Genderpolitik: Warum das geplante Selbstbestimmungsgesetz rückschrittlich ist

Demonstration für Transrechte in den USA, 2019. Bild: Ted Eytan, CC BY-SA 2.0

Ampel-Koalition möchte Rechte Transsexueller stärken. Doch die Initiative ist problematisch. Weshalb dieser Gender-Aktivismus nicht progressiv ist und am Ende die politische Rechte stärkt. Ein Telepolis-Leitartikel.

Die Debatte um ein sogenanntes Selbstbestimmungsgesetz der Ampel-Koalition nimmt Fahrt auf – und die Lager sind ideologisch gefestigt. Noch in diesem Jahr soll die Novelle das jahrzehntealte "Transsexuellengesetz" ersetzen. Im Kern geht es darum, die Änderung des Geschlechtes im Ausweis auf eigenen Wunsch hin zu ermöglichen. Die bisherigen Hürden wie Gutachten und bürokratische Vorgaben sollen entfallen.

Das ist alles zunächst wenig aufsehenerregend, wäre die Debatte um Transrechte nicht längst zu einem ideologischen Grabenkampf verkommen. Verfechter des geplanten Gesetzes und ähnlicher Regelungen im Ausland sehen sich an vorderster Front eines Kulturkampfes; ihre Gegner stehen ihnen dabei in nichts nach.

Dabei muss man sagen: Die Vehemenz der Kontroverse ist durch die statistische Relevanz bei Weitem nicht gedeckt: Nach amtlichen Zahlen betrifft Transsexualität in Deutschland rund 0,35 Prozent der Bevölkerung. Selbst Lobbyorganisationen von Transsexuellen sprechen von nicht mehr als 0,6 Prozent.

Dass die Debatte in Medien und Politik dennoch so intensiv geführt wird, liegt an der "Wokeness". Telepolis-Redakteur Thomas Pany hat es kürzlich so erklärt: "Wokeness" sei "ein Sammelbegriff für die Versuche, die Gleichberechtigung aller Menschen trotz ihrer unterschiedlichen geschlechtlichen, sexuellen, ethnischen und sonstigen Eigenschaften zu gewährleisten".

Soll also jeder sein Geschlecht nach Belieben ändern können? Daran gibt es viel und durchaus berechtigte Kritik.

Die Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht argumentierte unlängst eher holzschnittartig, als sie eine Gefährdung von Schutzräumen für Frauen prognostizierte. Wagenknecht warf die Frage auf, "wie stark Frauenräume noch geschützt sind, wenn sich jeder Mann beliebig zur Frau erklären kann".

Das Nachrichtenmagazin Spiegel attestierte der bald wohl ehemaligen Linken-Politikerin daraufhin ein "seltsames Menschenbild". Es sei abwegig, dass sich Täter, "die zu Belästigung oder Vergewaltigung von Frauen neigen, dafür eine behördliche Erlaubnis holen".

Auch das ist argumentativ ziemlich verdreht. Denn es geht ja nicht um die Erlaubnis, missbräuchlich in Schutzräume einzudringen, sondern darum, dass man bzw. Mann dafür per behördlichem Bescheid den Weg ebnen könnte.