Gesundgevögelt

Seite 3: "Frauen sind die sinnlicheren Wesen"

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Ich denke, Houellebecq geht es darum, dass die sexuelle Befreiung, die nach 1968 ohne Zweifel statt gefunden hat, das Gebiet des Sexualität ökonomisiert und durchkommerzialisiert hat und man nun auch besonders mit seinem Körper mit anderen Leuten um Sexualpartner konkurrieren muss.

Susanne Wendel: Ich habe den Film vor kurzer Zeit gesehen, deswegen finde ich auch Ihre Frage grundsätzlich spannend. Ich bin mir aber immer noch nicht sicher, ob ich Ihre Aussage verstehe, aber ich versuche mal sie zu beantworten: Wenn man sich auf diesem Gebiet bewegt, tänzelt man schon auf einem gewissen Grad. An dieser Stelle ist es nämlich nicht so, als ob man neue Kochrezepte ausprobieren würde, sondern der Mensch ist ein hochkomplexes Wesen und wenn es um Sex geht spielen ganz schnell auch Gefühle eine Rolle: Es kann sein, dass man sich verliebt, was aber der unbekannte Sex-Partner vielleicht gar nicht möchte, oder man wird eifersüchtig, wenn man den Lebenspartner in einem Swingerclub mit jemand anderen sieht.

Sieht man das alles nur als ein Spiel, einen körperlichen Akt der Lust oder spielt da auch der Ernst mit rein? Viele Leute trauen sich deswegen nicht in so einen Club, weil sie davor Angst haben. Es ist immer, wenn man auf diesem Gebiet der Sexualität forscht, auf der emotionalen Ebene ein gewisser Grad an Risiko dabei.

Falls ich an dieser Stelle auf meine Swingerclub-Erfahrungen via der Fernsehserie "Liebe Sünde" zurückgreifen darf: Erstens fand ich die Pärchen stets wahnsinnig spießig, zweitens wurde, zumindest wie ich das mitbekommen habe, zwar Sex unter Frauen toleriert, Sex zwischen Männern ist aber verpönt. Ist das so?

Susanne Wendel: Ich kenne das nicht so. Allerdings ist es so, dass Männer sich eher zwei Frauen ansehen als zwei Männer. Außer sie sind schwul natürlich. Dass dergleichen aber verpönt wäre, kann ich mir nicht vorstellen. Und was das Spießige angeht: In so einem Club trifft man den ganz normalen Bevölkerungsdurchschnitt: Man sieht Spießer, Extrovertierte, ganz normale, seit Jahren verheiratete Paare, junge Leute, Gebildete, aber auch Leute, wo man denkt, okay gut. Man findet alles. Es ist die Frage was jemand unter "spießig" versteht.

Sie stellen fest, dass im Grunde die Frau und nicht der Mann das größere Talent zum Sex hat. Können Sie uns das erläutern?

Susanne Wendel: Frauen sind die sinnlicheren Wesen. Der Punkt ist, dass Frauen durch ihre Erziehung das erstens überhaupt nicht wissen und zweitens für sich auch nicht entdecken. Frauen sind beim Sex sensibler und emphatischer, während Männer eher Druck abbauen möchten. Ich behaupte, gute Liebhaber sind Männer, die von Frauen gelernt haben, wie man sie richtig anfasst. Viele Männer können ihre Frauen nicht so berühren, dass diese richtig Lust bekommen. Wenn aber die Männer lernten, sich mehr auf die Frauen einzustellen, dann hätten die Frauen mehr Spaß und mit ihnen die Männer.

Welche Rolle spielt bei der Unterdrückung der weiblichen Lust das Patriarchat? Wo machen Sie patriarchalische Strukturen in der heutigen Gesellschaft aus?

Susanne Wendel: Alleine der Punkt, dass das Wissen, von dem ich eben gesprochen habe, in der Gesellschaft überhaupt nicht vorhanden ist und die Frauen als diejenigen gelten, die mit Sex nichts anfangen können, zeigt doch, dass wir in einem Patriarchat leben. Frauen funktionieren beim Sex ejnfach nur anders als Männer und das wissen die Männer nicht und die Frauen häufig auch nicht. Die Frauen denken dann immer, dass sie Probleme haben.

Wäre an dieser Stelle nicht einmal der Staat gefragt?

Susanne Wendel: Ich glaube offengestanden nicht, dass uns der Staat hier weiterhelfen kann. Aber es gibt beispielsweise Leute, die sich mit Tantra befassen, wo einmal genauer hingeguckt wird, was männliche und was weibliche Sexualität überhaupt ist. Das eine ist nicht besser oder schlechter als das andere, aber es sind unterschiedliche Energien. Hier braucht es noch viele Informationen und mutige Menschen, die nicht nur schlaue Ratschläge erteilen sondern mal hinschauen, wie die Leute wirklich ticken und was sie wollen.

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