Gentech-Moratorium auf Hawaii?

Eine Grassroot-Bewegung hat im Maui-County eine Volksabstimmung auf den Weg gebracht

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Während in den USA derzeit hauptsächlich über eine Kennzeichnungspflicht von gentechnisch veränderten Lebensmitteln debattiert wird, will eine Bürgerinitiative in Maui-County, Hawaii, ein Moratorium erwirken. Aufgrund der fruchtbaren Böden und der günstigen klimatischen Bedingungen sind die Inseln bei der Gentech-Industrie äußerst beliebt. Allein in Maui beschäftigen Konzerne inzwischen rund 600 Menschen. Es finden zahlreiche Feldversuche statt. - Kritische Stimmen aus der Bevölkerung gibt es aber seit langem. Die Anfang November zur Abstimmung vorgesehene Moratorium-Regelung ist der erste von Bürgern selbst initiierte Gesetzesantrag in dem Distrikt.

Bild: SHAKA

Hawaii bietet für die Landwirtschaft äußerst günstige Bedingungen: fruchtbare Böden und ganzjährig warmes Klima. Das zog auch die Gentech-Industrie an. Das auflagenstarke US-Wissenschaftsmagazins Scientific American berichtete 2008 von 2.230 Feldversuchen mit zahlreichen gentechnisch veränderten Pflanzen wie Mais, Soja , Baumwolle, Kartoffeln, Weizen, Luzerne, Rüben oder auch Reis. Auch gentechnisch veränderte Papayas werden auf den Inseln gezogen.

Kontroversen blieben aber auch auf den Aloah-Inseln nicht aus. Von Beginn an waren Wissenschaftler des Landes und offizielle Stellen tendenziell eher pro GMO eingestellt. Das hatte mit dem Virus-Befall von Papayas Ende der 1990er-Jahre zu tun, die ein wichtiges "Export-Gut" darstellen. Hier wurden GV-Sorten entwickelt, die bis heute angebaut werden. Organisch produzierende Papaya-Farmer argumentierten, dass der Virus-Befall mit der Produktionsweise der Monokulturen zu tun hätte und sahen sich in ihrer Existenz bedroht. Big Island verbot laut einem Bericht der Huffington Post 2013 weitere GV-Sorten bis auf die Gentech-Papaya.

In anderen Distrikten Hawaiis wurden ebenfalls strenge Regulierungen auf den Weg gebracht. In Kauai hatte man letztes Jahr vor allem den mit dem GV-Anbau verbundenen Pestizid-Einsatz ins Visier genommen. Unterstützt von zahlreichen Medizinern wurden unter anderem strenge Abstandsregelungen zu Schulen und medizinischen Einrichtungen veranlasst, um die Menschen besser vor den Chemikalien zu schützen. Nach einem Einspruch der Gentech-Industrie wurden diese Reglungen inzwischen von einem Richter wieder aufgehoben

Mit Crowd-Funding gegen Konzernmacht

Geht es nach der Grassroots-Bewegung SHAKA (Sustainable Hawaiian Agriculture for the Keiki and the Aina) soll in Maui County nun die strengste Regelung in ganz Hawaii durchgesetzt werden. Man will ein Moratorium (vergleichbar mit dem europäischem Moratorium von 1998) einführen. Danach soll der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen solange verboten werden, bis Umwelt- und Gesundheitsfragen zufriedenstellend geklärt sind. Analyse-Kosten dafür sollten von den Gentech-Konzernen getragen werden.

In Maui County (Molokai, Maui und Lanai islands) werden bereits zahlreiche Felder von der Gentech-Industrie bewirtschaftet. Vorort aktiv sind Monsanto und Mycogen Seeds (Dow AgroSciences). Laut einem Artikel von Honolulu Civil Beat würde allein Monsanto 540 Menschen im County beschäftigen und hätte in den vergangenen Jahren Millionen Dollar in den Aufbau ihrer Gentech-Farmen auf Maui investiert.

Geht das Moratorium durch, würden die Firmen ihre Aktivitäten einstellen, berichtet der Artikel unter Berufung auf Sprecher der betroffenen Konzerne. Das würde laut Wirtschaftsexperten die Arbeitslosenrate von 4,7 auf 5,5 Prozent hochschnellen lassen.

Die Debatte wird von Seiten der Gentech-Befürworter vor allem mit Betonung auf prognostizierte wirtschaftliche Nachteile für die Inseln geführt. Das will das SHAKA-Movement nicht gelten lassen. Die Grassroots-Bewegung argumentiert, dass die Firmen ja auf andere Produktionsformen umsteigen und wieder lokale Sorten züchten könnten. Insofern würden auch keine Arbeitsplätze gefährdet werden. Dem Movement geht es vor allem um die Etablierung einer nachhaltigen Landwirtschaft.

Inzwischen hat die Gentech-Industrie ihre PR-Maschine offenbar auf Hochtouren gefahren, um ein Moratorium zu verhindern. So berichtet SHAKA auf ihrer Homepage von zahlreichen Werbeeinschaltungen und ruft ihrerseits die Bevölkerung dazu auf, sich nicht "veräppeln" zu lassen. In weiser Voraussicht initiierte SHAKA bereits im August eine Crowdfunding-Aktion, um Geld für eigene Kampagnen zu sammeln. Man brauche Geld, um der PR-Maschinerie der Bio-Techindustrie Paroli bieten zu können, so die Initiatoren.

SHAKA gelang es zuvor, ausreichend Unterschriften für die Abhaltung einer Volksabstimmung zu sammeln, die für den 4. November angesetzt wurde. Es ist der erste Gesetzesantrag in dem County, der von den Bürgerinnen und Bürgern selbst eingebracht wurde.