Gen-Food, nein danke!
Sambia weigert sich trotz Hungersnot amerikanische Katastrophenhilfe in Form von Gen-Mais anzunehmen
Katastrophenhilfe ist nicht nur ein humanitärer Akt, auch ökonomische und politische Interessen spielen eine Rolle. So profitieren amerikanische Landwirte von Nahrungsmittel-Lieferungen in Krisenregionen: Für die umstrittenen genetisch modifizierten Nahrungsmittel waren Hilfslieferungen bislang ein störungsfreier Markt. Das scheint sich allerdings zu ändern: Die sambische Regierung weigert sich Hilfslieferungen aus den USA anzunehmen, die genetisch modifizierten Mais enthalten.
Seine Landsleute möchte er nicht als "guinea pigs" sehen. So bestätigte der sambische Präsident Levy Mwanawasa kürzlich noch einmal die bereits Anfang des Monats getroffene Entscheidung, kein Gen-Food in sein Land zu lassen. Nahrungsmittel werden allerdings dringend gebraucht. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind im südlichen Afrika mehr als 14 Millionen Menschen von einer Hungersnot bedroht. Allein in Sambia sind schätzungsweise 2,4 Millionen Menschen betroffen.
Befürworter von Gen-Food reagieren mit Unverständnis. So auch der amerikanische Außenminister Colin Powells in einer Rede während des Weltgipfels in Johannesburg. Er verstehe nicht, warum Sambia den Hungernden verweigere, was Amerikaner "jeden Tag essen". Die USA ist nicht bereit, ihre Hilfspolitik zu ändern. So wird die USA die genetisch modifizierten Hilfslieferungen, die abgelehnt werden, nicht ersetzen. Auch für weitere Kosten wie die Kennzeichnung oder das Mahlen von Gen-Mais will die USA nicht aufkommen.
Trotz aller Beteuerungen seitens der amerikanischen Regierung und der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass die Nahrung ungefährlich sei, zweifelt die sambische Regierung an der Unbedenklichkeit von Gen-Food. Im Auftrag der Regierung sollen nun sambische Forscher mit eigenen Untersuchungen beginnen.
Das Risiko erscheint vielen in Afrika höher als in Europa und den USA. Sollten zukünftig gesundheitliche Probleme durch Gen-Food entstehen, dürften diese in Afrika größere Auswirkungen haben: "Welche medizinischen Dienste können wir nutzen, wenn sich zeigt, dass genetisch modifizierte Nahrungsmittel Nebeneffekte haben?", fragt beispielsweise die sambische Tageszeitung The Post.
Eine weitere Befürchtung der sambischen Regierung ist die mögliche Verwendung des Gen-Mais als Saatgut. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich die genetisch modifizierten Maispflanzen mit heimischen Sorten kreuzen. Das könnte Sambias Agrarexporte nach Europa gefährden, da die Europäische Union eine Kennzeichnung für Gen-Food verlangt.
Für einen Kompromiss hat sich Simbabwe entschieden: Das Mahlen des Mais, um die Nutzung als Saatgut zu verhindern. Simbabwe hatte sich ebenfalls lange geweigert, genetisch manipulierte Hilfslieferungen anzunehmen, will nun aber den gemahlenen Mais unter strenger Aufsicht im Land verteilen. Auch Malawi hat Anfang des Monats beschlossen, nur noch gemahlenen Mais zu verteilen, kann diese Entscheidung aber aufgrund der für das Land zu hohen Kosten, ca. 21 Million US Dollar, erst einmal nicht umsetzen.
Einen kleinen Erfolg hat die sambische Regierung inzwischen erzielt. Das Welternährungsprogramm (WFP) scheint Sambias Ablehnung von genetisch modifizierter Nahrung zumindest zu respektieren. "Da Weizen nicht genetisch modifiziert ist, suchen und überprüfen wir Wege, diesen den Hungernden zugänglich zu machen" , zitiert die simbabwische Finanzzeitung Financial Gazette James Morris, Executive Direktor des WFP. Sollte sich Weizen als erfolgreicher Ersatz für den Gen-Mais erweisen, könne das WFP den Weizen auch anderen Ländern in der Region anbieten. Ob dies bei der Menge von Nahrungsmitteln, die zur Zeit benötigt werden, ohne Mithilfe der USA gelingen wird, ist allerdings fraglich.