Gestützt auf gesammelte Beweise
Der Bomben-Anschlag auf die Revolutionäre Garden in Iran und die Suche nach den Schuldigen
Der iranische Ort Sahedan, gelegen in der Wüste Belutschistan, ist kein Ort, an dem Durchreisende gerne und lange verweilen. Das Risiko, entführt zu werden, ist nicht klein und die Gefahr groß, sich schnell in finsterer Gesellschaft wiederzufinden. Der Schmuggel blüht dort und manches wird dort an offenen Feuern über Schmuggel, Drogen, Terroristen und obskure Regierungsaktivitäten erzählt, was in offiziellen Berichten nicht auftaucht. Freundlich sind die Belutschen der iranischen Regierung nicht gesonnen, so viel steht bald fest.
Und dem Reisenden wird auch schnell klar, dass die iranischen Sicherheitsbehörden nur ganz begrenzte Kontrolle über den Ort haben. Heute hat es die wenig bekannte Stadt nun in die Top-Nachrichten der westlichen Presse geschafft: Attentäter haben gestern in Zahedan mit einer Autobombe einen Bus in die Luft gesprengt, elf Soldaten der Revolutionären Garden sind dabei ums Leben gekommen. „Einen vergleichbaren Anschlag hat es in Iran lange nicht gegeben“, so Rudolph Chimelli auf der Titelseite der SZ von heute. Nicht untypisch für die gegenwärtigen politische Situation dauerte es nicht lange, bis „eine offizielle Quelle“ gegenüber der Nachrichtenagentur IRNA die Gelegenheit ergriff, um die USA als waltende Kraft im Hintergrund zu verdächtigen.
Spiegelverkehrt zu den Anschuldigungen seitens amerikanischer Vertreter, die Iran „destabilisierende“ Einmischungen im Irak vorwerfen, nun also Vorwürfe mit beinahe wortgleichen Formulierungen von der anderen Seite (nur dass es sich in diesem Fall um keinen Anschlag im Irak, sondern in Iran handelt):
An official source said on Wednesday that the explosion in Zahedan is believed to have been perpetrated by a group with support from the US based on evidence gathered.
Folgt man den Berichten der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA zu diesem Anschlag weiter, so ergibt sich allerdings nur ein vages Bild über die Urheber des Bombenanschlags. Obwohl man den Hauptschuldigen des „terroristischen Aktes“ getötet habe und fünf Mittäter verhaftet, bleiben die Bezeichnungen für die Täter bunt und unscharf: als „berüchtigte Banditen“, bezeichnet sie der Gouverneur von Sahedan. Für den Parlamentsabgeordneten Hussein Ali Scharijari sind es „Aufständische und Drogenschmuggler“, gleichwohl zieht er einen größeren Rahmen auf, regionale Unruhen und die Unsicherheit im ganzen Middle East, wofür „koloniale Agenten“ und „globale arrogante Mächte angeführt von den USA“ verantwortlich seien. Und für den örtlichen Polizeichef Kasem Resai waren „Saboteure“ am Werk.
Und als ob die Tätersuche noch immer nicht farbig genug wäre, hat sich nun eine Gruppe namens „Dschundallah“ (Armee Gottes) zu dem Anschlag bekannt und dem Täterspektrum noch weiteren schillernden Namen beigefügt: al-Qaida, mit der die Gruppe mutmaßlich in Verbindung steht. Von Teheran, so SZ-Fachmann Chimelli, werde Dschundalla als Al-Qaida-Filiale bezeichnet, ein organisatorischer Zusammenhang sei aber nicht nachgewiesen.
Pikant wäre dies, wenn es denn stimmte, schon, angesichts der Vorwürfe der USA Richtung Iran, wonach Teheran Angehörigen der Qaida Zuflucht gewähre. Pikant wäre auch, wenn es denn tatsächlich eine von den USA unterstützte Gruppe wäre, die ihre Hände bei dem Anschlag im Spiel gehabt hat. In Frage kommen würde da vor allem die MEK, die Volksmudschahedin, die über gute Beziehungen zu maßgeblichen US-Kreisen verfügen (vgl. Die Sekte von Camp Aschraf...). Ein Verdacht, den auch Ian Black, der für den Guardian als Korrespondent tätig ist, in einem Blog andeutet: Beweise? Null. Doch seit den Enthüllungen von Seymour Hersh, der von verdeckten US- Operationen in Iran berichtete (vgl. Der Teufel auf dem Hügel), hält man in dieser Grauzone alles für möglich.