Hambacher Forst: Kampf um einen sterbenden Wald
Das VG Aachen fordert die Räumung eines Aktivisten-Camps. Die Zukunft des Waldes ist weiter ungewiss
Fast genau ein Jahr ist es jetzt her, dass die Baumhausdörfer im Hambacher Forst mit einem wochenlangen ausufernden Polizeieinsatz geräumt wurden. Der Kampf der Behörden und des Energieriesen RWE gegen Waldbesetzer und Umweltschützer hatte bundesweit Schlagzeilen gemacht und eine immense Welle der Solidarität verursacht sowie die Debatte um den Braunkohleausstieg befeuert.
Heute ist das kleine Waldstück am Rande des Tagebaus zwischen Köln und Aachen längst wieder besetzt. Neue Baumhausdörfer sind entstanden. Doch die Solidarität mit den Aktivisten ist vielerorts deutlich abgeebbt, Ernüchterung hat sich breitgemacht.
Auf den Waldwegen haben die Besetzer alle paar Meter Barrikaden errichtet und Gräben ausgehoben - die letztlich von eher symbolischem Wert sind, bedenkt man, dass solche Maßnahmen auch 2018 nicht dazu beitrugen, die Polizei längerfristig aufzuhalten.
Militante Aktionen
Statt nach Waldschutz mutet das Bild aktuell eher wie ein Abenteuerspielplatz an. Dass auf Plakaten und Graffiti Sprüche wie "Kill All Cops" prangen, macht es nicht besser. Zwar gab es Fälle von unverhältnismäßiger Gewaltanwendung seitens der Polizei, gerade während der Räumungen wirkten die meisten Beamten aber vergleichsweise besonnen und auch selbst nicht unkritisch gegenüber der ganzen Angelegenheit.
Aus den Reihen der Aktivisten werden derweil immer wieder militante Aktionen verübt, zuletzt sollen Beamte mit Molotow-Cocktails angegriffen worden sein. Dass zwar eine Mehrheit der Bundesbürger Umfragen zufolge den Erhalt und Schutz des Waldes befürwortet, zugleich aber Gewaltanwendung ablehnt, scheint bei den Aktivisten nicht anzukommen, die so nicht nur der eigenen Sache schaden, sondern RWE auch regelmäßig genau die Argumente an die Hand liefern, die der Konzern braucht, um die Waldschützer zu diskreditieren.
Diese Situation ist es auch, die nun zu einem neuen Urteil des VG Aachen geführt hat. Seit knapp sieben Jahren nutzen die Aktivisten das Wiesencamp am Waldrand als ihr Basislager. Dort stehen Hütten, Zelte und Wohnwagen. Die Wiese gehört RWE nicht, der Besitzer duldet die Besetzer. Doch da vom Camp aus Straftaten begangen würden, so das Gericht, müsse das Camp nun geräumt werden.
Darüber hinaus wurde das Baurecht bemüht, da es für die Anlagen keine Genehmigung gibt. Zwar kann der Besitzer der Wiese noch in Berufung gehen - ob das von Erfolg gekrönt sein wird, ist aber fraglich. Sollte es im Fall der Räumung erneut zu einem wochenlangen Kampf von Besetzern gegen die Polizei kommen, wäre dem Wald jedenfalls ein Bärendienst geleistet.
Eine Studie von Greenpeace zeigte derweil, dass der Wald stark gefährdet ist. Durch den Tagebau werde ihm Feuchtigkeit entzogen, was ihn zusätzlich zu den Folgen der Trockenheit im Sommer belastet.
Die Grube beginnt gerade mal fünfzig Meter hinter dem Waldrand; auf der Schneise patrouillieren Sicherheitsteams von RWE. Wer heute den Hambacher Forst besucht, kann das sehen. Vor allem an den Rändern auf der Tagebauseite stehen vertrocknete Bäume, im Wald sind große Brachflächen und festgestampfte Wege - letzteres auch Folge der wochenlangen Belastung während der Räumungen.
Unabhängig vom Ausgang des juristischen Tauziehens um den Erhalt des Hambacher Forsts könnte am Ende der Kleinkrieg, der in und um den Wald ausgetragen wird, so nachhaltigen Schaden anrichten, dass es am Ende nicht mehr viel gibt, das sich zu retten lohnt.
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