Geringere Ernten wegen außergewöhnlicher Dürre

Symbolbild (aufgenommen 2018 in Silvolde, Niederlande): Ziko/CC BY-SA 4.0

In einigen Regionen wird es immer schwieriger, hohe Erträge zu erwirtschaften. Unterdessen werden in Thüringen alte DDR-Bewässerungstechniken wiederbelebt.

Agrarexperten rechnen damit, dass die Ernte hierzulande in diesem Jahr um ein Viertel geringer ausfällt. Für das Getreide insgesamt wird eine Ernte von 41 Millionen Tonnen vorausgesagt, etwa drei Prozent weniger als im Vorjahr und fast sieben Prozent weniger als im Schnitt der letzten sechs Jahre.

Wintergerste

Bei der Ernte der Wintergerste rechnet der Deutsche Bauernverband (DBV) durchschnittlich mit 69 Dezitonnen pro Hektar, rund vier Prozent weniger Flächenertrag als im Vorjahr. Wegen der geringeren Anbaufläche dürfte die Ernte allerdings noch geringer ausfallen. Die Wintergerste etwa bekam im Juni zu wenig Wasser und zu viel Hitze ab. Die Getreidekörner waren nicht ausgereift. Die vergilbten Halme zerbröselten in den Händen.

Normalerweise beginnt die Getreideernte Anfang bis Mitte Juli. In besonders trockenen Regionen wie in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Thüringen und Sachsen war die Gerste bereits Ende Juni notreif und wurde frühzeitig vom Acker geholt. Zu früh geerntetes Getreide könne zur Not gehäckselt und an Biogasanlagenbetreiber verkauft werden, raten die Experten. Der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern schätzt die Ernteverluste auf zwischen 20 und 40 Prozent.

Winterweizen

Beim Winterweizen erwartet der DBV mit 70 Dezitonnen pro Hektar deutschlandweit etwa fünf Prozent weniger als im Vorjahr. Entsprechende Simulationen sagen für Winterweizen sogar 7,5 Prozent voraus. Bei Winterraps wird mit ähnlich hohen Verlusten gerechnet. In Mitteldeutschland mit leichteren Böden und höheren Temperaturen für Winterweizen sollen die Erträge sogar um ein Viertel geringer ausfallen.

Was Grünland, Mais, Kartoffeln und Rüben angeht, so hilft nur noch ausreichend Regen, um das Ertragspotenzial vollständig auszuschöpfen.

Sollte die Dürre noch weiter andauern, bestehe die Gefahr, dass in einigen Regionen beim Winterweizen Ertrags- und Qualitätsverluste auftreten, hieß es aus dem sächsischen Landwirtschaftsministerium. Auch das Gemüse und Obst im Freiland ist auf Regen angewiesen. So bleiben bei den Kartoffeln die Knollen klein, wenn sie nicht ausreichend bewässert werden.

Bei Freilandkulturen wie Salat, Kohlrabi oder Möhren laufen viele Bewässerungsanlagen auf Hochtouren. Dasselbe gilt für Apfelbäume: Regnet es im Juli und August nicht, bleiben die Früchte klein.

Stillgelegte Bewässerungssysteme erfolgreich eingesetzt

Seit einigen Jahren greifen Landwirte in Thüringen auf altbewährte Techniken für eine Beregnungsanlage aus DDR-Zeiten zurück. Fast neun Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche wurde damals beregnet. Im Sommer arbeiteten so genannte Beregnungsbrigaden in zwei Schichten. Die LPG Frohndorf/Orlishausen etwa beschäftigte allein 25 Personen. Um das Wasser für die angrenzenden Felder bereitzustellen, wurden mehr als 600 kleine Stauseen gebaut.

Und das ging so: Die LPGs ermittelten die Werte der natürlichen Niederschläge. Mit Hilfe einer computergestützten Beregnungsberatung wurden anschließend die benötigte Wassermengen für die einzelnen Kulturen berechnet. 75 Prozent aller beregneten Flächen waren an dieses System angeschlossen. Das Wasser für die Beregnung kam aus mehr als 600 Brauchwassertalsperren, die bis in die 1980-er Jahre hinein extra für die Landwirtschaft installiert wurden.

Nach der Wiedervereinigung blieb das System lange Zeit ungenutzt. Das lag unter anderem an den ungeklärten Eigentumsverhältnissen - sowohl bei den Talsperren selbst, als auch bei den unter den Feldern verlegten Wasserleitungen.

Heute stehen rund 90 Brauchwassertalsperren der Feldbewässerung zur Verfügung. So nutzt die Agra GmbH in Frohndorf das Wasser aus der nahegelegenen Talsperre Frohndorf. Zu bestimmten Zeiten und nach vorheriger Bestellung wird die benötigte Wassemenge in den Fluss Scherkonde abgelassen. Vor hier aus wird das Wasser auf die Felder gepumpt. Dafür wurde eine fast 14 Kilometer Leitung gebaut und zehn moderne Kreisberegner angeschafft.

Die Agrargenossenschaft melkt rund 800 Milchkühe. Auf insgesamt 1.200 Hektar wachsen Futterpflanzen wie Luzerne, Feldgras und vor allem Mais. 2019 fuhr der Betrieb die schlechteste Ernte seit 14 Jahren ein. Der Grund war die extreme Trockenheit bis in die tieferen lehmigen Bodenschichten hinein. Auf Getreide könnten die Kühe notfalls verzichten, erklärt Sylvio Kay. Ohne Mais aber müssten sie hungern. Der Geschäftsführer der Agra Ginvestierte bereits 2016 in eine moderne Beregnungsanlage. Die zahlt sich heute aus.

Die Niederschläge im Sommer werden zunehmend unregelmäßiger, weiß Markus Möller, Leiter des Projekts Brauchwassertalsperre. Er sucht noch Betriebe, die das Wasser einer Brauchwassertalsperre nutzen wollen.

Zwar müssen die 40 Jahre alten Talsperren teilweise wieder instand gesetzt werden. Angesichts des fortschreitenden Klimawandels könnte sich diese Investition jedoch für viele Bauern lohnen. Denn anders als zu DDR-Zeiten lassen sich die modernen Beregnungsanlagen inzwischen von einer einzigen Person bedienen.

Dürremonitor zeigt in vielen Regionen "rot"

Dürre - das ist ein Mix aus Hitze und monatelangem Ausbleiben von Regen. Bereits im Juni zogen mehrere Hitzewellen über Deutschland hinweg, mit Rekordtemperaturen von bis zu 40 Grad. Laut Deutschem Wetterdienst (DWD) war der diesjährige Juni mit 18,4 Grad Durchschnittstemperatur der sechstwärmste seit Messbeginn.

Mit rund 60 Litern pro Quadratmeter fiel knapp ein Drittel weniger Regen als im Referenzzeitraum zwischen 1961 bis 1990. Der wärmste Juni im Jahr 2019 brachte es immerhin auf 19,8 Grad. Für den weiteren Verlauf des Sommers werden Hitzewellen mit Rekordtemperaturen von bis zu 40° Celsius vorausgesagt.

Dem Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) zufolge hat sich die Wassermenge des Oberbodens in den vergangenen Monaten zwar regional leicht erholt. Doch Ende Juni waren die Bodenvorräte in den obersten 25 Zentimetern in weiten Teilen Sachsens, Sachsen-Anhalts und Baden-Württembergs leer.

Außer im äußersten Südosten und im Nordwesten Deutschlands ist das pflanzenverfügbare Wasser bundesweit ausgeschöpft. Bereits zu Jahresbeginn waren die Wasservorräte im Oberboden (bis 25 Zentimeter) in Hessen, in Teilen von Nordrhein-Westfalen (NRW) und Baden-Württemberg ungewöhnlich niedrig.

"Der Wasservorrat, der sich seit dem Frühjahr letzten Jahres gebildet hatte, war da schon wieder aufgebraucht", sagte Roland Funke, Leiter des Fachbereichs Hydrologie beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) NRW. Das lag vor allem am vergleichsweise trockenen Herbst: Zwischen August und November wurden in NRW 2141 Niederschlag pro Quadratmeter gemessen - ein Viertel weniger Regen als im langjährigen Mittel.

Von den lokalen Starkregenereignisse und dem Hochwasser im vergangenen Jahr in Nordrhein-Westfalens und von Rheinland-Pfalz profitierten die Böden kaum. Zu starker Regen versickert nicht, sondern fließt in die Gewässer ab, erklärt ein Bodenexperte aus NRW. Das funktioniert wie bei einem Schwamm: Ist der Strahl zu kräftig, dringt das Wasser nicht ein. Nur ein weniger starker Wasserstrahl wird aufgesogen.

Die unteren Bodenschichten, die sich nur träge verändern, dienen vor allem als langfristiger Wasserspeicher. In der andauernden Trockenheit werden sie sich kaum füllen, ebenso wenig wie in den Wintermonaten der letzten Jahre. Der Regen füllt kurzfristig nur den Oberboden auf und versorgt gerade mal die Pflanzen in der Vegetationsphase mit Wasser.

So zeigt der Gesamtboden in weiten Teilen Ostdeutschlands, Niedersachsens, in NRW und in Baden-Württemberg in einer Tiefe von bis zu 1,80 Metern eine außergewöhnliche Dürre. Sinkende Grundwasserstände bereiten auch den Förstern und Waldbauern Sorgen, da die Bäume nach mehreren Dürrejahren genug Wasser in den tiefen Schichten benötigen.