Harte Live-Debatte zwischen Rutte und Wilders

Seite 2: Staatsmann gegen Twitterpolitiker

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Wilders' Forderung, auf die Eskalation mit der Ausweisung des türkischen Botschafters zu reagieren, gab Rutte die Gelegenheit zum staatsmännischen Auftreten: Hier zeige sich eben der Unterschied zwischen vernünftiger politischer Führung und jemandem, der sich am liebsten vom Sofa aus über Twitter äußere.

Letztere Anspielung auf Wilders, der wie auch Donald Trump gerne über Online-Kanäle an den klassischen Medien vorbei zum Volk spricht, wurde vom Publikum mit Lachen und großem Applaus belohnt.

Der Großteil der Debatte handelte von drei Themenbereichen. Neben dem großen Wahlkampfthema Immigration und Identität durften die beiden Kontrahenten jeweils selbst eines vorschlagen: Rutte hatte sich für Wirtschaft entschieden, Wilders für das Gesundheitssystem.

Gute Wirtschaftsdaten

Dem amtierenden Premier kam beim Thema Wirtschaft zugute, dass die Niederlande gut aus der Finanzkrise gekommen sind. Für Wilders lag das freilich an der Weltwirtschaft, nicht an den Talenten der Regierung. Rutte griff ihn jedoch dafür an, dass er 2012 die durch die PVV tolerierte Minderheitsregierung von VVD und christdemokratischer CDA scheitern ließ. Das habe die Regierung mitten in der Krise blockiert und dem Land geschadet.

Dementsprechend zeichnete Rutte von seinem Herausforderer das Bild eines Feiglings, der wegrennt, wenn es brenzlig wird, und sein eigenes Land im Stich lässt. Umgekehrt warf Wilders dem amtierenden Premier immer wieder das Brechen von Wahlversprechen - vor allem Steuersenkungen, keine neuen Hilfen für Griechenland und eine strengere Einwanderungspolitik - vor. Niemand im Land glaube ihm deshalb noch.

Thema Gesundheitspolitik

Das Gesundheitssystem spielte im Wahlkampf eine große Rolle. Dieses kostet in den Niederlanden jährlich rund 75 Milliarden Euro. Ruttes Kabinett setzte hier unpopuläre Kürzungen durch, wie eine Erhöhung der Eigenbeteiligung oder die Ausgliederung langfristiger Versorgungsaufgaben an die Städte und Gemeinden.

Der amtierende Premier blickte mit Bedauern auf solche nötigen Maßnahmen zurück, zeichnete aber sofort ein optimistisches Bild für die Zukunft. So sollen umgehend zwei zusätzliche Milliarden für Gesundheit und Pflege zur Verfügung gestellt werden. Wilders Aussage, dass ein Fünftel der Patienten in Pflegeheimen unterernährt seien, überstand dann aber den Faktencheck. Der Status quo sei eine Schande für das Land.

Herr Rutte, ich sage dies nicht mit Freude, denn ich schäme mich dafür, ich schäme mich, in einem Land zu leben, in dem Sie das Gesundheitssystem so für die älteren Menschen verkümmern ließen. … Ich finde das eine Schande und Sie sind ein Opportunist. … denn wir haben von Ihnen vier Jahre lang nichts über das Gesundheitssystem gehört. … Und jetzt auf einmal zwei Milliarden. Herr Rutte, niemand glaubt, dass das aufrichtig ist. Sie sind nicht aufrichtig. … Das ist doch wie ein Dieb, der nachts erst das Haus leerräumt und eine Woche später die Bankgarnitur zurückbringt.

Geert Wilders; Übers. d. A.