Der Teufel auf dem Hügel

Geheime Guerillagruppe soll Iran destabilisieren

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Den USA würden durch die verstärkte Repression von ethnischen und religiösen Minderheiten in Iran neue Möglichkeiten zur gewünschten Destabilisierung der „Hardliner-Regierung“ in Teheran zufallen, berichtet der Guardian an diesem Wochenende.

Seit der Machtübernahme von Ahmadinedschad sollen die sechs Millionen Kurden in Iran, die hauptsächlich im Grenzgebiet zur Türkei und dem Irak leben, stärkeren Verfolgungen ausgesetzt sein, behauptet der Experte für Außenpolitik des Guardian, Simon Tisdall. In den Auseinandersetzungen zwischen kurdischen Gruppierungen und iranischen „Revolutionären Garden“, die nach der Wahl Ahmadinedschads zum iranischen Präsidenten aufgeflammt sind und in der letzten Zeit für kleinere, in der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtete Meldungen gesorgt haben, erkennt Tisdall klare Indizien für eine wachsende Unruhe zwischen Teheran und der kurdischen Minderheit.

So wurde am Mittwoch vergangener Woche gemeldet, dass drei Mitglieder der Revolutionären Garden in Kämpfen mit kurdischen Kämpfern bei Salmas im Nordwesten Irans (Provinz Aserbaidschan, an der Grenze zum Irak, Karte hier) getötet wurden. Nach Angaben der Nachrichtenagentur der iranischen Studenten – ISNA – sollen „Pejak-Rebellen“ hinter dem Angriff stehen. Insgesamt sollen letzte Woche zehn Mitglieder der Revolutionären Garden ihr Leben in solchen Kämpfen bei Salmas und Kelares gelassen haben, so Tisdall. Im Kern bestätigt wird dies durch Angaben der PKK.

Für die iranischen Behörden ist die PJAK, die sich nach eigener Aussage im „Kampf gegen die iranische Regierung“ befindet, als Ableger der PKK eine „terroristische Organisation“ - ebenso wie die MEK, die Volksmudschahedin (vgl. Herzliche Beziehungen zu Terroristen und Die Sekte von Camp Aschraf...). Mit dieser Kategorisierung steht Iran allerdings nicht alleine da; auch auf europäischen und UN-Listen werden MEK und PKK als terroristische Organisationen geführt.

Ähnlich wie im Fall der MEK scheinen sich nun laut Guardian Gruppen in Washington für das subversive Potential der linken Gruppierung PJAK zu interessieren. In einem Interview mit einem Reporter des regierungskritischen US-Magazins MotherJones bestätigt ein PJAK-Gründer, dass die Gruppierung Kontakte zur MEK unterhält – „nur Gespräche, aber größere Zusammenarbeit ist in Planung“ –, verneint aber jeden Kontakt mit US-Vertretern, der allerdings willkommen sei:

Unsere Forderung heißt Demokratie. Wir akzeptieren die Unterstützung der USA und würden sie willkommen heißen. Aber nur in Abstimmung mit den Interessen des kurdischen Volkes.

Man wünsche sich die gleiche Unterstützung von den USA, wie sie der kurdischen Großpartei PUK (Patriotische Union Kurdistans) zufließt, stünde militärischen Plänen der USA gegenüber Iran allerdings ablehnend gegenüber, auch wenn man selbst nach der jüngsten Verhaftungswelle von Kurden in Iran während der Neujahrsfeierlichkeiten auf „blutige“ Weise reagieren wolle, so der Chef der Gruppe, die sich im Grenzland zwischen Irak und Iran versteckt hält. Als „terroristische Gruppe“ will man sich nicht verstanden wissen, dafür soll sprechen, dass PJAK nur iranische Soldaten und Polizisten angreife und dies nur in Gegenwehr zu Angriffen auf Kurden. Zivilisten würden verschont.

Ziel der PJAK sei auch nicht die Unabhängigkeit der kurdischen Provinzen in Iran, sondern das Ende des Mullahregimes in Teheran. Man sei die einzige kurdische Gruppe in Iran, die lautstark Reformen der iranischen Regierung fordere und bereit, mit den Mullahs zu verhandeln, wenn dies die Diskriminierung der Kurden beende. Zwar habe es unter Präsident Khatami Reformen gegeben, darunter die Regierungsbeteiligung von Kurden, kurdische Lehrstühle an Universitäten und Kurdisch war an einigen Schulen als Unterrichtssprache zugelassen; dies alles wurde aber unter dem neuen Präsidenten wieder zurückgenommen.

Nach Angaben der BBC Persia – von der neuen Regierung seit kurzem gefiltert – hat die PJAK binnen sechs Monaten im letzten Jahr 120 iranische Polizeioffiziere getötet. Man schätzt die Größe der Gruppe auf etwa 4000 Mitglieder, die sich im Irak aufhalten und „einige Tausend mehr“ innerhalb Iran. Insgesamt stellen 3,7 Millionen Kurden etwa 7 Prozent der iranischen Gesamtbevölkerung. Die PJAK geht auf vorsichtige Distanz zur PKK, leugnet aber nicht „Gemeinsamkeiten“. Besonders großen Wert legt man darauf, dass Frauen in der Gruppe führend an den politischen wie militärischen Aktivitäten der Gruppe teilnehmen. 45 Prozent aller Mitglieder sind Frauen, sie erhalten die gleiche Ausbildung wie die Männer und nehmen an Guerilla-Aktionen teil.