Händewaschen als Luxus: WHO erinnert an Entwicklungsziel
Etwa drei von zehn Menschen weltweit konnten zu Beginn der Pandemie eine der wichtigsten Hygieneregeln gar nicht befolgen
Die trockene und rissige Haut an den Fingern zu Beginn der Pandemie war gewissermaßen ein Privileg: Im Globalen Norden dürften die meisten Hände öfter, länger und mit wärmerem Wasser als sonst gewaschen worden sein. Etwa 129 Liter Wasser pro Tag und Person wurden 2020 in Deutschland in Trinkwasserqualität verbraucht - etwa vier Liter mehr als im Vorjahr.
Häufiges Händewaschen mit Wasser und Seife gilt als eine der wichtigsten Präventionsmaßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus - allerdings hatten zu Beginn der Pandemie etwa drei von zehn Menschen weltweit zu Hause gar keine Möglichkeit, diesem guten Rat zu folgen. Dies berichteten die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das UN-Kinderhilfswerk Unicef am Donnerstag in Genf. 46 Prozent der rund 7,8 Menschen weltweit hatten zu Hause keine Toiletten und Duschen.
Mehr Tempo gefordert
Eines der Entwicklungsziele der Vereinten Nationen besteht darin, alle Menschen der Welt bis 2030 adäquat mit Wasser und Sanitäranlagen zu versorgen. Das sei mit den derzeitigen Anstrengungen nicht zu erreichen, mahnt die WHO. Besonders prekär sei die Lage in Afrika. Allerdings ist eine leichte Verbesserung im Vergleich zu 2016 feststellbar - damals wohnten oder lebten nach WHO-Angaben mit 53 Prozent noch mehr als die Hälfte der Menschen ohne Toiletten und Duschen.
Die Fortschritte gehen laut WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus aber zu langsam vonstatten: Wenn es so weiter gehe wie bisher, dann müssten 2030 voraussichtlich mehr als 1,5 Milliarden Menschen immer noch ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitären Anlagen leben. "Investitionen in Wasser, Sanitäranlagen und Hygiene müssen weltweit zur Priorität werden, um die Pandemie zu beenden und widerstandsfähigere Gesundheitssysteme aufzubauen", sagte Ghebreyesus am Donnerstag.
Meerwasserentsalzung wäre ein Weg
Unerreichbar ist das Entwicklungsziel nicht. Lange Zeit galt Meerwasserentsalzung als zu aufwändig und energieintensiv. Inzwischen gibt es aber Verfahrenstechniken zur Meerwasserentsalzung ohne Verdampfung, die mit Solarstrom und Hybridlösungen auskommen. Aus einem Forschungs- und Entwicklungsprojekt an der Universität Erlangen-Nürnberg ist ein Start-up entstanden, das 2020 eine solche Anlage in Ghana installiert hat. Weitere Interessenten kommen aus Indien und Chile. In großem Stil angewandt und gefördert werden diese Verfahren aber bisher nicht.
Die Vereinten Nationen leiden unter anderem an der schlechten Zahlungsmoral ihrer Mitgliedsstaaten - sie führen nicht etwa eine Liste der säumigen Zahler, sondern eine "Ehrenliste" der Staaten, die ihre Mitgliedsbeiträge pünktlich zahlen. Derweil verlangt die Nato von ihren Mitgliedsstaaten, perspektivisch zwei Prozent ihres jeweiligen Bruttoinlandsprodukts für Rüstung und Militär bereitzustellen.