Gezielte Militärschläge auf syrischem Terrain
Angeblich soll Israel Raketen auf einen Militärkomplex in der Nähe von Damaskus abgefeuert haben
Israel soll am Sonntagmorgen erneut Ziele in Syrien mit Raketen beschossen haben, meldet die syrische Nachrichtenagentur Sana. Ein wissenschaftliches Forschungszentrum in Jamraya, im Nordwesten der Hauptstadt Damaskus, soll von mehreren Explosionen erschüttert worden sein, auch habe es Tote gegeben, heißt es in der Meldung. War der Angriff vor zwei Tagen zwischenzeitlich von anonymen Vertretern Israels bestätigt worden, so liegen für den aktuellen Zwischenfall noch keine solchen Aussagen vor. Bis Sonntagmittag gab es keinen offiziellen Kommentar seitens Israels oder der USA. Die Fragen überwiegen wieder einmal.
Die erste wäre, wie wird der syrische Präsident Baschar al-Aassad reagieren? Für das syrische Fernsehen scheint festzustehen, dass die Explosionen in Jamraya, das 15 Kilometer von der libanesischen Grenze entfernt liegt, auf einen Beschuss israelischer Raketen zurückgehen. Laut dem Fernsehkanal al-Mayadeen bespricht sich die syrische Militärführung über mögliche Antworten. Zitiert wird die in Konflikten übliche Gummi-Floskel: "Alle Optionen sind auf dem Tisch."
Sollten die Raketen tatsächlich israelischer Herkunft sein, was weder in US- noch in israelischen Medien bestritten wird, so stellen sich Fragen nach der Verteidigungsfähigkeit der syrischen Armee. Und anderseits auch nach Optionen, welche die "Freunde Syriens" haben, um mit gezielten Militärschlägen zu operieren. Die israelischen Angriffe wären in dieser Hinsicht als Exempel zu sehen, dass man die syrische Armee gezielt an empfindlichen Punkten treffen kann.
Allerdings stünde diese Option den "Freunden Syriens" nur bedingt zu. Israel stellt seine Sicherheitsbedürfnisse über internationale Vereinbarungen und holt sich für solche Militäroperationen keinen Sicherheitsratsbeschluss ein. Das wäre den Verbündeten, denen am Fall Baschar al-Assads gelegen ist, nicht möglich. Da eine No-Fly-Zone, die, ähnlich wie im Fall Libyen, den Beschuss der syrischen Flugabwehr und die strategisch wichtige Beherrschung des Luftraums ermöglichen würde, im UN-Sicherheitsrat wegen des wahrscheinlichen russischen und chinesischen Vetos keine wirkliche Chance hat, bieten die israelischen Angriffe neue, wenn auch beschränkte Manöverfreiheiten.
Laut Quellen aus der syrischen Opposition galt der Angriff einem Depot bei dem Berg Kasioun im Norden Damaskus, wo angeblich Raketen der syrischen Armee lagern, die den Regimegegnern militärisch große Probleme bereiten. Diese Spekulation wird indirekt - und vage - von der Sana-Meldung gestützt, wonach der heutige Angriff die "Moral der bewaffneten Opposition gehoben" hätte.
Möglich sind auch andere Interpretationen, ermöglicht werden sie alle durch den dürftigen Boden genauerer Informationen. So steht eben auch das Ziel der Raketenangriffe nicht genau fest. Von syrischer Seite hieß es zunächst, dass Ziele am Damaszener Flughafen angegriffen wurde, später dann wurde das Forschungszentrum in Jamraya genannt. Bemerkenswert ist, dass ein "Scientific Research Center" schon gestern als mögliches Ziel der israelischen Luftangriffe vom Freitag kursierte.
Und dann gab es Ende Januar Meldungen von einem israelischen Flugzeug-Angriff auf eine Militäranlage außerhalb Damaskus, dem "Jamraya military research center". Schon damals hieß es, dass der Angriff Waffenlieferungen an die Hisbullah galt. Die Angriffe wurde damals von israelischer Seite nur eingeschränkt, mit Optionen zum Dementi, bestätigt. Als wichtige Botschaft galt Ende Januar wie heute: "Wenn Israel will, kann es jederzeit zuschlagen." Das ist auch an Iran gerichtet. Ein Signal, das die USA unterstützen.
Generell fielen die Reaktion auf den israelischen Angriff vom Freitag, wie auch schon im Januar, in der westlichen Öffentlichkeit eher ermutigend im Sinne Israels aus. Assad warnte damals vor Gegenschlägen, sie blieben damals aus. Aktuell hat der stellvertretende syrische Außenminister Faisal al Mekdad den heutigen Angriff als "Kriegserklärung Israels" bezeichnet, der Außenminister wie auch der Staatspräsidenthaben sich noch nicht geäußert.