German Naivität 2

Wilmersdorfer Ahmadiyya-Moschee von oben. Foto: Thomas Scherer / CC BY-SA 3.0 D

Über den nachlässigen Umgang mit dem fundamentalistischen Islam. Hintergründe zu einem Kommentar

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Der Kommentar German Naivität von Birgit Gärtner hat große Aufmerksamkeit gefunden. Im folgenden Text werden die Einschätzungen und ihre Hintergründe genauer dargelegt und begründet

Am 26.11.2017 strahlte der Sender KinderKanal (KiKa) den Beitrag "Schau in meine Welt - Malvina, Diaa und die Liebe" aus. Darin reden die deutsche Schülerin und ihr syrischer Freund offen über ihre Liebe und auch über die Schwierigkeiten einer solchen bi-nationalen Beziehung.

Viele Äußerungen des Syrers in dem Beitrag lassen auf ein fundamentales Islamverständnis schließen, wenngleich es auch Momente gibt, die dem widersprechen. Der Beitrag gibt einen offenen, dennoch sehr kleinen Einblick in die Beziehung der beiden. Demnach funktioniert diese, weil sie sich mehr oder weniger seinen durch tiefe Religiosität geprägten Ansprüchen fügt. Auch wenn sie klare Grenzen aufzeigt, z. B. wenn es um die Frage "Kopftuch" geht.

Ob sie diese Grenzen wirklich wahren kann, oder ob entweder sie sich letztlich fügt, oder die Beziehung endet an dem Punkt, wo er seine Forderungen nachdrücklicher stellt, wird die Zukunft entscheiden. Allerdings steht nach dem Schock des Mordes, begangen an der 15jährigen Mia in Kandel die Frage im Raum, wie eine solche Trennung unter Umständen für das Mädchen ausgehen könnte.

Der Beitrag war vom Hessischen Rundfunk (HR) für KiKa, ein Gemeinschaftsprojekt von ARD und ZDF, produziert worden. Der HR hatte sich aufgrund der heftigen öffentlichen Debatte entschieden, den Film im eigenen Programm begleitet von einer Diskussion am vergangenen Samstag noch einmal auszustrahlen. Diese Debatte wurde offenbar als ungehörig empfunden.

Probleme werden in Abrede gestellt

"Was ist los in unserer Gesellschaft, dass der Film für so viel Aufregung sorgt?", war auf dessen Webseite zu lesen. Darin spiegelt sich der gewohnte Umgang mit Fragen nach Problemen im Zusammenleben mit tief gläubigen Muslimen wider: Diese werden bestenfalls verharmlost und beschönigt, meistens aber in Abrede gestellt.

Dass auch der HR auf heile Multi-Kulti-Welt macht, wundert nicht angesichts der Tatsache, dass das Land Hessen Kooperationen mit fragwürdigen muslimischen Organisationen einging und ein fundamentaler Muslim als Vertreter des der türkischen Religionsbehörde Diyanet unterstellten Ditib-Landesverbandes Hessen einen Sitz im Rundfunkrat hat.

Unabhängig von der konkreten Liebesgeschichte, die nun von allen Medien in die Öffentlichkeit gezerrt wird, lässt sich an diesem Beispiel aufzeigen, welches fragwürdige Frauenbild in den Medien, einem Sender, dessen primäre Zielgruppe 10- bis12-Jährige sind zumal, transportiert wird, nämlich das der anpassungsfähigen sanften Gespielin, welche zwar Ansprüche stellen, nicht aber auf deren Realisierung beharren darf.

Zudem ist problematisch, welche Vorstellung von Musliminnen und Muslimen in den Kinderköpfen verankert werden, nämlich der streng religiösen, stetig betenden, männlich dominierten Gesellschaft, Mädchen und Frauen mit dem scheinbar unvermeidbaren Kopftuch.

Islamophob? "Nur noch Rechte trauen sich in die Bütt"

Und wie selbstverständlich die Akzeptanz dieses religiösen Fundamentalismus der restlichen Gesellschaft abverlangt wird und wie nachlässig und leichtfertig über die Gefahren, die dieser religiöse Fundamentalismus und dessen Protagonisten für unsere Gesellschaft bedeuten, oder zumindest bedeuten können, hinweggesehen wird.

Sowie mit welcher Einigkeit und Entschlossenheit die vielerorts aufgebotenen Expertinnen und Experten Kritik daran als unbotmäßig betrachten und die Kritikerinnen und Kritiker als "rechts", "rassistisch" oder - das ist das neudeutsche Lieblingswort - "islamophob" geißeln. So dass sich schlussendlich, und auch das zeigt dieses Beispiel - tatsächlich nur noch Rechte in die Bütt trauen.

Was es dann der Anti-AfD-Koalition von der CSU bis zur autonomen Antifa um so leichter macht, den Kritikerinnen und Kritikern aus den eigenen Reihen oder gar muslimisch geprägten Mahnenden, AfD-Nähe zu unterstellen. Insofern ist der Beitrag tatsächlich "pädagogisch wertvoll", wenngleich anders als die vom HR ins Studio gerufenen Expertinnen und Experten uns glauben machen wollen und ganz sicher nicht für ein 3 bis 13-Jähriges Publikum, an das sich KiKa üblicherweise wendet.

Wie aus "religiösen Extremisten" "rechte Hetzer" werden

Vermutlich war der Schock über den Mord an Mia der Grund, weshalb der Film ca. 6 Wochen nach der Erstausstrahlung eine heftige öffentliche Debatte auslöste. Diese nahm dermaßen Fahrt an, dass der HR von einem "Shitstorm" sprach. Der Sender sah sich deshalb gezwungen, den Film noch einmal im eigenen Programm auszustrahlen, begleitet von einer Diskussion mit verschiedenen Expertinnen und Experten und dem bis dato unbekannten AfD-Bundestagsabgeordneten Dirk Spaniel, der sozusagen für den "Shitstorm" verantwortlich gemacht wurde.

Im Vorfeld dieser Sendung war der Film 100 Kindern zwischen 8 und 13 Jahren vorgeführt und deren Meinung dazu abgefragt worden. Die Medienwissenschaftlerin Maya Götz hatte dieses Projekt begleitet.

Ein für die Sendung angekündigtes Interview mit dem männlichen Protagonisten des Films wurde nicht ausgestrahlt, mit der Begründung, dass dieser Morddrohungen von religiösen Extremisten erhalten habe, weil ihnen der junge Syrer viel zu modern erschienen sei und seiner Freundin viel zu viel erlauben würde. Das Paar steht deshalb unter Polizeischutz.

Tenor der Sendung im HR "Engel fragt - Spezial: Malvina, Diaa und die große Aufregung über einen KiKA-Film" war: Die Debatte, insbesondere in den sozialen Netzwerken, über den Film habe das Paar in Gefahr gebracht.

Moderator Philipp Engel machte aus den von HR-Programmdirektorin Gabriele Holzner erwähnten Morddrohungen seitens religiöser Extremisten "Morddrohungen von rechter Seite" und fügte schnell noch "und von anderen Seiten" hinzu. In der Huffington Post sind mittlerweile nur noch die "rechten Hetzer" übrig geblieben.

Um eins unmissverständlich klarzustellen: Auch wenn die in dem Film gezeigte Beziehung des ungleichen Paares viele Fragen aufwirft, und die Sorge, wie diese für das Mädchen wohl ausgehen mag, durchaus berechtigt ist: Niemand, nicht Rechte, nicht religiöse Fanatiker und auch nicht der aufgebrachte Mob in den sozialen Medien, hat das Recht, ihn oder sie zu beschimpfen, beleidigen, bepöbeln, ihnen mit Gewalt oder gar mit dem Tode zu drohen.

Die hessischen Justizbehörden sollten vorhandene Erkenntnisse über die rechte und auch die salafistische Szene nutzen, um dem Einhalt zu gebieten. Trotzdem müssen wir über diesen Beitrag reden.

Die HR-Runde, bestehend neben Spaniel, Götz und Holzner aus der Religionslehrerin Lamya Kaddor sowie dem Extremismus-Experten Thomas Mücke, machte in dem AfDler Spaniel den Buhmann schnell aus. Der Shitstorm ist das Problem, mit dem Film ist alles in bester Ordnung.

Über diesen waren sie sogar voll des Lobes, ein pädagogisches Musterbeispiel gelebter Selbstbestimmung und Kompromissbereitschaft. Der Film zeige, "egal was ist, ich bleibe bei mir", fasste Sozialpädagoge und Extremismus-Experte Mücke seinen Eindruck zusammen. Eine gewagte These angesichts Aussage der Protagonistin des Films wie: "Einer gibt nach und das bin meistens ich." Oder: "Ich habe das Gefühl, dass ich in eine Richtung gelenkt werde, in die ich nicht will."

Welche Selbstbestimmung?

Der Film sei einer von etwa 12 Beiträgen, die der HR jährlich für die Reihe "Schau in meine Welt" des KiKa produziere, erläuterte Programmdirektorin Holzner. Er sei eingebettet gewesen in die Themenreihe "Gemeinsam leben", die sich mit dem gesellschaftlichen Miteinander, "rund um das Thema 'Vielfalt' und wie kriegt man das zusammen" beschäftigt habe.

Der HR habe sich dem Thema bi-nationale Beziehung widmen wollen. Dabei sei es nicht unbedingt wichtig gewesen, dass ein Geflüchteter beteiligt sei, sondern das habe sich so ergeben, weil die zuständige Redaktion schlicht kein anderes Paar gefunden hätte, das für diesen speziellen Beitrag geeignet schien. Die beiden seien sehr reflektiert und bereit gewesen, auch offen über die Probleme, die eine solche Verbindung mit sich bringt, zu reden.

In der Ankündigung des Films hieß es, der männliche Protagonist sei 17 Jahre alt. Nicht nur seine äußere Erscheinung ließen Zweifel daran aufkommen und wie sich rausstellte, war er zum Zeitpunkt des Drehs nicht 17, sondern 19 Jahre, inzwischen soll er 20 sein.

Die Vermutung, dass er den 1.1. als Geburtstag angegeben hat, wurde als "rassistisch" gebrandmarkt. Darüber ließe sich jetzt streiten. Tatsächlich steht in vielen Pässen in der Region, aus der der junge Mann ursprünglich stammt, der 1.1. als Geburtsdatum. Wer z. B. viele kurdische Facebook-"Freunde" hat, wird sich vielleicht wundern, warum so viele von denen am selben Tag Geburtstag haben.

Das hängt schlicht damit zusammen, dass vor allem in früheren Jahrzehnten die Bürokratie noch nicht so ausgereift war, der Geburtstag in der dortigen Kultur nicht den Stellenwert hat wie bei uns und später dann der Einfachheit halber der 1.1. eingetragen wurde, weil sich oftmals der genaue Tag der Geburt nicht mehr ermitteln ließ. So dass das Geburtsjahr zum entscheidenden Faktor wurde.

Tatsache ist aber auch, dass dieser Umstand von jungen Geflüchteten genutzt wird, um das wahre Alter zu verschleiern. Zu welcher Kategorie der männliche Protagonist des Films gehört, werden wir wohl nie erfahren.

Im Grunde ist das auch völlig unerheblich, aber im Zuge der aufgeregten öffentlichen Debatte über die Altersfeststellung bei jugendlichen Geflüchteten nach dem Mord an der 15jährigen Mia in Kandel entzündete sich die Diskussion über den KiKa-Beitrag an dem Punkt.

Allerdings sollte das nicht die einzige Ungereimtheit bleiben. So stellt sich heraus, dass Diaa gar nicht Diaa, sondern Mohammed heißt. Mohammed Diayadi, wie Programmdirektorin Holzner sagte, Diaa sei sein Spitzname. Justamente an dem Tag, wo der HR den Beitrag ausstrahlte, enthüllte Bild, der Syrer habe die Facebookseite des berühmt-berüchtigten Salafisten Pierre Vogel geliked.

Das sei wegen eines Gewinnspiels, eine Pilgerreise nach Mekka, gewesen, beschwichtigte Holzner. Allerdings sei es fatal, dass dem Sender dies nicht vor der Ausstrahlung des Beitrags im KiKa bekannt gewesen sei.

Doch damit nicht genug: Im Internet kursieren Screenshots von dem mittlerweile gelöschten Facebook-Profil des männlichen Protagonisten, die zum einen die Zweifel an seinem Alter untermauern, aber auch Rückschlüsse auf eine fundamentale Auslegung des Islams ziehen lassen.

So sind nur Fotos von Männern zu sehen, keines von seiner Mutter, keines von seiner Schwester und auch keines von seiner Freundin. Außerdem findet sich ein Kommentar, der von dem Journalisten Imad Karim mit "Bei Allah, ich werde es so bewerkstelligen, dass die Deutschen konvertieren" übersetzt wurde. Bevor Sprachkundige sich näher mit diesem Facebook-Profil befassen konnten, war es gelöscht.

"Ohne die Religion hast du keine Regeln, hast du kein Leben"

Auch in dem Film lässt der Protagonist Äußerungen fallen, die auf ein solch fundamentales Weltbild schließen lassen: "Die Religion gibt dir Regeln. Ohne die Religion hast du keine Regeln, hast du kein Leben." Das ist die Kurzfassung des Scharia-Islams, der vollständigen Unterwerfung des (gesellschaftlichen) Lebens unter die Regeln der Scharia, den Geboten Gottes, die in islamischen Staaten das Recht, insbesondere das Familienrecht bestimmen.

Mit diesem gottgegebenen Familienrecht wird das gesellschaftliche Zusammenleben geregelt, insbesondere die Vormachtstellung des Mannes und die Rechtlosigkeit der Frau sowie die Benimm-Regeln, z. B. die Verschleierung. Diese Lehre ist Grundlage auch von gewaltbereiten Gruppen wie die sogenannten Salafisten um Pierre Vogel und auch des IS.

Das ist das, was im Westen nicht begriffen wird: Nicht ein "Like" bei Pierre Vogel macht jemanden gefährlich, sondern die dahinterstehende Ideologie, die er vielleicht mit Pierre Vogel teilt. Die Frage ist, inwieweit die jeweilige Person bereit ist, für die eigenen Ziele Gewalt anzuwenden.

Und diese Ziele müssen nicht politischer Natur, z. B. die von der Muslimbruderschaft propagierte Weltherrschaft sein, sondern es kann durchaus auch das private Umfeld betreffen. Da es dort primär Frauen und Mädchen betrifft, wird diese potentielle und tatsächliche Gewalt nicht zur Kenntnis genommen. Und genau das muss sich ändern.

Allerdings - und das widerspricht dem Bild des religiösen Fundamentalisten elementar - umarmt er die Mutter seiner Freundin zur Begrüßung. Ein absolutes No-Go für orthodoxe Muslime.

Doch auch seine Familie spiegelt das Bild der Fundamental-Moslems wider: Der Vater, der die Beziehung des Sohnes mit der jungen Deutschen ablehnt, zwei verschleierte Schwestern und die verschleierte Mutter nebst zwei kleineren Brüdern.

Der Protagonist des Films kam zunächst allein aus Syrien, dann folgte der Vater, dann eine Schwester und schließlich während der Dreharbeiten der Rest der Familie. Als die Familie am Flughafen ankommt, darf der HR dabei sein, die Freundin nicht. Das lässt tief blicken, auch wenn die Flughafen-Szene vermutlich gestellt ist.

Die Ablehnung seiner Freundin durch den Vater kommentiert er, in seiner Kultur müsse der Sohn dem Vater zuhören, aber er müsse nicht tun, was dieser sagt. Ein Zeichen seiner Kompromissbereitschaft, wird Lamya Kaddor später in der dem Film folgenden Diskussionsrunde loben.

PS: Ich liebe Dich

Dieser offenbar streng gläubige Muslim lernt eine junge Deutsche kennen. Sie kann seinem Charme nicht widerstehen und lässt sich auf eine Liebesbeziehung mit ihm ein. Einen Tag, "nachdem wir zusammengekommen sind", schickt er ihr einen herzzerreißenden Liebesbrief, in dem er von ihren schönen Augen schwärmt, schwört, dass er keinen Tag mehr ohne sie leben will, "ohne Dich ich bin tot", und den er mit "ich liebe Dich" unterschreibt.

Was sie vermutlich nicht weiß, und was ihr zu sagen, Aufgabe eines solchen Themenblocks in öffentlich-rechtlichen Medien wäre, ist: Solche Briefchen kursieren unter jungen Geflüchteten. Ebenso wie Zettel mit den gängigen Vokabeln, um ein junges Mädchen wie sie zu umgarnen.

Sie verschweigt die Probleme nicht: Er kann nicht akzeptieren, dass sie einen anderen Mann, ihren langjährigen besten Freund, umarmt, er mag ihre Art sich zu kleiden nicht, Hot Pants und Miniröcke seien nicht akzeptabel für "meine Frau", sagt er. Schweinefleisch ist auch "nicht so gut". Also achtete sie darauf, dass ihre Röcke ihre Knie bedecken, verzichtet auf Schweinefleisch, allerdings nicht auf die Freundschaft zu ihrem Jugendfreund.

Mulmig wird ihr, als er von Kopftuch und Heirat spricht und davon, dass sie Muslima, gar Syrerin werden könne. All das lehnt sie ab.

All diese Themen führen zu Kontroversen in der Beziehung. Bis jetzt hat es sich immer wieder eingerenkt "Einer gibt nach und das bin meistens ich."

Er beantwortet ihre SMS nicht, "dann bin ich wütend. Am Ende entschuldigen wir uns und alles ist wieder gut". Sie entschuldigt sich, weil seine Ignoranz sie wütend macht. Na, dann ist ja alles gut.

Sie will Sex, er vorher heiraten. Über Sex zu reden, weigert er sich, somit ist das Thema erledigt. Dafür spricht er gern und viel von Heirat, weil ihre sexuellen Wünsche ihn "nerven", sie bespricht das Thema "Heirat" mit ihrer Mutter. Als die Mutter Sorge äußert, dass ihre Tochter womöglich bald ein Kopftuch trägt, antwortet sie: "Wenn wäre es ja wohl meine Entscheidung." Fügt aber hinzu. "Daran habe ich kein Interesse, wenn ich ehrlich bin."

Filmszene: Die beiden stehen im Eingang des Hauses, in dem er wohnt. Sie möchte offensichtlich gern bei ihm übernachten. "Du musst jetzt gehen", sagt er. "Ich möchte aber, … ", sagt sie. "Du musst", sagt er und schiebt sie sanft zur Tür hinaus. Zum Abschied ein Küsschen auf den Mund - und sie spaziert in die dunkle Nacht hinein. Ganz selbstbestimmt. Und allein.

Die Reaktionen auf den Film

Der Film sei im Auftrag des HR 100 Kindern im Alter von 8 - 13 Jahren vorgeführt worden, erläuterte Medienwissenschaftlerin Götz. Die Hauptzielgruppe seien Mädchen zwischen 12 und 13 gewesen.

74 Prozent der jungen Zuschauerinnen und Zuschauer seien zu dem Ergebnis gekommen, sie ordne sich ihm unter. 80% fanden, er wolle ihr seine Kultur aufzwingen. 70% wollten nicht mit ihm befreundet sein.

Das zeige doch, so Götz, dass die Kritik, dieser Beitrag gehöre nicht in einen Kindersender, zumindest nicht unkommentiert. Auch Kinder seien sehr wohl in der Lage, die Probleme zu erkennen und einzuordnen. Als ob der Beitrag gesendet worden wäre, um dieses doch eher vernichtende Urteil zu erzielen. Die Reaktionen des jungen Publikums seien "eher ein bisschen ausländerfeindlich", rückte Götz dieses denn auch zurecht.

Bis auf den AfDler Spaniel, der beharrlich widersprach, war sich die Runde einig, dass es sich um eine rundum gelungene Sache handele. Wenig später äußerte sich Kaddor allerdings auf T-Online, dass es besser gewesen sei, den Film nicht einem so jungen Publikum vorzuführen und ihn einzubetten und einzuordnen. Das Format sei "ungeeignet" gewesen.

Die Zielgruppe

Da hat sie Recht. Das Problem ist nicht der Beitrag an sich, sondern die Zielgruppe und dass er unkommentiert ausgestrahlt wurde. Klug und wünschenswert wäre eine Sendereihe, die sich gezielt an Jugendliche in dem Alter der Protagonistin wendet, zum Thema "Selbstbestimmung", in der dieser Film ein Beitrag von mehreren gewesen wäre. Und zwar als Negativbeispiel für eine Beziehung auf Augenhöhe.

Weitere Filme hätten sich mit Sexproblemen aufgrund Pornokonsums, mit der Loverboy-Masche und Gefahren wie z. B. KO-Tropfen in der Disco beschäftigen können. Nicht nur adressiert an die Mädchen, sondern auch an gleichaltrige Jungen, verknüpft mit der Frage danach, welche Sorte Mann diese einmal werden möchten, was für ein Geliebter, Gefährte. Denn, seien wir mal ganz ehrlich, heterosexuelle Beziehungen sind sozusagen immer bi-nationale Beziehungen und das Übersetzungsprogramm "Frau - Mann" mehr als irritierend.

Und ganz sicher entstehen Probleme in jungen oder alten Beziehungen nicht nur aufgrund unterschiedlicher Kulturen oder religiöser Anschauungen. "Sie gehört mir und ich ihr" ist die Grundlage für viele Beziehungsdramen, die durchaus auch ohne kulturelle Unterschiede tödlich enden können. Aber müssen wir damit 10- bis 12-Jährige behelligen?

Unbedingt aber gehörte in eine solche Themenreihe Aufklärung über das Weltbild, das Frauenbild, das junge Männer, die aus Ländern wie Syrien oder Afghanistan zu uns kommen, aller Wahrscheinlichkeit nach im Gepäck haben.

Die (jungen) Frauen müssen darüber aufgeklärt werden, dass in der aktuellen Polizeistatistik unter dem Stichwort "Partnerschaftsgewalt" syrische Männer als besondere Problemgruppe hervorgehoben werden und dass auf das Konto von Männern ohne deutschen Pass 30% der schweren Delikte dieser Kriminalstatistik gehen.

Darüber sollten auch alle aufgeklärt werden, die über das Thema "Familiennachzug" zu entscheiden haben.

Was wäre, wenn …

Spinnen wir den Faden doch einmal weiter. Die Familie des Mädchens, die sich ihrem Freund gegenüber sehr aufgeschlossen zeigte, trotz aller Sorge um die Tochter, überträgt ihre Gastfreundschaft auch auf dessen Familie und lädt diese dann zum Essen ein. Sofern die Einladung überhaupt angenommen wird, schließlich lehnt der Vater die Verbindung ab, würden dann das Mädchen und seine Mutter penibel genau auf ihre Kleidung achten.

Sie müssten vermutlich akzeptieren, dass der syrische Vater und seine Söhne ihnen nicht die Hand reichen, sie könnten ja unrein sein, im Gegenzug dürfte der Vater des Mädchens die syrische Mutter und deren Töchter nicht mit einem Handschlag begrüßen. In Gegenwart seines Vaters würde der Sohn von der Umarmung seiner zukünftigen Schwiegermutter absehen und das Mädchen müsste auf den Begrüßungskuss ihres Freundes verzichten. Ganz sicher würde kein Schweinefleisch angeboten und nach dem Essen kein Verdauungsschnaps gereicht, sondern schwarzer Tee.

Die in dem KiKa-Beitrag gezeigte syrische Familie ist vermutlich eine typische Familie, wie sie zu Tausenden ins Land käme, wenn der Familiennachzug durchgesetzt würde. Vermutlich ist sie sogar noch ein positives Beispiel, denn immerhin toleriert der Vater die Beziehung seines Sohnes, obwohl er sie ablehnt und eine muslimische Frau für diesen wünscht.

Ehefrau und Töchter sind schon aufgrund ihrer Kostümierung vom Rest der Gesellschaft separiert - und zwar ganz bewusst. Die jüngeren Söhne werden womöglich einen Kulturschock erleiden, sobald sie eine öffentliche Schule besuchen müssen und z.B. mit einer Klassenlehrerin konfrontiert werden.

Die Integration streng gläubiger Muslime und die Selbstbestimmung

Die Familie der Freundin ihres Sohnes könnte für sie die Eintrittskarte in unsere Gesellschaft sein. Das würde aber voraussetzen, dass sie auch in dieser Gesellschaft ankommen wollen. "Die Religion gibt dir die Regeln. Ohne die Religion hast du keine Regeln, hast du kein Leben", sagte der junge Mann in dem Film. In unserer Gesellschaft macht aber nicht Gott die Regeln, sondern wir Menschen. Die haben nicht die Engel dem Propheten erzählt und sie sind nicht im Koran festgelegt, sondern im Grundgesetz.

Das zu akzeptieren, ist die Grundvoraussetzung, um hier leben zu können. Wer das nicht akzeptieren will, wird hier nicht leben können. Dafür gibt es keine Integrationshilfe. Da helfen kein Sprachkurs, keine interkulturelle Begegnungsstätte, und auch keine noch so aufgeschlossene und duldsame deutsche Freundin und deren Familie.

Da stellt sich auch die Frage, mit welchem Recht jungen Mädchen die Bürde auferlegt wird, zu leisten, was in den vergangenen 50 Jahren die jeweiligen Bundesregierungen versäumt und damit den Grundstein für das gegenwärtige Problem gelegt haben: die Integration streng gläubiger Muslime.

Diese Aufgabe werden auch die Frauen nicht meistern, die im Zuge der Familienzusammenführung hierher kämen. Denn in den streng religiösen Milieus wirken nicht die Frauen mäßigend auf die Männer ein, sondern die Männer bestimmen, wie die Frauen zu leben haben. Aber auch afghanische, iranische, irakische, syrische, … Frauen haben ein Recht auf ein selbstbestimmtes Leben.

U.a. die Organisation Terre des Femmes fordert seit langem ein eigenständiges Asylrecht für Frauen und eine gezielte Unterstützung für Frauen und deren Kinder, um diese nicht den Strapazen auf den Fluchtrouten auszusetzen.

Fragen wir also die Frauen, was sie wollen, holen sie entweder her und helfen ihnen, sich hier anzusiedeln, ohne ihnen Illusionen über das Leben hier zu machen, oder helfen wir ihnen, in einem der mehr als 50 islamischen Länder sicher leben zu können.

Erfahrungsgemäß kommen alleinstehende Frauen aus muslimischen Kulturen, auch mit Kindern, in Europa relativ gut klar. Durchaus auch Gläubige.

DIE Muslime gibt es nicht

Neben dem in dem Beitrag vermittelten Frauenbild ist auch die Darstellung des Muslims höchst fragwürdig: Extrem fromme, stetig betende, männerdominierte Familien, in denen Frauen sich züchtig zu verschleiern und zu unterwerfen haben. So sind sie halt, die Moslems. Nein, sie sind nicht SO! Größtenteils jedenfalls nicht.

In Deutschland gilt als "muslimisch", wer aus einem muslimisch-geprägten Land stammt. Die Folge davon ist, dass es keine genauen Zahlen gibt. Denn diese Praxis bedeutet, dass jede Person, die z. B. aus Afghanistan, dem Iran oder der Türkei nach Deutschland geflüchtet oder eingewandert ist, als "muslimisch" registriert wird. Insofern werden von unterschiedlichen Stellen sehr unterschiedliche Zahlen genannt.

Laut einer Studie des Forschungszentrums des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAFL), die im Auftrag der Deutschen Islam Konferenz (DIK) im Jahr 2016 erstellt wurde, lebten am 31.12.2015 in Deutschland zwischen 4,4 und 4,7 Millionen Musliminnen und Muslime. Das entspricht einem Anteil von 5,4 bis 5,7% an der Gesamtbevölkerung. Aktuellere offizielle Zahlen gibt es nicht.

Die "Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland" der Giordano-Bruno-Stiftung geht indes davon aus, dass in Deutschland etwa 3,6 Mio. bekennende Musliminnen und Muslime leben.

"Die religionskritische Forschungsgruppe erklärt das damit, 'dass viele Menschen, die sich als Muslime bezeichnen, damit nur die Zugehörigkeit zum muslimischen Kulturkreis ausdrücken, nicht jedoch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten muslimischen Konfession. Ähnliches ist von säkularen Juden bekannt, die sich, obwohl sie mit dem religiösen Judentum nichts zu tun haben, weiterhin als 'Juden' verstehen. In den gängigen Religionsstatistiken werden diese säkularen Juden nicht dem religiösen Judentum zugerechnet. Entsprechend sollten auch die reinen 'Kulturmuslime' nicht zur Gruppe der konfessionsgebundenen Muslime gezählt werden'", erläutert der Deutschlandfunk (DLF).

Die Forschungsgruppe geht davon aus, dass 20 Prozent der Muslime in Deutschland 'Kulturmuslime' sind.

Deutschlandfunk

Auch Susanne Schröter, Direktorin des Forschungszentrums "Globaler Islam" an der Uni Frankfurt am Main, geht davon aus, dass die Mehrheit der in Deutschland lebende Musliminnen und Muslime "… sich zu ihrer Religion nicht anders verhalten als viele Christen, die nur Weihnachten einmal in die Kirche gehen und sich ansonsten in ihrem Leben mit ganz anderen Dingen beschäftigen".

Mit anderen Worten: DIE Muslime gibt es nicht. Der überwiegende Teil der hier lebenden, selbst gläubige Musliminnen und Muslime pflegt einen ähnlichen Umgang mit Religion wie auch die Mehrheit der autochthonen Gesellschaft: Sie gehen gar nicht oder gelegentlich in die Moschee, beten, wann es passt, fasten nicht unbedingt und feiern vielleicht sogar Weihnachten mit ihren Kindern, um diese eben nicht von der Mehrheitsgesellschaft zu separieren. Sie sind also nicht alle SO.

Aber die, die SO sind, können gefährlich werden. Das hat nicht zuletzt der Mord an der 15jährigen Mia aus Kandel gezeigt. Und das muss endlich zur Kenntnis genommen werden. Im Interesse der gesamten Gesellschaft, auch der säkularen Musliminnen und Muslime, denen die Fundamentalisten ein streng religiöses Korsett aufzuzwingen versuchen.

Diese schlagen häufig die Hände über dem Kopf zusammen angesichts der grenzenlosen Naivität, mit der die Deutschen auf das Problem reagieren. Denn da hilft es nicht, als Gegenmittel Schirme in Regenbogenfarben aufzuspannen oder "bunte" Karnevalsfeiern zu veranstalten. Der fundamentale Islam ist eines der zentralen Probleme. Nicht nur dieser Gesellschaft, sondern der ganzen Welt.

Der Freund der Muslimbrüder

Dass solche Beiträge völlig selbstverständlich ausgestrahlt werden, muss nicht verwundern, wenn wir uns den gefährlich naiven Umgang mit den fundamental-islamischen Organisationen und deren Protagonisten ansehen.

Seit Mai 2017 sitzt mit Selçuk Doğruer ein Vertreter der "Türkisch-islamischen Anstalt für Religion" (Ditib) im hessischen Rundfunkrat. Ein Mann mit einem eigentümlichen Verständnis von Religionsfreiheit, wie wir sehen werden, bei dem durchaus berechtigt wäre zu prüfen, inwiefern es mit der Verfassung, insbesondere dem Grundsatz der Gleichheit von Frau und Mann vereinbar ist. Geschlechtertrennung ist nicht mit unserem Grundgesetz vereinbar und somit verfassungsfeindlich.

Ditib wird vom staatlichen "Präsidium für religiöse Angelegenheiten der Türkei" (Diyanet) kontrolliert, das wiederum direkt der türkischen Regierung untersteht. Diyanet bereitet die Materialien für den Koran-Unterricht und die Freitagspredigten vor, die auch an die Imame im Ausland ausgegeben werden - so auch an die Ditib-Gemeinden in Deutschland. Immer mehr werden diese beeinflusst von der Ideenwelt des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan.

Doğruer bekleidet beim hessischen Ditib-Landesverband das Amt des Dialogbeauftragten, er ist also sozusagen deren Außenminister. Als solcher musste er im Dezember 2015 tätig werden, nachdem auf der Internetseite der muslimischen Gemeinde Melsungen ein antisemitischer Text erschienen war, dessen Inhalt ich an dieser Stelle nicht wiedergeben möchte.

Die Gemeinde ist Mitglied im Ditib-Landesverband Hessen, weshalb sich Doğruer aufgrund einer Beschwerde der Jüdischen Gemeinde Kassel mit dem Vorfall befassen musste. Angeblich, so ist die Jüdische Allgemeine zu interpretieren, handelte es sich dem Dialogbeauftragten zufolge mehr oder weniger um eine Verkettung unglücklicher Umstände: Die muslimische Gemeinde Melsungen betreibe ihre Webseite in Eigenregie, die Person, die für diesen Eintrag verantwortlich sei, kannte nicht den gesamten Inhalt des Textes und nahm darüber hinaus die Veröffentlichung eigenmächtig vor.

Die Person sei dann von seinem Vorstandsposten zurückgetreten und fungiere auch nicht mehr als Webmaster. Doğruer entschuldigte sich und verabredete mit der Jüdischen Gemeinde gegenseitige Besuche in Moschee und Synagoge. Das Problem, "zu wenig voneinander zu wissen" soll damit aktiv angegangen werden, berichtete die Jüdische Allgemeine.

Eigentümlichkeiten

So weit so gut, wenn da nicht diese weiteren Eigentümlichkeiten wären, die u.a. die islamkritische Bloggerin Sigrid Herrmann-Marschall aufdeckte und auf die ich in einem Beitrag des ZDF Heute Journals vom 13.4.2016 gestoßen bin. In ihrem Blog "Vorwärts und nicht vergessen" schreibt Herrmann-Marschall, dass Doğruer im Dezember 2016 "freundliche Grußworte" beim "Rat der Imame und Gelehrten" (RIG) hielt.

Eigenen Angaben zufolge ist der RIG assoziiertes Mitglied im Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD). Auch in einer Dokumentation des Deutschen Bundestags wird die RIG als assoziiertes Mitglied des ZMD aufgeführt (Stand 2013).

Der ZMD stellt dies allerdings in einer Mail vom 21.01.2018 an die Telepolis-Redaktion in Abrede. Dessen Mitglieder-Liste ist auf der Webseite leider nicht einsehbar.

Im März 2013 veranstaltete der RIG laut Angaben des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz eine "wissenschaftliche Konferenz", bei der "die ägyptischen Gelehrten Salah Soltan und Omar Abdelkafy" auftraten.

Soltan hatte sich in der Vergangenheit antisemitisch geäußert und zum Beispiel junge Menschen dazu aufgerufen, Sport zu treiben, um sich auf den Dschihad zur Befreiung der al-Aqsa-Moschee in Jerusalem vorzubereiten. In der Vergangenheit hatte sich Abdelkafy im Rahmen der 25. IGD-Jahreskonferenz (Islamische Gemeinde Deutschlands, Anm. d. Verf.) für die Islamisierung der gesamten Welt ausgesprochen.

Landesamt für Verfassungsschutz, Hessen

Da klingt das dann alles schon nicht mehr nach unglücklichen Umständen, Jedenfalls nicht, was die Verbreitung antisemitischer Inhalte betrifft. Unglücklich war höchstens, dass die Jüdische Gemeinde das öffentlich thematisiert hat. Ob dieser die Verbindungen der Ditib, aber auch namentlich Doğruers, zur Muslimbruderschaft bekannt waren, darf bezweifelt werden.

Ebenso darf bezweifelt werden, dass die Jüdische Gemeinde Kassel Kenntnis darüber hat, dass der Ditib-Dialogbeauftrage die Aufstachelung zum Hass gegen "Ungläubige" mit einem "sehr langen ideengeschichtlichen Erbe" des Islams legitimiert, wie wir noch sehen werden.

Dieser Vorfall ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie fundamental-islamische Organisationen und deren Protagonisten die Arglosigkeit und Gutgläubigkeit der zivilgesellschaftlichen, religiösen und politischen Verbände und Institutionen ausnutzen: Wenn sie es zu bunt treiben, tun sie öffentlich Buße und biedern sich als Best Buddy an.

Nach außen die guten Vorzeigedemokraten, während sie sich hinter den Kulissen vernetzen, um die fundamental-islamischen Kräfte zu bündeln und deren Einfluss zu stärken. Genau das ist die Strategie, die von der Muslimbruderschaft zur Verbreitung des fundamentalen Islams in Europa (und der Welt) propagiert wird.

Das Land Hessen ging eine Kooperation mit dem Ditib-Landesverband und der Ahmadiyya Muslim Jamaat ein und bietet, als erstes Bundesland, seit dem Schuljahr 2013/14 "bekenntnisorientierten islamischen Schulunterricht". Der Frankfurter Neuen Presse (FNP) zufolge "nehmen laut Kultusministerium derzeit 3.000 Kinder in 56 Grundschulen am islamischen Religionsunterricht teil. Im kommenden Jahr (Schuljahr 2016/17, Anm. d. Verf.) werden auch fünfte Klassen hinzukommen".

Forciert wurde das vom ehemaligen Vorsitzenden des DITIB-Landesverbandes, Fuat Kurt. Dieser "war 1978 von der türkischen Schwarzmeerküste nach Deutschland gekommen, wo sein Vater schon als 'Gastarbeiter' lebte. Nach dem Bauingenieur-Studium an der TU Darmstadt gründete er in der Stadt ein Planungsbüro", schreibt das in Darmstadt beheimatete ECHO.de.

"Ich glaube, dass wir eine sehr, sehr gesunde Gesellschaft haben", so Kurt 2010 im Gespräch mit ECHO. Die Integration der türkischen Zuwanderer sei auf einem guten Weg. Er lobte die "Lebenskultur" in Deutschland: "Es ist wirklich schön hier zu leben."

ECHO

Diese positive Einstellung war die Grundlage für Kurts Bemühungen um den schulischen Islam-Unterricht und auch dafür, dass die zuständigen hessischen Behörden sich darauf einließen. Sehr bald nachdem der Islam-Unterricht an den hessischen Schulen startete, begann etwas, das Kurt eine "systematische Diffamierungs- und Desinformationskampagne" nannte.

Die Kampagne

"Mit allen Mitteln wurden meine Person, meine Arbeit und der Landesvorstand beschädigt. Die unerträglichen Verleumdungen gefährdeten meine Privatsphäre und verletzten meine Persönlichkeitsrechte massiv", zitiert ihn ECHO.de.

Namentlich beschuldigte Kurt den hessischen Ditib-Landeskoordinator Selcuk Doğruer sowie den Religionsattaché des türkischen Generalkonsulats in Frankfurt, hinter der Kampagne zu stecken und die wahlberechtigten Ditib-Mitglieder unter Druck zu setzen. Innerhalb der Ditib seien Papiere in Umlauf gebracht worden, die persönliche und politische Anschuldigungen gegen Kurt enthielten, kritisiert auch der SPD-Landtagsabgeordnete Turgut Yüksel. Wegen seiner guten Zusammenarbeit mit der Landespolitik sei der Darmstädter des 'Verrats an islamischen Werten' bezichtigt worden.

ECHO.de

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtete, die Landesregierung beobachte diese Entwicklung "mit Sorge":

Die Skepsis der Landesregierung nährt sich aus Schilderungen der Begleitumstände der Wahl. So soll der im türkischen Generalkonsulat in Frankfurt angesiedelte Religionsattaché eine deutliche Wahlempfehlung gegen Kurt gegeben haben. Axel Wintermeyer, der Chef der Staatskanzlei, und Kultusminister Alexander Lorz (beide CDU) sahen sich dazu veranlasst, mit Generalkonsul Ufuk Ekici Kontakt aufzunehmen, auch mit Blick auf den islamischen Religionsunterricht. Stellung nehmen will der Generalkonsul dazu jedoch nicht. Außerdem ist Kurt vor der Wahl aus den eigenen Reihen massiv beschimpft worden, zum Beispiel als "militanter Linker".

Auch sein Einsatz für den islamischen Religionsunterricht wurde diskreditiert - von Sachkenntnis weitgehend ungetrübt. Schließlich zog Kurt, der wesentlich an der Einführung jenes Schulfachs in Hessen beteiligt war, seine Bewerbung kurz vor der Wahl zurück. "Ich habe keinen Sinn mehr darin gesehen, zu kandidieren". Mehr will er nicht sagen.

Nun macht das Wort vom "Putsch" gegen Kurt die Runde. Der SPD-Landtagsabgeordnete Turgut Yüksel sieht konservativ-orthodoxe, der türkischen AKP nahestehende Kräfte am Werk, die Kurt loswerden wollten.FAZ

Nachdem Kurt auf seine Kandidatur verzichtete, wurde 2015 Salih Özkan zum Vorsitzenden des DITIB-Landesverbandes Hessen gewählt. Dieser hält sich jedoch dezent im Hintergrund und überlässt Doğruer die öffentliche Bühne.

Und hier bestätigt sich, was bei vielen Fällen im Zusammenhang mit der Zusammenarbeit mit den Islam-Verbänden durchscheint: Die Vertreterinnen und Vertreter der Behörden, politischen, religiösen und zivilgesellschaftlichen Institutionen und Organisationen, die mit den Verbänden und deren Protagonisten zu tun haben, wollen offensichtlich nicht hinter deren Kulissen schauen.

Dieses geschickte Taktieren auf der einen und nicht so genau Hinsehen (wollen) auf der anderen Seite ist auch das Problem bei dem hier thematisierten KiKa-Beitrag.

Spitzeln im Auftrag des Reis

Ende 2016 wurde ruchbar, dass DITIB-Imame sich nicht nur geistlichen Beistand leisteten, sondern auch Informationen sammelten, und zwar über politische Gegner des türkischen Präsidenten Erdoğan und diese nach Ankara weiterleiteten. Die taz berichtete:

Die regierungskritische türkische Zeitung Cumhuriyet hatte vor zwei Wochen über eine Anweisung der türkischen Religionsbehörde Diyanet berichtet. Diese hatte im September alle türkischen Auslandsvertretungen dazu aufgefordert, Berichte über Gemeindemitglieder und Menschen abzuliefern, die den Anhängern des Predigers Fethullah Gülen zuzurechnen seien. Die türkische Regierung macht die Bewegung des in den USA lebenden Predigers für den gescheiterten Putschversuch im Juli diesen Jahres verantwortlich und geht rigoros gegen dessen Anhänger vor.

taz

Wie sich später herausstellen sollte, wurden die Imame nicht nur auf die Gülen-Bewegung angesetzt, sondern auch auf Oppositionelle.

Aus NRW, das als zweites Bundesland islamischen Religionsunterricht einführte, ist bekannt, dass auch Religionslehrer bespitzelt wurden. So schreibt die FNP:

Die Vorwürfe wiegen schwer: In Nordrhein-Westfalen sollen fünf Lehrer an allgemeinbildenden Schulen, die auch islamischen Religionsunterricht geben, bespitzelt worden sein. Die Pädagogen sind offenbar von Predigern des Moscheeverbands Türkisch-Islamische Anstalt für Religion (Ditib) als vermeintliche Anhänger der Gülen-Bewegung diffamiert und an die türkische Religionsbehörde Diyanet nach Ankara gemeldet worden … Die Bundesanwaltschaft hat Ermittlungen wegen Spionageaktivitäten bei Ditib, die eng mit der Religionsbehörde Diyanet in der Türkei kooperiert, gegen Unbekannt aufgenommen.

FNP

Allerdings, so die FNP, gab es in Hessen, "wo Ditib ebenso im Beirat zum islamischen Religionsunterricht sitzt, bislang keine Erkenntnisse über mögliche Spionageaktivitäten, vor allem gegen Lehrer an hessischen Schulen. Das versicherte ein Sprecher des Kultusministeriums gestern. Stattdessen betonte man nach wie vor die gute Zusammenarbeit".

Nun, offenbar sind keine Spitzeltätigkeiten des Ditib-Landesverbandes Hessen, bzw. durch dort eingesetzte Ditib-Imame bekannt. Aber, wir erinnern uns: Diyanet bereitet die Materialien für den Koran-Unterricht und die Freitagspredigten vor, die auch an die Imame im Ausland ausgegeben werden - so auch an die Ditib-Gemeinden in Deutschland, auch in Hessen. Immer mehr werden diese beeinflusst von der Ideenwelt des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan.

"Sehr langes ideengeschichtliches Erbe"

In einem Beitrag im Heute-Journal vom 13.4.2016 nahm das ZDF den hessischen Religionsunterricht genauer unter die Lupe. Zu dem Zeitpunkt lief das Projekt seit knapp 3 Jahren in den hessischen Grundschulen und sollte ab Schuljahr 2016/17 auch in den 5. Klassen eingeführt werden. Seit 2015 hatte Fuat Kurt, der sich für die Einführung stark gemacht und die hessischen Behörden durch seine Offenheit überzeugt hatte, nichts mehr damit zu tun.

In dem Beitrag wurde der Freiburger islamische Theologe Abdel Hakim Ourghi um eine Einschätzung gebeten. Der stellte kein gutes Zeugnis aus, der Unterricht sie "viel zu unkritisch", so sein Fazit. Mit Koranversen wie "Die Männer stehen eine Stufe über ihnen (den Frauen, Anm. d. Verf.)" oder "Und tötet sie, wo immer Ihr sie trefft (die 'Ungläubigen', Anm. d. Verf.)" legitimierten "die Islamisten ihre Taten", so Ourhgi. "Und ich glaube, darüber müssen wir auch unsere Schüler und Schülerinnen aufklären. Das ist unsere Aufgabe, wenn wir Interesse an einem aufgeklärten Islam haben."

Dieses Interesse scheint Doruğer, der in dem Beitrag zu seiner Haltung befragt wurde, nicht zu teilen. Im Gegenteil, er bekannte sich zu einer fundamentalen Auslegung des Korans, indem er verklausuliert als "sehr langes ideengeschichtliches Erbe" die in dem Beitrag thematisierte Geschlechterapartheid sowie die Aufstachelung zum Hass gegen die Mehrheitsgesellschaft verteidigte.

In dem ZDF-Beitrag wurde Erdoğan mit folgenden Sätzen zitiert: "Mindestens drei Kinder sollte jede Frau gebären", "Lachen in der Öffentlichkeit gehört sich nicht für Frauen"; und Diyanet wie folgt: "Auch verlobte Paare sollten in der Öffentlichkeit nicht Händchen halten", oder "Ehebruch" sei auch "mit Blicken möglich".

Doğruer wurde befragt, inwieweit sich diese Einstellungen in seinem Ditib-Landesverband widerspiegelten. "Es ist sicherlich ein anderes Familienbild, für das man (der Ditib-Landesverband Hessen, mit dem das Land Hessen eine Kooperation in Sachen Religionsunterricht einging und als dessen Vertreter der Befragte im Rundfunkrat sitzt, Anm. d. Verf.) einsteht. Aber das ist ja legitim. Dafür gibt es ja die Religionsfreiheit. Wir beziehen uns auf einen Islam. Der ein sehr langes ideengeschichtliches Erbe hat, für das auch die Diyanet einsteht".

Das Grundgesetz, das auch in Hessen gilt, garantiert die Gleichheit von Frau und Mann. Die ebenfalls darin garantierte Religionsfreiheit steht nicht über diesem verfassungsrechtlich garantierten Gleichheitsgrundsatz der Geschlechter. Demnach haben sich die Religionen in ihren Lehrmaterialien dem Grundgesetz anzupassen und nicht einem "sehr langen ideengeschichtlichen Erbe" des Islams.

Maßgeblich in diesem Land, auch in Hessen, ist das Grundgesetz und es sind nicht die Direktiven der staatlichen türkischen Religionsbehörde oder des türkischen Präsidenten. Statt also Kooperationen mit erklärten Vertreter dieses "sehr langen ideengeschichtlichen Erbes", sprich bekennenden Anhängern des fundamentalen Islams einzugehen, und diesem einen Platz im Rundfunkrat des Hessischen Rundfunks (HR) einzuräumen, sollten die hessischen Behörden sich veranlasst sehen zu prüfen, inwiefern die Aktivitäten des Ditib-Landesverbands Hessen kompatibel sind mit dem Grundgesetz, oder anders ausgedrückt: Es wäre zu prüfen, ob es sich beim hessischen Ditib-Landesverband um eine verfassungsfeindliche Organisation handelt.

Die Ahmadiyya Muslim Jamaat

Der Sitz im Rundfunkrat des HR wurde ausgelost zwischen Ditib, der Ahmadiyya Muslim Jamaat und der Alevitischen Gemeinde Hessen. Das Los fiel auf Ditib und somit auf Doğruer, aber die Frage nach der Kompatibilität mit der Verfassung stellt sich auch für die zweite Kooperationspartnerin der hessischen Behörden. In den Statuten der Ahmadiyya ist festgelegt:

VIII. Dass er/sie den Glauben, die Hochschätzung des Glaubens und die Sache des Islam für sich kostbarer erachten wird als das eigene Leben, den eigenen Reichtum, das eigene Ansehen, die eigenen Kinder und alle anderen liebenswerten Dinge; ... Zitiert aus "Die 10 Bedingungen des Baiat (Treuegelöbnis)"

Und weil sie das mit dem "die Sache des Islam kostbarer erachten als ... die eigenen Kinder" ernst genommen haben, stand 2015 das Ehepaar Asadullah und Shazia K. vor dem Kadi. Sie wurden beschuldigt, ihre Tochter Lareeb ermordet zu haben - weil diese einen Freund hatte. Und zwar einen etwas älteren Studenten, dessen Eltern ebenfalls in der Gemeinde aktiv waren.

Der Vater bekannte sich des Mordes schuldig. Da alle Indizien dafür sprachen, dass die Eltern den Mord gemeinschaftlich begingen, wurden beide verurteilt. Assadullah K. war in der nationalen Leitung des deutschen Ablegers der Sekte "für die älteren Herren ab 40" verantwortlich. Was immer das heißen mag, auf jeden Fall war er in einer Leitungsfunktion. Shazia K. war Sekretärin der lokalen Ahmadiyya-Gemeinde, zuständig auch für Kinder und Jugend.

"Kinder sind bis sie 18 sind Eigentum der Ahmadiyya-Gemeinde", erklärte der Vorsitzende der Ahmadyya Deutschland, Uwe Abdulla Wagishauser, der als Zeuge befragt wurde, in dem Prozess. Außerdem erläuterte er: "Ob Mädchen und Jungen vorehelichen Geschlechtsverkehr haben oder sich nur treffen, das mache keinen Unterschied, 'das ist im Islam gleich'".

Die Ahmadyya Deutschland scheint primär von Konvertitinnen geprägt zu sein. Der Schriftsteller Paul-Gerhard Hübsch, ein Alt-68er, ist offenbar bei einer Marokko-Reise auf dem Tripp hängen geblieben: Er trat 1969 der Sekte bei und war später Pressesprecher des deutschen Ablegers. Seine Tochter Khola Maryam, Journalistin von Beruf, firmiert als muslimische "Feministin". Über sie schreibt Thomas Baader, Sprecher von "peri - Verein für Menschenrechte und Integration":

Sexismus ist sicherlich ein gemeinmenschliches Problem, aber auch eines, das durch religiöse oder kulturelle Faktoren entweder verstärkt oder abgeschwächt werden kann. Dass der Islam Letzteres vermag, dagegen spricht die Alltagsrealität der islamischen Länder. Vielleicht sollte man in diesem Zusammenhang auf Ausführungen verweisen, die man auf der Website der Ahmadiyya-Gemeinde, der Frau Hübsch angehört, finden kann. Eine davon hört sich so an:

"Eine Muslima, die Kopftuch oder Schleier trägt, wendet sich somit bewusst von allem ab, was ihre spirituelle Entwicklung beeinträchtigen könnte. Sie will erkannt werden als eine Frau, die zu innerem Frieden gelangt, indem sie den Geboten Gottes folgt. Darüber hinaus möchte sie nicht belästigt werden."

Per Definition ist Belästigung etwas, was als schädigend oder beeinträchtigend wahrgenommen wird. Daraus sollte man folgern, dass eigentlich niemand belästigt werden möchte.

Hier aber wird als einer der Gründe des Kopftuchtragens der Wunsch genannt, nicht belästigt zu werden. Was soll man daraus schließen? Dass die Frau, die kein Kopftuch trägt, dann auch kein eindeutiges Zeichen gegen Belästigung gibt? Dass sie belästigt werden darf? Diese Schlussfolgerung ist sicherlich nicht zwingend. Andererseits: Dass so mancher muslimische Mann einen solchen Schluss zieht, dürfte angesichts der Formulierung dann auch nicht weiter überraschen. Immerhin wird hier klargestellt, wie eine anständige Frau, die nicht belästigt werden möchte, sich anzieht. Und die anderen?.

Thomas Baader, Cicero

Baader offenbart auch noch einen Blick hinter die Kulissen der Ahmadiyya-Gemeinde, der Khola Maryam Hübsch angehört:

Die Ahmadiyya-Gemeinde ist mitnichten jene progressive religiöse Kraft, als die Hübsch sie darstellen möchte. Der Menschenrechts- und Integrationsverein "peri", dem ich angehöre, engagiert sich seit seiner Gründung für die Rechte vor allem muslimischer Frauen und Mädchen. Als vor diesem Hintergrund die Rechtsanwältin Brigitta Biehl im vergangenen Jahr für den Verein als Prozessbeobachterin im Fall Ehepaar K. fungierte - diese gehören der Ahmadiyya-Gemeinde an und hatten ihre Tochter getötet - , kamen einige Äußerungen ans Licht, die man sich sehr genau ansehen sollte.

Der als Zeuge geladene Vorsitzende der Gemeinde, Uwe Abdulla Wagishauser, machte deutlich, welche Pflicht gläubige Eltern hätten, wenn die Tochter eine voreheliche Beziehung eingeht: "Sie müssen ihre Tochter dann verstoßen, als Tochter musst Du wählen zwischen der Beziehung oder der Familie." Es verwundert dann auch nicht, dass es in der siebten Bedingung des Treuegelöbnisses der Ahmadiyya-Gemeinde heißt, der Glaube müsse als kostbarer erachtet werden als die eigenen Kinder. Und so bestätigte auch Frau Khan vor Gericht: "Kinder sind, bis sie 18 sind, Eigentum der Ahmadiyya-Gemeinde".

Wie wohltuend nimmt sich im Gegensatz dazu folgende Erklärung der Alevitischen Gemeinde aus:

Für das Alevitentum ist die Menschenliebe gleichbedeutend mit der Liebe zu Haq (Gott). Deshalb sind Liebe und Toleranz Grundbegriffe unseres Glaubens. Man sagt sogar, dass die Liebe zum Menschen eine Form der individuellen Gebetsausführung ist. Der Mensch soll sich Haq (Gott) nicht in Furcht, sondern durch Liebe nähern. Die Liebe zu Haq (Gott) streckt sich durch die komplette Lehre aus. Die Vereinigung des Menschen mit Haq (Gott) kann nur durch das Wachsen des inneren Reichtums geschehen.

Das wiederum ist nur auf dem Wege der Tugend und der Toleranz möglich. Man soll nichts Schlechtes über andere denken, nie einen anderen Menschen verletzen und nie seine Hand nach etwas ausstrecken, das einem anderen zusteht. Auch gibt es im Alevitentum keine Form der Diskriminierung im Hinblick auf die Religion, Sprache oder der ethnischen Herkunft anderer. Im Alevitentum ist die Liebe und Toleranz mit dem Ideal und dem Glauben verbunden, eine alle Menschen der Welt vereinigende und universale Bruderschaft zu schaffen

Aleviten Forum

Auch wenn die Schwestern vergessen wurden, eine Geschlechtertrennung wird in den alevitischen Gemeinden nicht praktiziert, die "Cemevi" (Versammlungshäuser) werden von Frauen und Männern genutzt, gebetet wird gemeinsam und auch gefeiert. Kultur wird überhaupt sehr groß geschrieben im Alevitentum - in der Türkei handelt es sich um eine verfolgte Minderheit.

Als der Publizist Hrant Dink vor dem Gebäude seines Verlags erschossen wurde, gehörten Alevitinnen und Aleviten zu den Ersten, die dagegen protestierten. Viele Kurdinnen und Kurden gehören der Alevitischen Gemeinde an, z. B. der prominente kurdische Islam-Kritiker Ali Ertan Toprak. Dieser war von 2006 bis 2009 Generalsekretär der Alevitischen Gemeinde Deutschlands und von 2009 bis 2012 ihr stellvertretender Vorsitzender.

Toprak ist seit Mitte 2016 als "Vertreter der Migranten" Mitglied im ZDF-Fernsehrat. Eine Vertreterin der Alevitischen Gemeinde im Rundfunkrat der HR hätte ganz sicher nicht die Frage nach der Verfassungskonformität aufgeworfen, sondern wäre ein Gewinn für die Kulturlandschaft Hessens gewesen.