Syrien: Spiel mit chemischen Waffen

Der UN-Generalsekretär verlangt zur Überprüfung ungehinderten Zugang der Inspektoren

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Gestern ist der syrische Regierungschef Wael Nader al-Halqi knapp einem Bombenanschlag entkommen. Der Anschlag fand in einem gut gesicherten Stadtviertel von Damaskus statt, in dem viele Politiker leben und in dessen Nähe sich viele Ministerien und Botschaften befinden. Nach den staatlichen syrischen Medien hat es Opfer gegeben. Für das Assad-Regime zeigt der Anschlag, dass die Opposition nicht an einer "politischen Lösung", wie sie auch immer die russische Regierung fordert, interessiert ist. Er demonstriert aber auch, dass die politische Elite des Assad-Regimes in Damaskus nicht mehr sicher ist.

Auch der Druck von außen, vor allem von Israel, wächst. Nachdem verschiedene Geheimdienste von Hinweisen berichtet haben, dass das Assad-Regime bereits chemische Waffen gegen die Zivilbevölkerung in Aleppo, aber auch in Damaskus und Homs eingesetzt habe, rückt ein wiederholtes Irak-Szenario näher. Die US-Regierung zögert allerdings und will die Hinweise erst genau prüfen, gesprochen wird nun, dass erst ein "systematischer" Einsatz von Chemiewaffen eine Überschreitung der roten Linie darstellen würde, die entsprechende Reaktionen nach sich zöge (Syrien: Explosive Situation).

Nun hat sich auch erneut UN-Generalsekretär Ban Ki-moon eingeschaltet und die syrische Regierung aufgefordert, die Vorwürfe durch Inspektoren klären zu lassen. Für sie verlangt er einen ungehinderten Zugang zu den Orten, an denen angeblich chemische Waffen eingesetzt wurden. Schon vor einem Monat war ein Inspektorenteam aufgestellt worden, um einem Gesuch der syrischen Regierung zu folgen. Die aber hat nun vorgeschlagen, russische Experten zur Prüfung heranzuziehen, was natürlich postwendend auf Ablehnung der syrischen Opposition stieß.

Derweil zitiert die Times of Israel und Haaretz einen allerdings anonymen israelischen Regierungsangehörigen, der sagt, es gebe handfeste Beweise von den Geheimdiensten der USA, Israels, Frankreichs, Großbritannien und Katars für den Einsatz von chemischen Waffen. Es sind ausgerechnet die Staaten, in denen die Regierung gedrängt wird, stärker in Syrien zugunsten der Rebellen zu intervenieren. Allerdings wird in Israel auch versucht, wie dies bei dem Abgeordneten der Arbeiterpartei, Binyamin Ben-Eliezer, der Fall ist, auch noch die Hisbollah einzubeziehen. Die in Libanon ansässige paramilitärische Organisation unterstützt mit Kampfeinheiten das Assad-Regime und soll irgendwie auch in den Einsatz der chemischen Waffen verwickelt sein. Er fordert eine Intervention und gibt sich erstaunt, dass die Weltgemeinschaft so lange zusieht. Es gibt allerdings auch in Israel eine zögerliche Haltung, weil man fürchtet, dass der Sturz von Assad Islamisten an die Macht bringen könnte, die Israel gefährlich werden könnten.

Verstärkt wird der Druck durch den desertierten syrischen General Zaker al-Saket, der behauptet, den Befehl zur Verwendung von chemischen Waffen bekommen zu haben. In einem Interview mit al-Arabiya, einem saudischen Sender, der schon des Längeren zweifelhafte Informationen über das Assad-Regime verbreitet, sagte dieser, dass dreimal Sarin-Gas eingesetzt worden sei. Er fürchte, dass auch Senf- und CS-Gas verwendet werden könne. Allerdings soll der israelische Regierungschef Netanjahu erklärt haben, dass seine Minister über Syrien schweigen sollen, um nicht den Eindruck zu erwecken, Israel dränge auf eine Intervention.

Die russische Regierung warnt weiter davor, dass nach einem Sturz von Assad islamistische Extremisten die Hererschaft in Syrien ergreifen würden. Allerdings gewinnen diese an Macht, je länger sich der Bürgerkrieg hinzieht. Nach einem Telefongespräch von Obama und Putin haben diese vereinbart, gemeinsam eine Lösung des Syrien-Konflikts voranzutreiben. In der Mitteilung des Weißen Hauses liest sich das wenig euphorisch.