Großbritannien: Eine Ära geht zu Ende
Seite 2: Zukunftspläne in London
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Offen sind auch die Langzeitauswirkungen des Brexit auf die City of London. Finanzkonzerne und ihre Dienstleistungen sind nicht Teil des Handelsvertrages. Die EU hat britischen Banken bislang nur sehr wenige und zeitlich begrenzte Äquivalenzrechte auf ihrem Territorium eingeräumt.
Die Verhandlungen zu dem Thema gestalten sich schwierig. Bislang sind beide Seiten nicht über viel mehr hinausgekommen, als sich auf regelmäßige Treffen zu verständigen. Inzwischen sind Tausende Finanzjobs aus London in Städte wie Amsterdam oder Paris ausgewandert. Ein Massenexodus ist das allerdings noch nicht.
Ein wichtiger positiver Aspekt des Handelsvertrages aus der Sicht der britischen Regierung ist die Möglichkeit, zumindest auf der britischen Hauptinsel bei Fragen staatlicher Subventionen und Regulierungen von EU-Prozeduren abweichen zu können. Einziger Wermutstropfen ist wieder einmal Nordirland, hier ist das nur sehr eingeschränkt möglich, da die Provinz sich ja weiterhin am europäischen Binnenmarkt orientiert.
Dessen ungeachtet schmiedet man in London Zukunftspläne in Gestalt von zehn neuen Freihäfen, welche an verschiedenen Küstenorten Großbritanniens errichtet werden sollen.
Diese Freihäfen sind eine von den Tories bereits länger gehegte Idee. Schon im Jahr 2016 schrieb der amtierende Finanzminister Rishi Sunak für den Thinktank Centre for Policy Studies einen Aufsatz mit dem Titel The Free Ports Opportunity. Darin behauptete Sunak, der damals noch ein einfacher Unterhausabgeordneter war, dass die EU die Einführung solcher Freihäfen verhindere und dies somit ein Argument für den Brexit sei. Mit der Einführung von Freihäfen könne man 86.000 Jobs schaffen.
Im März dieses Jahres verkündete Sunak in seiner Haushaltsrede erste Schritte in Richtung neuer Freihäfen. Reedereien und Logistikunternehmen sollen durch sie an zahlreiche Vergünstigungen gelangen können. Dazu zählen die Abschaffung von Grundstückssteuern für Infrastruktur wie zum Beispiel Lagerhäuser, eine weitgehende Abschaffung der Sozialversicherungsbeiträge für Unternehmen sowie der Wegfall zahlreicher Steuer- und Zollverpflichtungen.
Während die Assoziation britischer Hafenverwaltungen hier ein "transformatorisches Potential" für die britische Wirtschaft sieht, schlagen Gewerkschaften Alarm. So hält die Transportarbeiter:innengewerkschaft RMT die geplanten Freihäfen für "Ramschläden für multinationale Konzerne", die es zu bekämpfen gelte. Der Brexit als solcher ist erledigt. Die tiefen Risse im Gefüge Großbritanniens aber bleiben.