Geschichten vom "Great Reset"
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Viele "Corona-Kritiker" wollen nicht glauben, dass sich der Staat um die Volksgesundheit sorgt. Dabei kann sie ihm nicht ganz egal sein, wenn er den kapitalistischen Normalzustand will. (Teil 2 und Schluss)
Die hier thematisierte Sorte Kritik kriegt es durchaus hin, die Staaten einerseits als unsouveräne Gehilfen der "globalen Geldeliten" zu charakterisieren, ihnen aber andererseits eine Machtentfaltung zu bescheinigen, mit der sie angeblich die ganze Gesellschaft einsperren. Die Behauptung: "Die Rolle des Staates ist geschrumpft oder gar auf dem Weg in die Obsoleszenz" (Fritz Glunk in seinem Buch "Schattenmächte") verträgt sich offenbar mit der Potenz, die man dem Verblassenden zugleich bescheinigt: "Bereit machen zum harten Oster-Lockdown! Der Inzidenzhype wird hochgefahren" (Norbert Häring in seinem Blog "Geld und mehr").
"Vermeintliche historische Endkrise"
Zwei Wiener Historiker, Hannes Hofbauer und Andrea Komlosy, haben das theoretisch weiter ausgebreitet, indem sie zeigen wollten, wie ein Virus dazu benutzt werde, die Gesellschaft zu verändern: "Wir sehen die Inszenierung der Corona-Epidemie als Chance für Kapital und Staatsmacht, (…) die vermeintliche historische Endkrise des kapitalistischen Weltsystems zu überwinden und einen staatlich organisierten Kapitalismus zu errichten, wie wir ihn bisher nicht kannten."
In diesem Satz scheinen sie sich über die "Inszenierung" so sicher zu sein, dass er offenlässt, ob die Überwindung einer "Endkrise" das Ziel oder deren Stattfinden bloß Einbildung sein soll. Jedenfalls soll das Corona-Theater eine bisher unbekannte Organisation des Kapitalismus herbeiführen, obwohl die Autoren eine solche schon nach der Weltwirtschaftskrise von 1973 festzustellen wissen: "Der so genannte organisierte Kapitalismus mobilisierte das Auslandskapital zur Stärkung der Banken, die die Schwäche des Bürgertums durch Industriefinanzierung und Industriebeteiligung kompensierten. Über Fusionen und Übernahmen entstanden in den wichtigen Branchen große Kartelle, denen die kleinteilige, im Konkurrenzkapitalismus verhaftete Unternehmenslandschaft zum Opfer fiel."
Karl Marx analysierte diesen Vorgang als Konzentration und Zentralisation des Kapitals, den Krisen beschleunigen können, der aber aus der gängigen Konkurrenz der Kapitalisten um gesteigerte Erträge hervorgeht, wobei sie vom Kreditwesen angetrieben und von der Wirtschafts- und Finanzpolitik betreut wird. So kennt man eben seinen Kapitalismus schon länger. Neu ist allerdings die Behauptung eines pandemischen Vorwands dafür - die die Autoren sich zu belegen anschicken:
"Vor allem in den entwickelten Industriestaaten (…) ließ sich die Strukturanpassung aufgrund der zögerlichen Haltung von Unternehmerverbänden und Gewerkschaften, die Klein- und Mittelbetriebe bzw. die sozialen Rechte der Lohnabhängigen schützen wollten, nicht ohne weiteres durchsetzen. Vor diesem Hintergrund erweist sich der Covid-19-Virus als ungeahnte Gelegenheit."
"Strukturanpassungen" im Mittelstand und bei der Lohnarbeit sind zwar ein kapitalistischer Dauerzustand ohne Verzögerung oder nennenswerten Widerstand. Die Autoren ergreifen aber die Gelegenheit, die Epidemie als Einreißen einer Barriere in dieser Hinsicht darzustellen, das der Staat - seinen kompensatorischen Maßnahmen zum Trotz - angeblich selber ins Werk setzt:
"Die staatlich herbeigeführte Monopolisierung führt in vielen Branchen zum Ende des von Eigentümern geführten Klein- und Mittelbetriebes" und ersetzt diese Sparte durch den "Siegeszug der Pharmaindustrie", "den Einzug der Künstlichen Intelligenz" und durch "Unternehmen, die im autoritären Zeitalter besonders gebraucht werden". Mit ein wenig Übertreibung und Vereinseitigung wird sich die "ungeahnte" Sonderrolle der Pandemie in einer "vermeintlichen Endkrise" doch bebildern lassen.
"Was liegt also näher, als den Faktor Mensch aus dem Wirtschaftsleben zurückzudrängen oder ihn ins Homeoffice zu verdammen", damit "er nicht mit seinesgleichen in physischen Kontakt" kommt und "mögliche Proteste (…) viral" bleiben? Dass Unternehmer drei Viertel der Belegschaft weiterhin an den physischen Arbeitsplatz beordern, ohne dass eine Gegenwehr virulent würde, tut dieser Sicht keinen Abbruch. Wenn es also demnach Covid-19 nicht gäbe - es hätte zum Überleben des Kapitalismus glatt erfunden werden müssen.
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