Glyphosatfunde im Grundwasser nicht nur aus landwirtschaftlichem Einsatz
Glyphosat ist in Europa im Grundwasser nachweisbar – und das in höheren Mengen als durch Landwirtschaft erklärbar. Doch woher stammen die Rückstände dann?
″Glyphosat ist das am häufigsten eingesetzte Totalherbizid und wird verwendet, um vor allem in der Landwirtschaft unerwünschte Kräuter und Gräser zu bekämpfen″, heißt es auf der Seite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und dürfte soweit unstrittig sein.
Die Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln wie Glyphosat werden innerhalb der Bundesregierung allerdings nicht einheitlich beurteilt. Im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) vertritt man die Ansicht, dass Pflanzenschutzmittel die biologische Vielfalt gefährden.
Dies sei durch zahlreiche Studien belegt. Als Totalherbizid tötet Glyphosat unterschiedslos alle Pflanzen und zerstört damit die Nahrungs- und Lebensgrundlage vieler Insekten- und Vogelarten wie Schmetterlinge und Feldlerchen.
Der Wirkstoff Glyphosat ist ein Säuremolekül und wird daher in den Anwendungsprodukten als Salz formuliert. Bei den derzeit in Deutschland zugelassenen 20 verschiedenen Glyphosat-Herbiziden handelt es sich um Formulierungen als Isopropylamin-, Ammonium-, Kalium- und Dimethylaminsalz.
Für den Wirkstoff Glyphosat wurde auf EU-Ebene am 28. November 2023 per Durchführungsverordnung eine EU-weite Verlängerung der Zulassung bis zum 15. Dezember 2033 genehmigt. Ein Verbot von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln auf nationaler Ebene wäre daher europarechtswidrig.
Die Glyphosat-Geschichte
Der Wirkstoff Glyphosat wurde erstmals 1950 von einer kleinen Schweizer Pharmafirma synthetisiert. Über Verkäufe gelangte der Wirkstoff zur Firma Monsanto, wo der Chemiker John E. Franz die herbizide Wirkung entdeckte, was zur Patentierung von Glyphosat und zur Markteinführung als ″Roundup″ im Jahr 1974 führte.
Die Anwendung dehnte sich schnell auch auf Bereiche außerhalb des Ackerbaus aus. Zu den vielen Einsatzbereichen von Glyphosat zählen etwa Dauerkulturen wie Obst- und Weinbau, Grünland, Forst, Zierpflanzenbau, Freiflächenpflege auf Nichtkulturland, Unkrautbekämpfung auf Verkehrsflächen wie Gleisanlagen und selbst die nicht-professionelle Anwendung im Haus- und Kleingarten.
In der Landwirtschaft richtete sich die Anwendung hauptsächlich auf die Bekämpfung von Problemunkräutern und zur Aufwuchsregulierung in Anbauverfahren mit stark reduzierter Bodenbearbeitung. Glyphosat ist hierbei systemrelevant für die Vermeidung oder Verminderung von Wind- und Wassererosion und für den wasserschonenden Ackerbau in ariden Regionen.
Die Anwendung von Glyphosat erhielt einen zusätzlichen Anwendungsschub Anfang der 1990er-Jahre durch die Einführung von gentechnisch veränderten Kulturen, die eine Resistenz gegenüber Glyphosat besaßen.
Der Siegeszug einer Kombination aus glyphosat-resistenter Kulturpflanzensorte und dem Komplementärherbizid Glyphosat, der sogenannten Roundup-Ready-Technik, war primär in mit stark mechanisierter Landwirtschaft in Nord- und Südamerika sowie in Australien beachtlich.
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Der Großteil des weltweiten Anbaus von gentechnisch veränderten Kulturen bezieht sich auf Glyphosatresistenz. Rund 90 Prozent des Anbaus von Mais, Soja und Baumwolle in den USA besteht aus herbizidresistente Sorten.
Inzwischen ist ein negativer Nebeneffekt der Verwendung von Glyphosat Realität geworden, auch wenn dies ursprünglich von der Pflanzenschutzmittelindustrie als unmöglich eingestuft wurde. Inzwischen sollen 59 Unkrautarten bekannt sein, die eine Resistenz gegen den Wirkstoff Glyphosat entwickelt haben. Weltweit sind 361 unterschiedliche Fälle von Glyphosatresistenz in 31 verschiedenen Ländern dokumentiert.
Die jährliche weltweite Produktion liegt nach Auslaufen des Patentschutzes derzeit bei etwa 850.000 Tonnen, wobei China der Hauptproduzent ist. Der deutsche Chemiegigant Bayer hat mit der Übernahme von Monsanto den Kampf gegen Schadensansprüche übernommen.
Mehr Glyphosat im Grundwasser als von der Landwirtschaft kommen kann
Die im Grundwasser nachweisbaren Glyphosatmengen sind offensichtlich höher als die Einträge aus der Landwirtschaft. Ein Indiz dafür ist, dass nach Starkregenereignissen keine erhöhten Glyphosatmengen im Grundwasser nachweisbar sind.
Hier lohnt sich ein Blick in die Entwicklungsgeschichte des Herbizids, das ursprünglich als Wasserenthärter entwickelt wurde. Es gehört zur chemischen Gruppe der Phosphonate, die in Europa häufig in Wasch- und Reinigungsmitteln als preiswerte Wasserenthärter eingesetzt werden. In den USA ist die Verwendung von Phosphonaten als Wasserenthärter in Waschmitteln übrigens verboten.
Im Rahmen eines Vorhabens zu schwer abbaubaren Verbindungen in Wasch- und Reinigungsmitteln (FKZ 3709 65 430) wurde festgestellt, dass der überwiegende Teil der Phosphonate im Abwasser aus der Verwendung von Wasch- und Reinigungsmitteln stammt.
Die in den meisten Wasch- und Reinigungsmitteln eingesetzten Phosphonate sind schwer abbaubar, einzelne Phosphonate sind zudem ökotoxisch. Daten über das Verhalten und den Verbleib von Phosphonaten in der Umwelt liegen bisher jedoch nicht vor.
Nicht nur in den USA, wo Phosphonate in Waschmitteln verboten sind, sondern auch in Europa gibt es phosphonatfreie Waschmittel. In Deutschland sind dies vorwiegend Waschmittel, die mit dem ″Blauen Engel″ ausgezeichnet sind. Im Zweifelsfall hilft ein Blick auf die Zutatenliste.