Israelischer Luftangriff auf Ziele in Syrien
Mit der Aktion, die mitten in der Diskussion über Optionen von Militärinterventionen in Syrien geschieht, gerät auch die Rolle der Hisbullah im Land stärker in den Fokus
Vertreter Israels, die nicht namentlich genannt werden wollten, haben heute gegenüber der Zeitung Ha'aretz einen Angriff der Luftwaffe auf ein Ziel in Syrien bestätigt. Er soll sich am Freitag Morgen ereignet haben. Ziel war laut Darstellung der anonymen Quelle aus offiziellen Kreisen eine Lieferung von technisch hochentwickleten Waffen, deren Fähigkeiten als "game changing" bezeichnet werden, die für die Hisbullah bestimmt waren.
Über den genauen Ort des Angriffs schweigt man. Die Angelegenheit bleibt in vielen Punkte vage. Das fängt schon damit an, dass andere Berichte der Bestätigung durch israelische Vertreter widersprechen.
Unklar bleibt auch, ob der Luftangriff einem Konvoi galt oder einem Gebäude, sowie das Hoheitsgebiet, von dem aus der Angriff ausgeführt wurde - ob er aus dem libanesischen Luftraum ausgeführt wurde oder vielleicht doch aus dem syrischen. (Nachtrag: Nach jüngsten Meldungen soll der Angriff einem Lager gegolten haben, in dem sich Raketen iranischer Bauart - Fateh-110 - befunden haben sollen; das Lager wird nach Informationen der New York Times angeblich von der Hisbullah oder von iranischen Quds-Einheiten kontrolliert).
Der Kontext des Angriffs bietet Anlass zu einigen Spekulationen. Gibt es doch seit einige Zeit, initiiert durch Verdachtsmomente, die zuerst von israelischer Seite kamen, eine öffentliche Diskussion darüber, ob syrische Regierungstruppen Chemiewaffen eingesetzt haben und ob damit rote Linien überschritten sind (Syrien: Spiel mit chemischen Waffen und Syrien: Explosive Situation).
Die Debatte über eine Einmischung in Syrien von außen ist damit neu entbrannt - mit dem Unterschied zu früheren Debatten, dass die Dringlichkeit eines militärischen Eingreifens nun noch deutlicher herausgestellt wird. In diesen Zusammenhang gehört auch der Angriff der israelischen Flugzeuge; er bestätigt in der öffentlichen Darstellung die Gefahr, die für die Nachbarstaaten von Syrien ausgeht.
Die beiden, die jüngste Eingreif-Debatte prägenden, Stichworte "Chemiewaffen" und "rote Linien" tauchen auch in den Meldungen über den israelischen Angriff und in der Diskussion auf. Was etwas sonderbar ist, weil gleichzeitig von israelischer Seite dementiert wird, dass es sich bei den Waffenlieferungen um Chemiewaffen handelt. Der Begriff "Chemiewaffen" dient dann immerhin dazu, zu betonen, dass es sich bei den in Frage kommenden Waffen auch um sehr gefährliche, eben Game-changer-artige Waffen fortgeschrittener Technik handelt, wahrscheinlich Flugabwehrraketen, die ebenfalls eine rote Linie markieren
Solche Waffen sollen nicht in die Hände der Hisbullah geraten, dieses Interesse hat Israels Führung schon seit längerem klar herausgestellt. Flugabwehrraketen würden die Kontrolle des Südlibanon gefährden. Aus dieser Perspektive ist der israelische Luftangriff ein Präventivschlag.
Dazu kommt allerdings noch ein anderes Moment: Die Angriffsmeldung rückt die Aufmerksamkeit auf das Wirken der Hisbullah in Syrien. Deren Unterstützung Baschar al-Assads - mit Iran im Rücken - , entwickelte sich schon in den letzten Wochen zu einem Thema, das in der Berichterstattung allmählich mehr Relevanz bekam.
Nach der heutigen Nachricht über die Angriffe auf die - bislang noch nicht weiter bestätigten - Waffenlieferungen an die Hisbullah in Syrien wird die Aufmerksamkeit dafür noch steigen (vgl. Hisbollah-Einsatz in Syrien). Abzusehen ist, dass damit nicht unbedingt die Gegner einer militärischen Einmischung in Syrien bestärkt werden.