Genuss in vollen Zügen
Ein Vorzug der Bahn gegenüber den Fernbussen könnte das gastronomische Angebot im Zug sein
Es gehört im Grunde nur wenig dazu, die Fernbus-Angebote Schokoriegel und Cola zu überbieten. Doch irgendwie kommt die Deutsche Bahn mit ihrer Gastronomie im Zug noch immer auf keinen grünen Zweig. Bislang waren alle Versuche, daran etwas zu ändern, zum Scheitern verurteilt.
Die Geschichte der Speisewagen-Gastronomie in Deutschland
Am 24. November 1916 wurde die Mitropa als Mitteleuropäische Schlafwagen- und Speisewagen Aktiengesellschaft gegründet. Gründer waren die Eisenbahnverwaltungen aus Deutschland, Österreich und Ungarn. Nach dem Ersten Weltkrieg konzentrierte sich die Tätigkeit der Mitropa auf Deutschland und Österreich. Nach der deutschen Teilung verblieb die Mitropa AG in der DDR, während der Betrieb in der Bundesrepublik als DSG (Deutsche Schlafwagen- und Speisewagengesellschaft und später Deutsche Service-Gesellschaft der Bahn) weitergeführt wurde.
Nach der deutschen Wiedervereinigung arbeiteten die beiden Unternehmen bis 1994 noch getrennt. Danach übernahm die ostdeutsche Mitropa die DSG. Im Jahre 2002 wurde das Speisewagengeschäft der Mitropa auf die DB Reise & Touristik AG übertragen, die im Folgejahr in DB Fernverkehr AG umbenannt wurde. Mit der Übernahme erhielten die Servicemitarbeiter die gleichen Uniformen wie die Schaffner der Bahn, haben jedoch unterschiedliche Zuständigkeiten, was dem Reisenden meist nicht erkennbar ist. Die Reste der Mitropa AG wurden am 1. April 2004 an die britische Compass Group PLC verkauft, in die Mitropa GmbH umgewandelt und firmieren heute unter dem Namen SSP Deutschland GmbH, welche auch die Rechte an der Marke Mitropa besitzt.
Die Versuche, mit der Gastronomie im Zug zu punkten
Da die Deutsche Bahn mit ihrer Gastronomie seit Jahren Verluste schreibt, kam in der Vergangenheit immer wieder die Idee auf, den gastronomischen Service einzustellen. Das zuletzt unter Hartmut Mehdorn diskutierte Ende der DB-Speisewagen war jedoch schnell wieder vom Tisch. Und in der Folge gab es mehrere Versuche mit besonderen Angeboten. Für mehrere Jahre legte man besonderen Wert auf ein umfangreiches Frühstücksangebot.
So gab es für längere Zeit die zweite Tasse Heißgetränk gratis, bis man diese Option wieder still und heimlich abgeschafft hat. Bald darauf wurde auch das gesamte Frühstücksangebot wieder ausgedünnt und entspricht inzwischen eher einer Notversorgung für Reisende, die auf dem Bahnhof keinen Café-to-go mehr ergattern konnten.
Zwei-Klassen-Gastronomie in den Zügen der Deutschen Bahn
Während es in vielen ICs gar keinen gastronomischen Service mehr gibt und nur vereinzelt noch Bord-Bistros eingesetzt werden, gibt es in den ICEs meist zumindest ein Bord-Restaurant und im zweiten Wagenteil ein Bord-Bistro. Inzwischen soll man das Angebot des Bistros auch im Bordrestaurant bekommen, falls es überhaupt einen Service an Bord gibt. Ein Service am Platz gibt es nur noch in der Ersten Klasse.
In der Zweiten Klasse gab es vor einiger Zeit noch einen Minibar-Service. Dieser wurde jedoch schon länger nicht mehr gesichtet. In den ICEs kamen vielfach kleinere Snack Caddies zum Einsatz, die nur ein stark eingeschränktes Sortiment enthielten. In unregelmäßiger Form werden heute in der Zweiten Klasse vormittags manches Mal noch Kaffee oder Tee und nachmittags in kleinerem Umfang kalte Getränke angeboten. Beides nur solange der Vorrat reicht. Bestellen funktioniert in der Praxis eher selten.
Die Unwägbarkeiten der DB Bordgastronomie
Dass man an Bord eines deutschen Zuges nicht mit der EC-Karte bezahlen kann, gilt nicht nur für das nachträgliche Lösung einer Fahrkarte, sondern auch für die Bord-Restaurants und die Bord-Bistros. Kreditkarten oder Bargeld sind gefragt, wenn der kleine oder große Hunger kommt. Viel ärgerlicher ist jedoch die Tatsache, dass man sich auf den Service im Speisewagen der Deutschen Bahn nicht mehr verlassen kann. Mal fällt die Zapfanlage aus, dann gibt es Getränke nur noch in Flaschen.
Ein anderes Mal mag die Mikrowelle nicht, dann gibt es als warme Speisen nur überbackene Baguettes. Manches Mal ist auch die Kühlung zwischenzeitlich ausgefallen, so dass es nur noch Schokoriegel zu essen gibt, weil der Temperaturtracker eine Unterbrechung der Kühlkette gemeldet hat. An manchen Tagen gibt es morgens kein Frühstück, weil man vergessen hatte, die benötigten Waren einzuladen. An anderen Tagen mag die Kaffee-Maschine nicht.
Besonders heimtückisch scheinen die Auslandsstrecken zu sein. Auf der Strecke von Köln nach Brüssel, die von der Deutschen Bahn nur alle vier Stunden bedient wird, ist der Notverkauf außerhalb des Speisewagens ein durchaus bekanntes Ereignis. Auch abends fällt der Service aufgrund Personalmangels immer wieder aus. In der Vergangenheit hatte auch das Personal schon mal Ausfallserscheinungen. Dann gab es Freibier auf Kosten des Hauses.
Der Grenzüberschreitende ICE-Speisewagen
Da die ICEs auf der Rheintalstrecke zum Teil von der Schweiz aus operieren, sollte man wissen, dass die Crews in den Speisewagen dann auch über die Schweiz abrechnen. Wer da mit Kreditkarte bezahlt, darf sich nicht wundern, wenn er auf seiner Abrechnung einen Auslandszuschlag findet, obwohl er seine gesamte Fahrtstrecke auf deutschem Hoheitsgebiet verbracht hatte.
Dennoch will die grenzüberschreitende Kaffeepause gut geplant sein, denn in Basel Badischer Bahnhof steht die Abrechnung an. Hier muss der Konsum auf der deutschen Strecke dann bezahlt sein. Das hängt mit den unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen zusammen. Während in Deutschland 19 Prozent MwSt. fällig werden, sind dies in der Schweiz nur 8 Prozent. Der Endpreis ist jedoch der gleiche. Bis zur vor einigen Jahren erfolgten Gesetzesänderung wurde in den bei der DB-Niederlassung in der Schweiz registrierten Zügen auch in Deutschland nur die niedrigere Schweizer Mehrwertsteuer berechnet.
Wer ist auf deutschen Schienen neben der DB noch gastronomisch unterwegs?
Aktuell nutzen mehrere ausländische Eisenbahnunternehmen mit gastronomischen Bordservice das Netz der DB. Die schweizerischen Bundesbahnen (SBB) haben den gastronomischen Service an Bord auf die 100 Prozent-Tochter Elevetino AG ausgelagert. Auf den Strecken der DB wurde im Oktober 2017 die folgenden Fernverkehrs-Strecken von der SBB und Elevetino bedient: Von der Schweiz aus im EuroCity- oder InterCity-Zügen nach München (EC 190-197), nach Stuttgart (IC 180-187, 280-285) sowie nach Hamburg Altona (EC 6 / 7, 100-102) und zurück.
In den Zügen der Österreichischen Bundesbahn (ÖBB) wird das Catering seit dem 1. April 2018 in den Fernzügen von DoN's durchgeführt.
Die Ungarischen Staatsbahnen (Magyar Államvasutak) fahren in Deutschland von Budapest kommend über Bratislava und Prag auf der Strecke vom Grenzübergang Bad Schandau nach Berlin und zurück. An Bord gibt es ungarische Küche. Die Speisen werden nicht nur aufgewärmt, sondern im Speisewagen frisch zubereitet.
Die Tschechischen Bahnen České dráhy, a.s. bedienen von Prag kommend mit ihren inzwischen modernisierten EC-Zügen die Strecke Dresden - Berlin - Hamburg. Das Catering-Angebot wird von JLV, a.s. übernommen. In den EC-Züge des Berlin-Warszawa-Express wird das Catering von Wars betrieben.
Im Westen des deutschen Bahnnetzes gibt es inzwischen mehrere Verbindungen, die von der französischen Bahngesellschaft SNCF mit dem TGV befahren werden. Es sind dies die Strecken Stuttgart-Paris, Frankfurt-Paris, München-Paris sowie Frankfurt-Marseille und Köln-Paris. Die Strecken von Köln werden üblicherweise von der SNCF-Tochtergesellschaft Thalys betrieben.
Die Zukunft der Bordgastronomie
Das Interesse an der Bordgastronomie ist bei den einzelnen Zugbetreibern unterschiedlich ausgeprägt. Bei der Deutschen Bahn fällt die Motivation des Personals im Catering-Bereich in den letzten Jahren deutlich ab. Für die Fahrgäste ist das Essen im Speisewagen inzwischen dem Zufallsprinzip unterworfen. Mal wird man bedient, mal schaut man in die Röhre.
Der Bestellvorgang läuft in der Bord-Gastronomie der Deutschen Bahn noch immer so ab wie anno dazumal in der Dorfkneipe: mit Papier und Bleistift. Bei Elvetino ist man da durchaus schon auf dem Stand der Systemgastronomie und verfügt über digitales Handwerkszeug beim Bestellvorgang.
In diesem Beitrag wurden nur die Fernverkehrsstrecken betrachtet, die von den Betreibern im eigenen wirtschaftlichen Risiko betrieben werden. Im von den Bundesländern bestellten Regionalverkehrszügen gibt es abweichende Angebote. Wie sich das Angebot bei den ausländischen Zugbetreibern entwickelt, mag nicht zuletzt von der neuen EU-Entsenderichtlinie beeinflusst werden, welche die Personalkosten auf das deutsche Niveau anheben dürfte.