Genetisch manipulierte Immunzellen bekämpfen Krebs

Seite 2: Hohe Kosten sorgen für Kontroversen

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Ein weiterer Grund sind die enormen Kosten. Mit 475.000 US-Dollar schlagen allein die CAR-T-Zellen zu Buche, die wochenlange Betreuung im Krankenhaus ist dabei noch gar nicht eingerechnet. In Wirtschaftskreisen gilt das zwar als günstig, da eine offizielle britische Studie unter Umständen sogar einen Preis von bis zu 650.000 US-Dollar als gerechtfertigt sieht. Doch bei Patientenvereinigungen ist die Empörung groß, besonders da die Entwicklung der CAR-T-Zellen anfangs mit Steuergeldern finanziert wurde.

Um die Gemüter zu beruhigen, zeigt Novartis Entgegenkommen: Die Zahlung wird nur fällig, wenn die Patienten innerhalb der ersten 30 Tage auf die Behandlung ansprechen. Dieses Versprechen grenzt jedoch an Augenwischerei, da CAR-T-Zellen anfangs fast immer eine Wirkung zeigen - der langfristige Erfolg lässt sich jedoch frühestens nach sechs bis zwölf Monaten abschätzen. Um die Kosten spürbar zu reduzieren, müsste Novartis die Frist von 30 Tagen deutlich verlängern.

Als Rechtfertigung für den hohen Preis werden zwei Gründe ins Feld geführt. Da sind zum einen die Herstellungskosten der CAR-T-Zellen, die pro Patient etwa 50.000 US-Dollar betragen sollen. Zum anderen müssen die Entwicklungskosten der Therapie auf eine kleine Zahl von Patienten umgelegt werden, da es sich bei der ALL um eine seltene Krankheit handelt. Deutschland verzeichnet nur etwa 1000 Neuerkrankungen pro Jahr, meistens Kinder und Jugendliche, von denen etwa 90 % bereits mit den bisherigen Therapien geheilt werden können.

Weitere Krankheiten

In absehbarer Zeit werden zwar weitere Formen von Leukämien und Lymphomen mit CAR-T-Zellen behandelt werden, doch auch diese Krankheiten sind eher selten. Um einen wirklichen Durchbruch bei der Krebsmedizin zu erreichen, müsste auch die Therapie von weit häufigeren Tumoren in festen Geweben wie Brust, Haut und Prostata gelingen. Doch deren Behandlung ist wesentlich schwieriger, erste klinische Studien konnten bislang wenig überzeugen.

In den CAR-T-Zellen spiegelt sich damit das Dilemma der modernen Krebsmedizin: Jeder neue Ansatz hilft nur einer kleinen Zahl von Patienten, verursacht aber gewaltige Kosten. Pharmakonzerne streichen hohe Profite ein, sind aber dennoch für die Entwicklung unverzichtbar. Und die finanzielle Belastung der Gesundheitssysteme wird immer größer.

CAR-T-Zellen werden viele Menschenleben retten, das steht außer Frage. Sie zeigen aber auch, dass der medizinische Fortschritt seinen Preis hat. Die Frage ist, wie lange die Gesellschaft noch bereit ist, dafür zu zahlen.

Der Autor bietet einen Newsletter an, der über neue Entwicklungen bei CAR-T-Zellen und der Gentherapie informiert.

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