Greenwashing: Konsumententäuschung durch Werbelügen und Mogelpackungen
Seite 2: Aldi-Klimaprojekte: Kriterium der Zusätzlichkeit nicht erfüllt
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Laut internationalen Standards ist das wichtigste Kriterium für ein Kompensationsprojekt die Zusätzlichkeit. Demnach dürfte es die Holzplantage in Uruguay nur geben, weil Aldi dafür bezahlt hat.
Die geforderte Zusätzlichkeit sei in dem betreffenden Aufforstungsprojekt vollumfänglich und nachweislich gegeben, erklärt das Unternehmen ClimatePartner, das mit Aldi, Lidl, Rewe und Edeka als Kunden Millionen-Umsätze erwirtschaftet.
Im Gegenteil, erklärt Simon Counsell: Die Holzproduktion im fraglichen Projekt ist hoch profitabel. Es sei sehr wahrscheinlich, dass das Geld in dem Projekt nicht benötigt werde. Die Zertifikate mögen zusätzliche Einnahmen bringen, sie erfüllen jedoch nicht das Kriterium der Zusätzlichkeit, sagt der Experte für Klimakompensation.
Die Zertifikate seien für die Investoren ein Zusatzgeschäft und eine zusätzliche Motivation, in die Plantagen zu investieren, bekräftigt ein Mitarbeiter des Aldi-Projektes in Uruguay. Zusätzlich - das ist in diesem Fall also nicht die Klimarettung, sondern der Profit.
Ein weiteres "Klimakompensationsprojekt" betreibt Aldi in Kumasi/Ghana. Hier wird gewöhnlich mit Holz aus dem Regenwald über einer offenen Feuerstelle gegart. An diesem klimaschädlichen Verfahren setzen Aldi und ClimatePartner an. Handwerklich hergestellte Blechöfen sollen die offenen, ineffizienten Feuerstellen erschwinglich und effizient ersetzen. Die neuen Öfen verbrauchen angeblich nur halb so viel Holzkohle wie traditionelle Feuerstellen. Jeder der Öfen soll 1,5 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr sparen, rechnet ein Mitarbeiter vor. Auf diese Weise sollen bereits Millionen Tonnen Kohlendioxid gespart worden sein.
Recherchen des Frontal-Teams vor Ort ergaben, dass in etlichen Haushalten moderne, klimafreundliche Gasherde stehen, die bei der Verbrennung eine deutlich höhere Energieeffizienz aufweisen. Wegen der gestiegenen Gaspreise werden sie allerdings kaum genutzt. Stattdessen verbrennen die Menschen in den Aldi-Öfen die billigere Holzkohle.
Gasöfen sind aus guten Gründen nicht Teil des Projektdesigns, heißt es dazu in einem kürzlich veröffentlichten Faktencheck von ClimatePartner. Gas ist für die einkommensschwachen Haushalte zu teuer und in den ländlichen Regionen Ghanas kaum verbreitet. Der Vergleich und die Effizienzermittlung zwischen zwei unterschiedlichen Kochherden werde daher ausdrücklich nicht angestrebt.
Wenn aber Kohle Gas ersetzen soll, geht die Rechnung mit den klimafreundlichen Holzkohle-Öfen nicht auf. Die Herstellung von Solarkochern hätte das Klima womöglich weitaus effizienter geschützt als Kohle oder Gas. Die zu 100 Prozent emissionsfreien Solarkocher werden in Afrika zwar bereits angewendet, sind aber für viele Familien noch unerschwinglich.
Grüne Werbelügen auf unökologischen Produkten müssen gestoppt werden
Im Mai kündigte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) an, juristisch gegen Werbeversprechen von Unternehmen vorzugehen, die bestimmte Produkte als "klimaneutral" bezeichnen. Der Umwelt- und Verbraucherschutzverband forderte die Unternehmen auf, bestimmte Werbeaussagen zu angeblicher Klimaneutralität zu unterlassen.
Nach eigenen Angaben ging die Organisation rechtlich gegen mehrere Unternehmen vor, darunter die Beiersdorf AG, BP Europa SE, dm-drogerie markt GmbH + CO. KG, Green Airlines GmbH, The Mother Nature GmbH, Dirk Rossmann GmbH, Shell Deutschland GmbH sowie die TotalEnergies Wärme & Kraftstoff Deutschland GmbH.
Es fehlten überprüfbare Informationen zu Zahlungen sowie der tatsächlichen Klimawirkung von einzelnen Projekten, so die Begründung. Die Verbraucher werden im Unklaren darüber gelassen, wie die angebliche Klimaneutralität zustande kommt. Wer mit Umwelt- und Klimaschutz wirbt, müsse dies auch belegen.
Das Werbeversprechen der Klimaneutralität sei vielfach Verbrauchertäuschung, kritisiert DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Oft wollen sich die Unternehmen mit einem CO2-Ablasshandel grün waschen. Den Menschen werde Geld aus der Tasche gezogen, das Klima aber nicht geschützt.
Das Unternehmen habe das Wort "klimaneutral" durch "klimaneutralisiert" ersetzt, erklärte daraufhin ein Sprecherin von Beiersdorf. Den Verbrauchern gegenüber solle vermittelt werden, dass die betroffenen Produkte einen verbleibenden CO2-Fußabdruck hätten, der durch das Engagement des Unternehmens ausgeglichen werde.
Jede neutralisierte CO2-Emission ist sicher besser als jede nicht kompensierte Produktion klimaschädlicher Gase. Noch besser wäre es aber, die Emissionen von vornherein zu vermeiden, erklärt Manuel Wiemann. Fragwürdige Scheinlösungen im Globalen Süden helfen weder hier noch dort weiter. Wollen wir das Klima wirksam schützen, müssen wir die Emissionen direkt in Deutschland reduzieren, fordert der Foodwatch-Experte.
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