Gesetzeslose Soldaten – von Kunduz bis Bounti
Seite 2: Ermordete Zivilisten als Kombattanten ausgegeben
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Dass solche Verletzungen der Menschenrechte von Zivilisten im Irak und in Afghanistan begangen wurden, bezeugten Soldaten gegenüber der Nachrichtenagentur Middle East Eye. In bestimmten Zeiten scheint es gang und gäbe gewesen zu sein, Zivilisten – nicht selten Jugendliche und Kinder – zu erschießen, die sich durch alltagsübliche Gegenstände wie einem Handy oder einer Schaufel in der Hand verdächtigt machten, Taliban-Spitzel oder Straßenbombenleger zu sein. Die Erlaubnis dafür sei, so die Soldaten, "von ganz oben" gekommen. In den Camps gab es alte Waffen aus der Sowjet-Zeit, die nur dazu verwendet wurden, auf Fotos eine vorige Bewaffnung der Getöteten vorzutäuschen.13
Die Kommandanten versicherten den britischen Soldaten, dass nichts passieren würde, wenn sie nur sagten, dass sie sich durch die Personen bedroht gefühlt hätten.
Das jüngste Urteil im Fall Kunduz drückt dieselbe Rechtsauffassung aus. Betont wurde darin, dass "nicht jede Tötung einer Zivilperson im Rahmen kriegerischer Auseinandersetzungen auch einen Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht dar[stellt]".14 Es muss nur bewiesen werden, dass eine solche Handlung nicht willkürlich stattfindet, also notwendig oder zumindest angebracht ist. Da die internen Berichte über Tötungen nur von den Soldaten und Offizieren geschrieben werden, wird in der Regel der Korpsgeist für eine einheitliche Schilderung sorgen.
Manchmal sind die Soldaten in einem fremden Land wahrscheinlich wirklich verängstigt oder auch wütend angesichts des Verlust von Kameraden. Die nächtlichen Hausdurchsuchungen der australischen Soldaten waren wohl besonders brutal, nachdem einige Australier einem Selbstmordattentäter zum Opfer fielen. Und der Befehl zur Bombardierung der Tanklaster in Kundus erfolgte nur wenige Tage, nachdem zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg ein deutscher Soldat in einem Feuergefecht im Kampfeinsatz starb.
Feindliche Gefühle zwischen Soldaten und Zivilbevölkerung liegen auch etwas in der Natur der Sache, wenn westliche Soldaten in ferne Länder ziehen, um lokale, traditionell-religiöse Aufstandsbewegungen zu zerschlagen, die sich aus der Landbevölkerung rekrutieren und gegen den westlichen Lebensstil und die Ausbeutung durch die urbanen Eliten stellen. Dies spiegelt sich in Militär- und Medienberichten, wenn etwa Dörfer oder ländliche Gegenden als "Hochburgen der Aufständischen" beschrieben werden.
Hinzu kommen rassistisches und Überlegenheitsgefühl, das in den Militärs der vier hier behandelten Nationen erwiesenermaßen verbreitet ist. Doch mit solchen Leuten und solchen Mitteln werden die Menschen dieser Gegenden sicher nicht von den westlichen Werten überzeugt werden. Auch die Installation pro-westlicher Regime beseitigt die sozialen Probleme nicht, die diese Revolten hervorgerufen haben.
Letztendlich befeuern diese Einsätze die ursprünglichen Konflikte nur, was die Ausbreitung von Islamismus und Gewalt von Mali über den gesamten Sahel und von Afghanistan über ganz Zentralasien zeigt. Die Doppelmoral, Kriege zum Schutz der Menschenrechte zu führen, ist schon lange offensichtlich.
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