Gift in meinem Garten?
Pflanzen aus Gärtnerei, Baumarkt & Co können Bienen gefährden, warnen Umweltaktivisten
Hobby-Gärtnern ist voll im Trend. Die Jung-Pflanzen für Balkon und Garten holen sich viele Menschen aus Gartencentern, Super- oder Baumärkten. Dass sie dabei oft auch "Bienenkiller" mit nach Hause nehmen, sei den wenigsten bewusst, moniert die Umweltschutzorganisation Greenpeace anlässlich des neu vorgestellten Reports: "Giftiger Garten Eden",
Quer durch Europa gingen die Aktivisten auf Einkaufstour und erwarben Lavendel, Veilchen und noch dreiundreißig weitere Pflanzenarten, die für Bienen attraktiv sind. Rund achtzig Prozent der getesteten Pflanzen wiesen Rückstände von "bienengefährlichen Pestiziden" auf, so die Greenpeace-Analyse. Vierzehn Prozent der Proben enthielten sogar Pestizide, die in Europa überhaupt keine Zulassung im Zierpflanzenanbau haben. Nur zwei Proben waren unbelastet.
Greenpeace betont, dass man bei sechzig Prozent der Blumen die umstrittenen Pestizide aus der Gruppe der Neonicotinoide (Imidacloprid, Thiamethoxam und Clothianidin) fand. Neonicotinoide werden mit dem Bienensterben in Verbindung gebracht. Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) identifizierte im Januar 2013 diesbezüglich mehrere Risiken:
"In den Fällen, in denen es der EFSA möglich war, die Risikobewertungen abzuschließen, kam sie gemeinsam mit wissenschaftlichen Sachverständigen aus den EU-Mitgliedstaaten für alle drei Wirkstoffe zu folgendem Schluss:
- Exposition durch Pollen und Nektar: Nur die Verwendung bei Nutzpflanzen, die für Honigbienen uninteressant sind, wurde als akzeptabel erachtet.
- Exposition durch Stäube: Ein Risiko für Honigbienen bestand bzw. konnte nicht ausgeschlossen werden, mit einigen Ausnahmen, wie bei der Verwendung für Zuckerrüben oder Nutzpflanzen, die in Gewächshäusern angebaut werden, und bei der Verwendung einiger Granulatformen.
- Exposition durch Guttation: Nur die Risikobewertung für mit Thiamethoxam behandeltem Mais konnte abgeschlossen werden. Hier zeigen Feldstudien eine akute Wirkung auf Honigbienen, die dem Wirkstoff mittels Guttationsflüssigkeit ausgesetzt waren."
Umstrittene Neonicotinoide für Veilchen & Co
Die in Deutschland von Greenpeace untersuchten neunzehn Pflanzenproben wiesen allesamt Chemikalienrückstände auf. Siebzehn davon waren mit bienenschädlichen Pestiziden belastetet. Gefunden wurden Rückstände von Imidacloprid, Clothianidin und Thiamethoxam.
Die massive Belastung der gezogenen Stichproben stimmt bedenklich zumal der Einsatz dieser drei Wirkstoffe von der EU-Kommission 2013 aufgrund der EFSA-Prüfung für zwei Jahre stark eingeschränkt wurde. Auf der Website des Ministeriums für Verbraucherschutz sind die Regeln nachzulesen. Dort heißt es, bezogen auf den Einsatz von Neonicotinoiden, unter anderem:
Durch zusätzliche Anwendungsbestimmungen sollen alle denkbaren Expositionspfade für Bienen ausgeschlossen werden.
- Für Zierpflanzen im Freiland: Behandlung nur an Pflanzen, die im Jahr der Behandlung nicht mehr blühen
- Für Zierpflanzen im Gewächshaus: Behandlung vor der Blüte nur an Pflanzen, die nicht zur späteren Verwendung im Freiland vorgesehen sind."
Für die österreichische Sektion von Greenpeace zeigt das Ergebnis auch das Problem der unterschiedlichen ökologischen Standards in den produzierenden Ländern deutlich auf. Bei einem in Österreich aufgetauchten "Problemfall" handelte sich um Import-Ware aus Italien. Greenpeace Österreich betonte gegenüber diversen Medien, dass es Gesetzeslücken gebe und die Chemikalien in Glashäusern teilweise noch eingesetzt werden. Greenpeace fordert deshalb ein umfassendes Verbot von bienengefährdenden Pestiziden.
Die Industrie kämpft erwartungsgemäß gegen allzu umfassende Einschränkungen. Auch der Zusammenhang von Pestiziden und Bienensterben wird von industrieller Seite infrage gestellt. Anlässlich einer anderen Greenpeace-Untersuchung kritisierte die IG Pflanzenschutz das Studien-Design und verwies zudem auf vielfältige Ursachen, die zum Bienensterben führen würden:
Die Bienenverluste haben vielfältige Ursachen. Vor allem die Varroamilbe setzt den Bienen erheblich zu. Pflanzenschutzmittel gehören zu den bestuntersuchten Substanzen und werden von den staatlichen Behörden im Zulassungsprozess geprüft. Bei verantwortungsvollem Umgang und sachgerechter Anwendung ist ein Gefahrenpotenzial für die Biene auszuschließen.
Die Diskussion zwischen Industrie und den Umweltverbänden dürfte sich weiterziehen. Schließlich werden in diesem Segment Milliarden-Umsätze erzielt, wie auch ein Blick auf Wikipedia zur wirtschaftlichen Bedeutung zeigt.
Belastungen durch Schwermetalle
Indes wünscht sich der durchschnittliche Gartenfreund primär Natur pur. Doch gerade bei Pflanzenschutz ist die Dosierung wichtig. Da vertun sich dann doch einige. So gab die Nachhaltigkeitsbeauftragte einer Blumenmarktkette gegenüber dem österreichischen Rundfunk an, dass beispielsweise das Schneckenkorn zu intensiv eingesetzt werde. "Weniger ist mehr."
Das gilt auch beim Düngen. Viele Böden geben ausreichend Nährstoffe ab und bräuchten nicht noch zusätzlich versorgt werden, betonen viele Umweltorganisationen in Deutschland. Schließlich gibt es auch bei Düngern nicht zu unterschätzende Problembereiche, insbesondere aufgrund von Belastungen durch Schwermetalle. So untersuchte Öko-Test im Jahr 2013 zwanzig Dünger. Das Testergebnis war ernüchternd: "Zu viel Schwermetalle, unsaubere Deklarationen", konstatierte das Öko-Magazin und präzisierte: "Vor allem viele Guano-Dünger fallen durch, weil sie Schwermetalle, in zwei Fällen sogar erhöhte Dioxingehalte enthalten."
Und die Umweltbelastung in Städten ist ebenfalls nicht zu unterschätzen und erschwert das immer beliebtere "Urban-Gardening". Einen gelungenen Bericht dazu präsentierte Das Erste in der Reihe "W wie Wissen" Die Sendung zeigte anschaulich, dass man beim Gärtnern in der Stadt durchaus "Blei im Gemüse" ernten kann, obwohl man naturnah anbaut und sogar das Saatgut selber zieht.