Gigolos und Höllenhunde
Bei Tonspion gibt's eine kostenlose Kompilation von Deutschlands angesagtestem Label
DJ Hell heißt eigentlich Helmut Josef Geier und wohnt in München. Das sollte man aber nicht gegen ihn verwenden, denn der Hell ist ein Guter. Er gilt zu Recht als einer der drei einflussreichsten und besten DJs Deutschland, und spätestens seit seinen Alben "Geteert und Gefedert" und "Munich Machine" ist klar, dass der Mann nicht nur Knöpfchendrehen und Plattenwenden sondern eben auch Komponieren kann. Und wie, verdammt. Man höre "NY Muscle", sein neues Album, das eine fies fräsende Mischung aus Industrial, Minimal-Techno, Suizid-Soul, Garagen-Rock und Dope-Disco geworden ist.
Hell - wie er sich neuerdings nur noch nennt - geht mit Puff Daddy aka P.Diddy saufen, legt für Donatella Versace auf und jettet von Edel-Party zu Edel-Party, um das koksende Jet-Set-Volk mit herben Beats aus der Lethargie des Überflusses zu peitschen. "NY Muscle" ist nun der Abgesang auf den Glamour. Ein schwarzes Reptil von einem Album, das mit endzeitlicher Grundstimmung den dekadenten Wahnsinn des nächtlichen Dauerrausches in Töne fasst. "Black suit / black tie / feel like I wanna die", spricht da einer atemlos und grabestief in der endlos finstren "Tragic Picture Show". Ein mächtiges Meisterwerk.
Hell ist nicht nur Musiker, sondern seit 1997 auch Plattenfirmen-Chef. Auf International Deejay Gigolos und Disko B veröffentlicht er in beharrlicher Regelmäßigkeit eigenwillige Musiken, die keinen Trends folgen, sondern die Trends definieren. Hell lief schon vor fünf Jahren mit Plattentaschen voller 80er-Jahre-Hits durch die Gegend, als ans 80er-Revival noch niemand zu denken wagte. Und er veröffentlichte schon vor drei, vier Jahren Singles und Alben mit jener Form der elektronischen Punkmusik, die hernach mit Leuten wie Peaches und Chicks On Speed unter dem Schlagwort Electroclash ein neuer Trend werden sollte und noch immer ist. Doch Hell ist musikalisch tief im Underground verwurzelt. Er legt vor, die anderen machen nach. Die anderen kommen in die Charts, Hell kommt in den Himmel.
Die Berliner MP3-Plattform Tonspion.de (vgl. Gourmet-Führer für MP3-Freunde) bietet nun einen Querschnitt durch das International Deejay Gigolos-Programm als kostenlosen Download. Es gibt zehn Tracks von Künstlern wie den Psychonauts, Terranova, Tiga und Gina X. Der kurioseste Kracher ist das bisher unveröffentlichte "Let's Get Ill" - ein Stück von P.Diddy und Kelis, das Hell durch seinen Klangkosmos jagte und remixte und das auf P.Diddys kommendem Remix-Album erscheinen soll. Hin hier, zur Hölle noch mal, und ziehen!