolff historisch betrachtet und in seinem Buch "Finanz-Tsunami″ geschildert, das der Autor 2017 im Eigenverlag veröffentlicht hat. ISBN 978-3-00-057533-4
Rob Kenius studierte Physik an der RWTH Aachen und war dort Chefredakteur der Studentenzeitung. Nach dem Diplom verließ er die akademische Laufbahn, wurde selbständig als Inhaber eines Musik-Clubs und dann als Medienkaufmann. Heute lebt er als freier Autor in Köln und betreibt die Webseite kritlit.de.
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