Gysi doch nicht allein zu Haus
Der Bush-Besuch sorgt schon für Streit in Berlin
Wenn US-Präsident Georg Bush vom 21. bis 23. Mai Berlin besucht abstattet wird er nun doch nicht von Vizebürgermeister Gregor Gysi als hochrangigstem Vertreter der Stadt begrüßt. Klaus Wowereit will nun doch seine Dienstreise nach Australien verschieben oder absagen.
Das mögliche Fernbleiben des Bürgermeisters hatte die Hauptstadt-CDU auf die Barrikaden getrieben. Empört wurde auch auf die Ankündigung einiger Senatoren wie der Sozialsenatorin Heidi Knacke Werner (PDS) reagiert, sich an den Protesten gegen den Bush-Besuch zu beteiligen. Die Oppositionsparteien CDU und FDP werfen der PDS vor, mit "gewaltbereiten Autonomen" zu paktieren und verwiesen zugleich auf die Ausschreitungen am und um den 1.Mai. Der habe sogar in Washington Ängste wegen der Sicherheit der Staatsgäste hervorgerufen, meinte ein CDU-Sprecher.
Tatsächlich ist der Hinweis auf den 1.Mai auch für den Berliner Senat ein neuralgischer Punkt. In allen Stellungnahmen erklärte Innensenator Körting, dass für den Bush-Besuch das Deeskalationskonzept nicht gilt. Wenn der US-Präsident in Berlin weilt, wird mit massiver Polizeipräsenz gerechnet. Nicht nur das deutsche Sondereinsatzkommando (SEK), auch amerikanische Anti-Terror-Einheiten und Scharfschützen werden dann in Berlin präsent sein.
Manche Westberliner denken noch an die Jahre 1981 und 1987, als während des Besuches des US-Präsidenten Ronald Reagan quasi der Notstand in Berlin ausgerufen wurde. Höhepunkt war die vollständige Abriegelung von Kreuzberg, der als Zentrum der Reagan-Gegner galt. Die Polizeigewerkschaft im Deutschen Beamtenbund knüpft an solche Szenarien an. Sie wendet sich gerade nach dem 1.Mai gegen jede weitere Deeskalationsstrategie und verlangt ein Verbot linker Demonstrationen. Es wird darauf verwiesen, dass eine solche Linie befürchtete Krawalle während des Natogipfels Ende Januar in München verhindert hätte (Politische Kultur in Bayern).
Doch damit steht die konservative Interessenvertretung der Polizei bisher allein da. Niemand rechnet zur Zeit damit, dass es vom 21. bis 23. Mai ein Revival der 80er Jahre in Berlin geben wird. Das liegt auch an der unterschiedlichen Zusammensetzung der Protestszene. Waren es in den 80er Jahren vor allem autonome und internationalistische Gruppen, die gegen Reagan mobilisierten, sind es jetzt vor allem Friedensgruppen aus dem gesamten Bundesgebiet, die unter der schlichten Losung "Wir wollen Ihre Kriege nicht Herr Präsident, wir wollen überhaupt keine Kriege" zu den Protesten gegen Bush aufrufen. Schon das Motto der Veranstaltungen Achse des Friedens zeigt den strikt gewaltfreien Kurs der Initiatoren. Es wird erwartet, dass sich an der zentralen Demonstration am Vorabend des Bush-Besuchs am 21.Mai auch viele Globalisierungsgegner beteiligen werden. Daneben wird auch via Internet zu weiteren kreativen Widerstand während des Bush-Besuches aufgerufen.