Grüner Deal – mit welchem Ziel?

Seite 2: Kapitalismus und Klimakrise im Vertrag der Ampel-Koalition

Der Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien greift auf, was die Bündnisgrünen erklären (Kapitel 3):

Wir stellen die Weichen auf eine sozial-ökologische Marktwirtschaft und leiten ein Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen ein. Damit legen wir die Grundlagen, um nachhaltigen Wohlstand zu sichern und schaffen Raum für Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und mehr Effizienz, für gute Arbeit, sozialen Aufstieg und neue Stärke.

Das würde auch die CSU unterschreiben; ihr Parteivorstand erklärte 2019 in dem Papier "Die Klimastrategie der CSU – Klima schützen, Konjunktur stützen":

Unsere Soziale Marktwirtschaft müssen wir um die ökologische Dimension und damit um ein nachhaltiges Wirtschaften erweitern. Die Ökosoziale Marktwirtschaft vereint soziale, ökonomische und ökologische Ziele gleichermaßen.

Der Begriff der sozialen Marktwirtschaft, angereichert mit Umweltschutz findet sich auch im AfD-Programm:

Der Punkt des Umweltschutzes entlarvt sich als Lippenbekenntnis, folgt doch auf die Aussage "Eine gesunde Umwelt ist die Lebensgrundlage für alle Menschen und zukünftige Generationen" deren Relativierung mit diesen Worten: "Naturschutz darf nicht zu Lasten der Menschen gehen.

Dass eine zerstörte Natur erst recht zu Lasten der Menschen geht, fällt den Parteiideologen offensichtlich nicht auf.

Auch die Schwesterpartei der AfD in Österreich, die FPÖ propagiert eine sogenannte soziale Marktwirtschaft und Umweltschutz:

Wir bekennen uns zu einer Marktwirtschaft mit sozialer Verantwortung ... und den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen in einer wertvollen Natur- und Kulturlandschaft.

Diese programmatische Übereinstimmung wischt einerseits die Unterschiede zwischen den Parteien in anderen Punkten nicht weg, sie drückt aber aus, dass sich hier aufgrund der Gemeinsamkeiten in der ökonomischen Grundausrichtung Fragen an die Chance der Überwindung der Zukunftsgefährdungen mit diesen Kräften stellen.

Die Kunst, die richtigen Fragen zu stellen

Gegenaufklärung muss alles radikal auf den Prüfstand stellen – etwa: Belebt Konkurrenz das Geschäft? Ist Sicherheitspolitik militärisch durchzuführen? Hilft Wachstum aus Krisen? Folgt Wohlstand, wenn alle egoistisch handeln, wie es der Theoretiker des Kapitalismus Adam Smith anpreist?

Solange offen ist, wohin die Reise geht, ist es das Gebot der Zeit, den Weg zum rettenden Ufer mit einer Doppelstrategie möglichst weit und beständig offenzuhalten – mit Hilfe von kurzfristig durchzuführenden Einzelmaßnahmen wie dem Ausstieg aus Technologien wie jenen, die der Verbrennung fossiler Energien und der Atomkraft bedürfen; diese Schritte müssen dann durch gesellschaftliche Umwälzungen nachhaltig werden.

Vielleicht ist die Gefahr einer globalen Existenzkrise für die Menschheit zugleich ihre große Chance, erwachsen zu werden, ihr Schicksal als Weltgemeinschaft in die eigene Hand zu nehmen, sich nichts mehr vorzumachen.

Das wäre eine Gesellschaft, in der keine 'wirtschaftlich Mächtigen' und obszön Reichen mehr "über den Arbeitsprozess, das Arbeitsergebnis und die Existenzbedingungen der großen Mehrheit der Bevölkerung bestimmen", wie es im eingangs zitierten ersten Grünen Programm hieß. Wenn sich immer mehr Menschen den Aufgaben stellen, die sich aus dem Auftrag an die Lebenden ergeben, die Gesellschaft so zu gestalten, dass zukünftige Generationen auf dieser Basis aufbauend weiter kreativ Zukunft gestalten können, dann gibt es vielleicht einen Weg zum rettenden Ufer.

Dann sind keine äußeren Mächte mehr verantwortlich für das, was geschieht, kein Gott, keine Zauberer, keine feindliche Macht, sondern dann gestalten die Menschen das Leben kooperativ mittels einer bewussten Anpassung an die Umweltbedingungen entsprechend ihren gemeinsamen Bedürfnissen.

Dann ist der Stoffwechsel zwischen den Menschen und der sie umgebenden Natur nicht mehr durch das Interesse von bereits finanzstarken Konzernen und hier vor allem der multinationalen Konglomerate nach Verwertung von Ressourcen und Vermarktung von Produkten gebrochen.

Hier ist zu betonen, dass sich die Kritik nicht nur auf die Konzerne und deren Eigner und leitende Manager reduzieren darf, denn diese nehmen lediglich Positionen im System der Konkurrenz der einzelnen nationalen Kapitalsysteme ein. Bleibt die Kritik auf der oberflächlichen Ebene der Anklage von Akteur*innen, dann übergeht sie die Tatsache, dass die Positionen in einer Architektur von der Spitze der Mittelschichten bis an den untersten sozialen Rand der Gesellschaft das Problem darstellt.

Eine reduzierte Kritik etwa an sogenannten Eliten oder Verschwörern lenkt vom System ab und wird scheitern, ins Leere laufen und so einen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Zukuftsgefährdung leisten.

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