Griechenland: erst saniert, dann verbrannt
Seite 3: Griechische Bürger bilden eigene Feuerwehren
- Griechenland: erst saniert, dann verbrannt
- Brände sind auch Folge der Sparpolitik
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Menschen, die vor dem Verlust ihrer gesamten Existenz stehen, sind zum Äußersten fähig. Dies zeigte sich als einige der jüngeren Bewohner des Ortes Rovies auf Euböa, den polizeilichen Anweisungen zur Evakuierung widersetzten. Sie blieben im Dorf, auch als es von den Flammen umzingelt war.
Sie schufen mit allem, was sie hatten – von Traktoren bis zu einfachen Werkzeugen – eine Feuerschutzschneise um den Ort; auch, indem sie ihre erntereifen Felder zerstörten. Das Dorf wurde gerettet und das Beispiel fand Nachahmer in vielen weiteren Orten auf der Insel.
Einige Szenen werden in Erinnerung bleiben. So etwa die eines Mannes, der die Flammen auf einem Feld mit einem Ast auszuschlagen versucht. Auf die Warnung des Fernsehreporters – "Hau ab, rette Dich, Dein Haus ist egal" -– antwortete er ruhig: "Das ist nicht mein Haus", um die Flammen dann weiter vom Haus fernzuhalten.
Verstörend sind solche Szenen auch, weil an den betreffenden Orten keine Feuerwehr mehr präsent war. Diese hatte die Dörfer bereits aufgegeben und kam, wenn überhaupt, erst später wieder zurück, um die Schäden zu begutachten. Solche Szenen und Erlebnisse werden das Verhältnis der Griechen zum Staat nachhaltig prägen.
Die Bewohner auf Euböa haben sich in Windeseile organisiert. Wer sich körperlich dazu in der Lage fühlt, bekämpft unter Missachtung der Evakuierungsanweisungen die Feuer. Sie transportieren Wasser in Tanks, die sie auf Pickups geladen haben. Denn mitten im Feuer brach auch noch die Wasserversorgung zusammen.
Diese Menschen wollen vermeiden, dass sich die Feuer bis zu den jeweiligen Stränden durch die Landschaft fressen. Zumindest ihre Dörfer wollten und wollen sie unter Einsatz ihres Lebens retten. Gegen das Feuer in den Wäldern haben sie keine Chance.
Dieser Einsatz ist aus zahlreichen Gründen gefährlich, die Menschen begeben sich wissentlich in Lebensgefahr. Hardalias hat bei der zweiten Ansprache ans Volk am Sonntag die Bürger eindringlich dazu aufgerufen, den Anweisungen der Behörden Folge zu leisten. Seine Autorität ist jedoch angekratzt.
Vor wenigen Tagen August rief mit Giannis Lampropoulos ein Regierungspolitiker seine Mitbürger auf, den Brandschutz der Orte selbst zu organisieren. Lampropoulos sitzt seit 1989 für die Nea Dimokratia im Parlament.
Während die Feuer noch brennen, deuten sich zahlreiche Themen für den Tag danach an. Die Regierung hat seit dem Ausbruch der Brände jedwede Pressekonferenzen vermieden. Ihre ansonsten so medienaffinen Minister sind aus dem Fernsehen verschwunden. Früher oder später wird sie sich ihrer Verantwortung stellen müssen.
Die Regierung muss ebenfalls sofort, und nicht erst nach der nächsten Katastrophe, mit Maßnahmen gegen Fluten beginnen. Wenn im September die Regen einsetzen, wird vor allem das entwaldete Euböa den Fluten ausgesetzt sein. Es ist in der Kürze der Zeit kaum machbar, die gesamte Insel zu schützen. Aber zumindest die Dörfer, die den Brand überstanden haben, müssten sofort geschützt werden, wenn nicht in wenigen Monaten erneut ein Fiasko folgen soll.
Euböa hatte als vor Athen liegendes Waldgebiet mittelbar einen temperaturregulierenden Effekt für die Hauptstädter. Viele Wetterlagen wurden von der Insel regelrecht "abgefangen". Wissenschaftler gehen davon aus, dass die aktuellen Brände über den allgemeinen weltweiten Klimawandel hinaus das lokale Klima rund um die Brandgebiete nachhaltig verändern werden.
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