Griechenland: Wachsende Gewaltbereitschaft der Bevölkerung?
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Der Briefbomben-Anschlag auf Loukas Papademos und die Diskussionen darüber zeigen, dass die Ruhe der Griechen gegenüber den sozialen Einschnitten der Sparpolitik nur Oberfläche ist
Als der ehemalige griechische Ministerpräsident Loukas Papademos am vergangenen Donnerstag das Opfer eines Briefbombenanschlags wurde, konnte noch niemand ahnen, welche innenpolitische Folgen der Attentatsversuch haben würde.
Papademos, in dessen Händen die Briefbombe explodierte, erlitt Verletzungen an den Beinen, im Unterleib und Brustbereich. Er verblieb bis Dienstag auf der Intensivstation des Krankenhauses Evangelismos. Danach wurde er auf eine Station mit "besonderer Beobachtung und Pflege" verlegt. Papademos Verletzungen wurden mehrfach operativ gereinigt. Aktuell sind die Verletzungen an den Beinen der Grund für die Intensivpflege. Auch seine beiden Begleiter, ein Fahrer und ein weiterer Begleiter erlitten Verletzungen, konnten das Krankenhaus jedoch inzwischen verlassen.
Der frühere EZB-Vizepräsident hatte Griechenland vom November 2011 bis Mai 2012 regiert. Er war, nachdem Giorgos Papandreou wegen seines Vorschlags, zur Eurokrise in Griechenland ein Referendum abhalten zu wollen, auf Druck der Kreditgeber gestürzt wurde, als außerparlamentarischer Premier von der PASOK, der Nea Dimokratia und der rechtspopulistischen LAOS ausgewählt worden. Der Neunundsechzigjährige gilt als Technokrat und war Mitglied der Trilateral Commission.
Glück mit dem nicht gepanzerten Auto
Der Bombenmechanismus war in einem Briefpaket versteckt und explodierte, als Papademos das Paket im Auto sitzend in der Marni-Stasse unweit von der Avenue des dritten Septembers, somit nur wenige hundert Meter vom Zentralgebäude des Athener Polytechnikums und vom Autonomenviertel Exarchia entfernt, öffnete. Dass Papademos bei der Explosion nicht zerfetzt wurde, hat er laut Aussagen seiner Frau dem nicht gepanzerten Auto zu verdanken. Der Oberklasse-PKW aus Stuttgarter Produktion ließ die Druckwelle der Bombe entweichen.
Es liegt noch kein Bekennerschreiben vor, was gemeinhin als Indiz für weitere Bombensendungen gedeutet wird. Die so genannte Handschrift der Bombe deutet auf die "Verschwörung der Feuerzellen", eine nominell linksautonome Terrorgruppe, hin. Die Spurensuche entdeckte bei der Überprüfung der DNA Spuren, dass der Bombenbauer noch nicht in ihrer Kartei erfasst ist. Die Ermittler hoffen, aufgrund der Aussagen des Opfers eine Spur finden zu können.
Wie kam die Bombe an ihren Empfänger?
Es gab in der Vergangenheit, zuletzt im März, bereits mehrfach Briefbombensendungen in und aus Griechenland. Sendungen der "Verschwörung der Feuerzellen" schafften es bis nach Berlin ins Kanzleramt und ins Bundesfinanzministerium. Eigentlich sollten die daraufhin verschärften griechischen Sicherheitsbestimmungen dies verhindern. Es gab jedoch offenbar erneut Lücken, wie Bürgerschutzminister Nikos Toskas zerknirscht zugeben musste.
Die Verantwortlichen suchen den Fehler jedoch nicht im System, sondern bei einem Sündenbock. Der Beamte im Parlament, wo Papademos Post geprüft werden sollte, habe versagt, heißt es. Er habe den Bombenmechanismus nicht bei der Untersuchung der Post mit dem Röntgengerät identifiziert, lautet der Vorwurf.
Verschwiegen wird, dass die Sicherheitstechnik in Griechenland auch ein Opfer der Sparpolitik ist. So gab es im Außenministerium einige Wochen lang kein funktionierendes Röntgengerät zum Durchleuchten der Taschen der Besucher, was jeder Journalist, der zwischen Ende 2016 und Anfang 2017 das Ministerium besuchte, bestätigen kann.
Für die Nea Dimokratia ist das Versagen der Kontrollen ein Indiz für die Unfähigkeit der Koalitionsregierung von SYRIZA und Unabhängigen Griechen. Die Regierung würde durch ihre Untätigkeit, Laschheit gegenüber Anarchisten und Unfähigkeit den Terror fördern, verlautet die Partei des Oppositionsführers Kyriakos Mitsotakis. Die Gescholtenen werden der konservativen Partei dagegen eine schamlose Ausnutzung des Terroranschlags vor und weisen die Kritik ab.