Grüner Wasserstoff und das Ammoniak-Dilemma: Risiken in der Energiewende

Grüner Wasserstoff ist zentral für Energiewende, doch sein Transport ist problematisch. Ammoniak könnte als Alternative dienen, birgt jedoch erhebliche Umweltrisiken.

Grüner Wasserstoff spielt bei der Energiewende eine entscheidende Rolle. Deutschland wird künftig voraussichtlich große Mengen des Gases importieren müssen. Doch weil es besonders flüchtig ist, gestaltet sich der Transport schwierig.

Abhilfe könnte Ammoniak (NH3) schaffen, das aus Wasserstoff und Stickstoff hergestellt wird. Es lässt sich leichter per Schiff oder Pipeline transportieren. Später kann Ammoniak entweder direkt verbrannt oder wieder in Wasserstoff umgewandelt werden.

Bundesregierung und Wissenschaft: Ammoniak in der Energiepolitik

Die Bundesregierung und die Wissenschaft messen Ammoniak eine große Bedeutung bei. "Grünes Ammoniak ist ein vielversprechender Energieträger, der es ermöglicht, aus weit entfernten Gebieten mit geringer Bevölkerungsdichte erneuerbare Energien zu ‚ernten‘", sagte Michael Sterner, Professor an der Technischen Hochschule Regensburg. Über "wertebasierte Energiepartnerschaften" könnte Wertschöpfung in den globalen Süden gebracht und Deutschland mit ausreichend Energie versorgt werden.

Die Bedeutung, der man in Deutschland Ammoniak beimisst, zeigt sich auch bei den LNG-Terminals an Nord- und Ostsee. Sie sollen so gebaut werden, dass sie in Zukunft leicht auf Wasserstoff oder Ammoniak umgestellt werden können.

Doch während die Bedeutung von Ammoniak für die Energiewende betont wurde, blieben die Auswirkungen des Gases auf die Umwelt weitgehend unberücksichtigt. US-Forscher haben nun in der Fachzeitschrift "PNAS" eine Studie veröffentlicht, die diese Lücke schließt.

Gesundheits- und Klimarisiken durch Ammoniak

Es ist daher nicht auszuschließen, dass Ammoniak in besonderem Maße umwelt- und klimaschädlich werden kann. Bei der Herstellung, der Rückumwandlung von Ammoniak in Wasserstoff und Stickstoff und bei unvollständiger Verbrennung können unter Umständen große Mengen reaktiver Stickstoffverbindungen wie NH3, Stickoxide (NOx) und Lachgas (N2O) entweichen.

Stickoxide sind gesundheitsschädlich. Sie können tödliche Atemwegserkrankungen hervorrufen. Und Lachgas ist nach Angaben des Umweltbundesamtes etwa 300-mal so klimawirksam wie Kohlendioxid.

Die Landwirtschaft ist bisher der Sektor mit den höchsten Stickstoffemissionen. Durch die energetische Nutzung von Ammoniak könnte im ungünstigsten Fall noch einmal die Hälfte der heute in der Landwirtschaft emittierten Menge hinzukommen, schätzt das Autorenteam. Den Anteil des Stickstoffs, der von der Produktion bis zur Verbrennung in verschiedenen Verbindungen entweicht, schätzen die Forscher auf 0,5 bis 5 Prozent.

Für die Verbrennung von Ammoniak bedeutet das zum Beispiel: Entsteht dabei viel Lachgas, wäre die Verbrennung pro erzeugter Kilowattstunde klimaschädlicher als Kohle. Entsteht dagegen wenig, läge der Klimaeffekt laut Science Media Center (SMC) in der Größenordnung von Solar- oder Bioenergie.

Forschungslücken und Herausforderungen in der Ammoniak-Nutzung

Es besteht also noch erheblicher Forschungsbedarf, um die Emissionen von Ammoniak oder anderen Stickstoffverbindungen zu reduzieren. Doch das gestaltet sich schwierig, wie Heidi Heinrich, Leiterin der Gruppe "Energiepotenziale und Versorgungspfade" am Forschungszentrum Jülich, betont.

"Wenn man Ammoniakemissionen regulieren wollte, müsste man diese erfassen können", sagte sie. Denn laut Studie sei ein Ammoniakaustritt nur für wenige Stunden messbar. Für eine Überwachung "wäre eine nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich hohe Auflösung für die globale Erfassung nötig". Doch sie wäre mit massiven Kosten verbunden und erscheint daher als eher unwahrscheinlich.

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