Guaidó verbreitet Durchhalteparolen und bringt eine Militärmission aus dem Ausland ins Spiel
Zweiter Stromausfall in Venezuela, Maduro bezichtigt die USA eines ausgefeilten Cyberangriffs auf die Stromversorgung
Gestern war es nach Netblocks zu einem zweiten Stromausfall in Venezuela gekommen, der praktisch das gesamte Internet lahmgelegt haben soll. Als Ursache wird eine Explosion in dem Umspannwerk Sidor, Guyana, genannt. Nachdem bereits die Stromversorgung teilweise wiederhergestellt worden war, war sie wieder zusammengebrochen.
Unklar ist auch hier ebenso wie im Wasserkraftwerk Simón Bolívar (El Guri) die Ursache. Es kann sich in der Folge des Blackout um eine Panne aufgrund des desolaten Zustands der Infrastruktur handeln, wie das die Opposition behauptet, aber auch um einen Anschlag oder eine Sabotage, um die Regierung von Maduro zu schwächen. Die hatte bereits den ersten Stromausfall in Guri als "elektrischen Krieg" und als "kybernetische Sabotage" bezeichnet. Nach dem Minister für Kommunikation, Tourismus und Kultur, Jorge Rodríguez, war die zentrale Steuerung des Kraftwerks angegriffen worden, wodurch Generatoren lahmgelegt worden seien (Blackout in Venezuela: Sabotage oder heruntergewirtschaftete Infrastruktur?). Verwegene Vermutungen wären, dass die Regierung Maduro selbst den Stromausfall verursachte, um die Opposition mit dem Notstand und der fehlenden Kommunikation zu schwächen und in Nachfolge des "Ölkriegs" oder des Wirtschaftskriegs" von einem aus dem Ausland gesteuerten "elektrischen Krieg" gegen das Land sprechen zu können.
Der erneute Stromausfall ereignete sich gestern, bevor Guaidó und Maduro in Caracas Demonstrationen organisiert hatten. Es versammelten sich jeweils Tausende von Anhängern, Guaidó konnte allerdings wieder keinen entscheidenden Durchbruch erzielen und scheint trotz anhaltender US-Unterstützung zu merken, dass der von ihm eng mit der US-Regierung koordinierte Protestbewegung allmählich der Atem ausgeht, weil der Regime Change auf sich warten lässt, nachdem bereits der Plan, die Sicherheitskräfte mit der Lieferung der humanitären Hilfe und dann der Rückkehr von Guaidó ins Land zu provozieren, nicht funktioniert hat, um die Massen zu mobilisieren und Hilfe vom Ausland zu legitimieren.
Venezolanern ist die Geschichte von Interventionen seitens der USA klar. Es kam nicht von ungefähr, dass sich Hugo Chavez durchsetzen konnte, der auch schon mit einem von den USA aus orchestrierten Putsch entmachtet werden sollte. Die Drohungen gegenüber der Maduro-Regierung haben diese wohl letztlich gestärkt, weswegen der Druck und die Umsturzpläne seitens der USA von Maduro auch entsprechend ausgewalzt werden.
Maduro: Anschlag mit einer "ausgefeilten Cybertechnik"
Auf der Kundgebung am ausgerufenen "Tag des Antiimperialismus" wies Maduro auf den zweiten Stromausfall gestern hin, der erneut zu einem landesweiten Blackout führte, nachdem bereits 70 Prozent der Stromversorgung wiederhergestellt worden seien. Es handele sich um einen "guerra de desgaste" (Verschleißkrieg). In den Stromkonzern Corpoelec seien Saboteure eingeschleust worden, es handele sich um einen Anschlag mit einer "ausgefeilten Cybertechnik, die nur die USA besitzen". Damit seien "elektromagnetische Angriffe gegen die Übertragungsnetze" ausgeführt worden. Der "elektrische Angriff" sei größer, als er jemals gegen ein lateinamerikanisches Land geführt wurde.
Sollte es sich um gezielte Sabotage handeln, wäre dies ein Beispiel für die hybride Kriegsführung, die allerdings in Venezuela deswegen so gut die Stromversorgung lahmlegen kann, weil diese extrem zentral ist und fast ausschließlich von dem Wasserkraftwerk Guri abhängt. Aber auch wenn es eine Panne war, zeigt dies die Gefahren einer aufgrund seiner Zentralisierung kaum resilienten Infrastruktur und die auch aus Gründen nationaler Sicherheit bestehenden Vorteile einer dezentralen, stark auf erneuerbaren Energien beruhenden Stromversorgung.
Was die Ursache der Stromausfälle in Venezuela betrifft, so bleibt dies bislang für Beobachter von außen eine Frage der Spekulation oder der politischen Einstellung. Guaidó sieht den Blackout als Folge und als Symptom der korrupten Regierung, die er nur noch "Usurpatoren" nennt, obgleich sie durch Wahlen, wenn auch umstritten, an die Macht kam, während er sich nur als Vorsitzender der Nationalversammlung mit der amerikanischen Rückendeckung selbst zum Übergangspräsidenten ernannt hatte.
"Wir werden den Artikel 187 aktivieren, wenn der Tag kommen wird"
Gestern rief der sich als Messias gerierende Oppositionsführer seine Anhänger dazu auf, geschlossen zu bleiben. Die Welt müsse wissen, dass man weiter auf die Straße gehen werde. Man habe viel erreicht und müsse nun weitergehen bis zur Befreiung des Landes. Wieder kündigte er an, dass man in den nächsten Tagen auf friedliche und organisierte Weise Caracas übernehmen werde.
Es würden harte Tage werden, da das "Regime" versuche, die Opposition zu spalten. Das alles klingt schon sehr nach verzweifelten Durchhalteappellen. Aber dann hat sich Guaidó anscheinend auch noch dazu hinreißen lassen, nicht nur noch einmal auf Twitter auf den Artikel 233 der Verfassung zu bestehen, sondern sich auch auf Artikel 187 stützen zu wollen, der u.a. die Nationalversammlung berechtigt, das venezolanische Militär im Ausland einzusetzen oder ausländische Militärmissionen im Land zu genehmigen: "Es werden harte Tage kommen. Das Regime wird versuchen, uns zu spalten. Wir werden den Artikel 187 aktivieren, wenn der Tag kommen wird."
Auf seinem Twitter-Account wird allerdings hier Artikel 233 genannt. Nach Medienberichten soll er aber 187 gesagt haben, worauf Anhänger gerufen haben sollen: "Intervention!" Guaidó hat zudem erneut erklärt, dass alle Optionen auf dem Tisch liegen würden, also auch eine militärische Intervention, was auch die US-Regierung als Drohkulisse aufrechterhält.
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