Großbritannien in der Stagflation

Seite 3: Nach Truss: Steuerpolitische Kehrwende

Doch kommen wir zurück nach Großbritannien. Dort vollziehen nach den neoliberalen Ausschweifungen der Kurzzeit-Regierungschefin Liz Truss ihre konservativen Torys eine steuerpolitische Kehrwende. Hatte Truss das Land fast mit ihren absurden Steuerplänen ins Chaos gestürzt, die selbst an den Finanzmärkten zu einem massiven Aufschrei führten.

Statt wie üblich die Steuern zu senken, vor allem für Besserverdiener, wie Truss in die Fußstapfen des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump treten wollte, hat die Regierung unter Rishi Sunak nun genau das Gegenteil vor. Truss wollte den Spitzensteuersatz von 45 Prozent auf 40 Prozent senken.

Unter ihrer Regentschaft sollten Großverdiener mit Einkünften über 150.000 Pfund also deutlich weniger Steuern bezahlen. Nun, so kündigte Finanzminister Hunt bei der Vorstellung seines Rettungsplans für die Wirtschaft an, fällt der Spitzensteuersatz sogar schon bei einem Einkommen über 125.000 Pfund an.

Denn es geht für ihn um nicht weniger als um die Rettung der heimischen Wirtschaft. Da auch die Höhe des Steuerfreibetrags um zwei weitere Jahre bis 2028 eingefroren werden soll, rutschen deutlich mehr Menschen durch steigende Löhne in den Bereich des höchsten Steuersatzes.

Zu der hohen Inflation hatte Hunt erklärt: "Wir können kein langfristiges, nachhaltiges Wachstum mit hoher Inflation haben." Die Inflationsbekämpfung soll höchste Priorität eingeräumt werden. Mit seinem Rettungsplan will er insgesamt 55 Milliarden Euro einsparen, um die öffentlichen Finanzen zu konsolidieren. Dazu sind eben auch Steuererhöhungen nötig.

"Wir sind ehrlich in Bezug auf die Herausforderungen und fair in unseren Lösungen", erklärte Hunt im Parlament. Er will die Quadratur des Kreises versuchen und mit seinem Plan "Schulden abbauen, für Stabilität sorgen, die Inflation senken und gleichzeitig die Schwächsten schützen". Nach seinen Plänen sollen also in Großbritannien nun endlich die mehr Steuern bezahlen, die sie auch bezahlen können.

Übergewinnsteuer für Öl- und Gaskonzerne

Neben den höheren Einkommenssteuern kündigte der Finanzminister auch an, dass die Übergewinnsteuer für Öl- und Gaskonzerne von 25 Prozent auf 35 Prozent erhöht wird, die man in Deutschland noch immer vermisst. Diese Steuer wurde auch bis 2028 verlängert.

Eingeführt werden soll zudem eine neue Steuer in Höhe von 45 Prozent für Stromproduzenten. Auch sie soll nur "vorübergehend" eingeführt werden.

Wo genau gespart werden soll, ist bisher noch weitgehend unklar. Im maroden Gesundheitsdienst soll das jedenfalls nicht geschehen. Hier kündigte Hunt sogar höhere Ausgaben an, wie auch für die Schulen.

Zwar sollen die Einklang mit der hohen Inflation steigen, aber Geringverdiener sollen weitere Reallohnverluste hinnehmen. Der Mindestlohn soll nur um knapp 10 Prozent auf 10,42 Pfund pro Stunde steigen.