Gute Geschäftsaussichten mit "climate ready" Pflanzen

Die Umweltorganisation ETC berichtet von einer Flut an Patentanträgen für klimataugliche Gene und Eigenschaften durch die großen Biotech-Konzerne

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Die Klimaerwärmung ist nicht nur ein Problem, das die Politik und die Gesellschaften vor neue Aufgaben stellt, sondern sie kann auch zu einem großen Geschäft werden, wenn es um deren Bekämpfung durch die Entwicklung neuer Techniken geht. Die Chance, die die Klimaerwärmung (und die gegenwärtige Nahrungskrise) den Herstellern von genveränderten Pflanzen eröffnet, haben diese längst ergriffen. Neben den Versuchen, die vor allem in Europa herrschende Ablehnung zu überwinden, wollen große Biotech-Konzerne nun sicherstellen, dass sie auch über die Patente für die möglicherweise lukrativen genveränderten Pflanzen verfügen.

Nach einem Bericht der in Kanada ansässigen Umweltschutzorganisation ETC haben BASF, Bayer, Dupont, Syngenta und Monsanto weltweit eine Flut von über 500 Patentanträgen für genveränderte Pflanzen gestellt, die für die durch die Erwärmung veränderten Bedingungen besser geeignet sind. Die Patentanträge, die 55 Erfindungen beinhalten, decken "climate ready"-Pflanzensorten ab, die etwa Trockenheiten, Hitzeperioden, erhöhte Strahlung oder Überflutung überstehen können.

BASF und Monsanto kooperieren in einem 1,5 Milliarden US-Dollar teuren Projekt, um Mais, Sojabohnen, Baumwolle und Zuckerrohr stresstoleranter zu machen. Beide Konzerne haben etwa die Hälfte der Anträge eingereicht. In einem u.a. von der Gates-Stiftung geförderten Projekt sind neben dem International Maize and Wheat Improvement Center (CIMMYT) auch Monsanto und BASF beteiligt, um für vier afrikanische Staaten trockenheitsresistente Pflanzen zu entwickeln. Auch das wäre als Versuch deutbar, hier erst einmal mit solchen Projekten den Boden zu bereiten.

Sorgen bereitet der ETC auch die Versuche, mit den Patentanträgen möglichst umfassende Rechte zu erwerben, um damit Konkurrenten zu behindern. So hat BASF einen Patentantrag für ein Gen zur Toleranz von "Umweltstress" eingereicht, das für alle folgenden genveränderten Pflanzen gelten soll: "maize, wheat, rye, oat, triticale, rice, barley, soybean, peanut, cotton, rapeseed, canola, manihot, pepper, sunflower, tagetes, solanaceous plants, potato, tobacco, eggplant, tomato, Vicia species, pea, alfalfa, coffee, cacao, tea, Salix species, oil palm, coconut, perennial grass and a forage crop plant."

ETC warnt davor, dass die Gentech-Konzerne die Landschaft weiter industrialisieren und sich Monopole über die Pflanzen mit "klimakorrigierenden" Eigenschaften sichern wollen. Alleine für größere Resistenz gegen Trockenheit soll es 50 Gene für die verschiedenen Nutzpflanzen geben. Angestrebt werden nach ETC Pflanzensorten, deren Gene verändert wurden, um möglichst mehrere neue Eigenschaften zu erzeugen.

Über die an die Folgen der Klimaerwärmung angepassten genveränderten Pflanzen wollen die Konzerne nach Ansicht von ETC nicht nur das Image von Gentechnik verbessern, sondern vor allem auch auf die Märkte der Entwicklungsländer gelangen, die sich bislang weigerten oder für die das Saatgut zu teuer war. Die schwersten Folgen der Klimaerwärmung müssen die ärmsten Länder tragen, dort wären daher auch neue Pflanzensorten am wichtigsten. Die Umweltschutzgruppe warnt, dass die Gentech-Konzerne mit ihren Produkten andere, etwa von der Weltbank und den Vereinten Nationen unterstützte Institutionen unterlaufen könnten, die ihre Züchtungen kostenlos zur Verfügung stellen.

Überdies könnte das Einbringen neuer Gene beispielsweise für höhere Trockenheitstoleranz unerwünschte und unvorhersehbare Auswirkungen auf andere Eigenschaft haben. Darauf hat ein Bericht der australischen Grain Research & Development Corporation hingewiesen. Pflanzen mit Trockenheitstoleranz können offenbar kleiner werden und geringere Ernten ermöglichen. Ähnliches werde vom International Crops Research Institute for the Semi-Arid Tropics (ICRISAT) für Pflanzen mit stressreduzierenden Genen berichtet.

"Global kontrollieren die 10 größten Saatgutkonzerne bereits 57 Prozent der Saatverkäufe", sagt ETC und sieht den Trend zu den gentechnisch veränderten, klimatauglichen Pflanzen einen weiteren Schritt, "um den Rest des Marktes zu übernehmen". An der Gentechnik lassen die Umweltschützer kein gutes Haar und forderten von den Regierungen, die an der 9. Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD)in Bonn teilnahmen, alle eingereichten Patentanträge für die "climate ready" Gene und Eigenschaften ruhen zu lassen und zuerst eine umfassende Untersuchung über die möglichen Folgen für Gesellschaft und Umwelt durchführen zu lassen. Wichtig für die Behebung der Nahrungsmittelkrise sei die Veränderung von restriktiven Gesetzen zum Schutz des geistigen Eigentums, Verträgen und Handelsübereinkommen, die die Möglichkeiten der Bauern beschränken, Pflanzen zu züchten und Saatgut aus der Ernte zurückzubehalten und es austauschen zu können.

Beschlossen haben die Vertragsparteien des internationalen Abkommens auf der 4. UN-Konferenz zur Biologischen Sicherheit (MOP 4) am Freitag in Bonn eine Ergänzung des Cartagena-Protokolls zum grenzüberschreitenden Handel mit gentechnisch veränderten Organismen. Bis 2010 sollen verbindliche Regeln für die Haftung und Wiedergutmachung von Schäden formuliert werden, die von genveränderten Organismen verursacht wurden. Um mehr als eine vage Absichtserklärung handelt es sich bislang allerdings nicht.