Grünen-Parteitag: Die "Tesla-Partei" will an die Macht

Seite 2: Wie der deutsche Kolonialismus entschuldigt wird

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Dagegen verteidigen Teile der Grünen die Aufständischen in Hongkong bedingungslos, auch wenn dort offen prokolonialistische Kräfte stärker werden und dort militante Angriffe auf Polizei und staatliche Einrichtungen ausgeübt werden, die die Grünen selbst in ihrer rebellischen Frühphase in Deutschland nie verteidigt hatten.

Der Kommentar, der kürzlich in der Taz zu den Hongkong Unruhen zu lesen war, zeigt auch, wie man dabei die aktuelle Linke zum Feind macht und noch die deutsche Kolonialgeschichte entschuldigt, die aufzuarbeiten den Grünen ja eigentlich ein Anliegen sein müsste.

Ausnahmsweise soll mal eine längere Passage des Kommentars zitiert werden, weil hier deutlich wird, wie deutsche Geschichte entsorgt wird.

"Was Anklänge an Xian Jining hat, der jüngst verkündete, Separatisten würden "die Knochen zu Staub zermahlenen", soll aus dem Mund des Linken-Politikers nur bedeuten: Wir haben einst Schuld aufgeladen, und sollten nun den Mund halten. Dass man durch Wegsehen im Heute die historische Schuld von Morgen erschafft, weiß er als Deutscher hoffentlich.

Frank Steffel (CDU) gab den Fatalisten: Hongkong sei schwach, auf das Festland angewiesen und ohnehin verdammt, in naher Zukunft im großchinesischen Reich aufzugehen - "Eine Unabhängigkeit Hongkongs zu fordern, ist mehr als unrealistisch." Dabei bringt er - unbewusst? - dass Narrativ der chinesischen Staatsmedien ins Spiel. Separatismus kommt allerding entgegen den gebetsmühlenartigen Behauptungen aus Peking in den fünf Forderungen der protestierenden Mehrheit noch immer nicht vor. Auch an anderer Stelle ist Steffel eher am Puls der Staatspropaganda: Die Proteste seien, wo sie gewalttätig werden, "zu unterbinden". Dass die Eskalationsspirale erst begann, nachdem man in Hongkong statt auf Dialoge auf Knüppel und Tränengas setzte, und eine immer gewaltbereitere Polizei immer weniger zur Rechenschaft gezogen wird, blendet er aus.

Das große Hindernis liegt aber wohl weder in der Gewalt noch in der Kolonialschuld oder der vermeintlichen Aussichtslosigkeit, sondern in der Angst, den Wirtschaftspartner China zu vergraulen. "Wir müssen im Hinblick auf unser Verhältnis mit China Wirtschafts-, Außen-und Sicherheitspolitik und Menschenrechte zusammendenken", sagt Metin Hak Verdi. Und dann bemüht er die alte, abgegriffene, wirklich nicht mehr haltbare Phrase vom "Wandel durch Handel", den "wir unbedingt weiter fortsetzen" müssten. Dabei sind in Wahrheit wir es, die uns unter der wirtschaftlichen Abhängigkeit Chinas langsam zum Schlechten wandeln. Unsere Unternehmen üben Selbstzensur, wenn Peking poltert, man hätte mit einem Dalai-Lama-Zitat die "Gefühle des chinesischen Volkes verletzt". Unsere Politiker lassen Freiheitsrechte nur noch in Worten, jedoch nicht mehr in Taten anklingen.

Malenki Bischoff, Taz

Das ist keine offizielle Stellungnahme der Grünen. Aber in dem Text in einer grünennahen Zeitung sind alle Elemente einer aggressiven Strategie des deutschen Kapitals in der gegenwärtigen Akkumulationsphase enthalten, wenn es darum geht, Konkurrenten im globalen Weltmaßstab die Grenzen zu zeigen.

Der chinesische Kapitalismus gehört nun zu den größten Konkurrenten. Wenn solche Strategen mehr Einfluss auf die Außenpolitik in der Deutsch-EU haben, könnte man sich wünschen, diejenigen hätten Recht behalten, die den Grünen 1999 ein baldiges Ende prophezeiten.