"Hast Du Dich gesehen, Du Affe?" - Rumble in the Jungle in Calais
Seite 3: Staatliche Handlungen
Calais bildet seit Jahren einen Brennpunkt der europäischen Flüchtlingspolitik. Unter britischem Druck tut die französische Staatsmacht nunmehr alles, um die Migranten von ihrem Wunsch abzuhalten, sich auf LKWs oder Schiffe im Hafen von Calais einzuschmuggeln oder durch den unterirdischen Tunnel den Fußweg nach England zu versuchen.
Am 21. Oktober 2015 nahm die Polizei eine Massenverhaftung von mehreren Hundert Menschen in der Nähe des Calaiser Bahnhofs vor, in ihrer Mehrzahl Geflüchtete aus Syrien, dem Irak und Eritrea. Also aus Ländern, deren Staatsangehörige sogar in Frankreich extrem hohe Chancen haben, als Asylberechtigte im Sinne der Genfer Konvention anerkannt zu werden, die jedoch auf die britischen Inseln wollen.
An den folgenden Tagen wurden die Betreffenden in Ausweisungsgewahrsam gesteckt und dabei auf Abschiebegefängnisse in fast ganz Frankreich verteilt: Toulouse, Nîmes (Südwest- und Südfrankreich), Metz (in Lothringen), Mesnil-Amelot (bei Paris)
Offensichtlich wurde hierbei Abschiebegewahrsam, als Instrument des Freiheitsentzugs, für sachfremde Zwecke benutzt, nämlich nicht einmal für eine - in vielen Fällen im Hinblick auf die Herkunftsländer unmögliche - Abschiebung, sondern lediglich zum Zweck der vorübergehenden räumlichen Entfernung von Calais. Die NGO Cimade spricht deswegen auch von "illegaler Freiheitsberaubung".
In einem Urteil vom 23. Oktober vorigen Jahres zeigte sich daraufhin beispielsweise der Haftprüfungsrichter Jean-Louis Galland im südfranzösischen Nimes übel gelaunt. Man möge ihm doch bitte erklären, schrieb er in seiner Urteilsbegründung, wie die Regierung Menschen nach Syrien abzuschieben gedenke - und sorgte für die eilige Freilassung aller Betreffenden. Aber an eine reale Ausreise der Menschen, für deren Herkunftsländer in aller Regel ein absoluter Abschiebeschutz besteht, war wohl auch nicht gedacht. "Aus den Augen, aus dem Sinn" lautete das Motto der Behörden.
Für das Ausfliegen der Menschen in weit entfernte Landesteile hatte die französische Regierung eigens einen Jet bei einem privaten Anbieter angemietet. Die Episode mit dem Charterflug sorgte daraufhin für im Internet weitverbreitete und anhaltende Gerüchte, Flüchtlinge würden in Frankreich dermaßen verhätschelt, dass ihnen sogar angeblich "ein Privatjet" - den auf diversen rassistischen Webseiten eigens dazu gestellte Fotos abbildeten - zur Verfügung gestellt werde.
Seit November wurde die französische Staatsmacht von Verwaltungsgerichten wegen Verletzung der Menschenrechte der in Calais Hausierenden verurteilt. Daraufhin ließ sie Duschen und Toilettenwagen aufstellen. Um unterdessen wieder ein Stück Kontrolle zurückzuerlangen, lässt die Regierung nun gleichzeitig einen Teil des bidonville durch ein Containerlager ersetzen.
Am 15. Dezember wurden die ersten Wohncontainer errichtet. Dieses sozusagen offizielle Lager soll 1.500 Menschen Platz bieten, also nur einer Minderheit der jetzigen Bewohner, von Gittern umgeben sein und ausschließlich mit Einlasserlaubnis (dank automatischer Erkennung am Eingang durch Erkennung der Handflächen) betreten werden können. Moderne Technik soll es möglich machen. Hauptsache, die bisher dort aktiven Unterstützerinnen und lästige Zeugen sind dann nicht mehr dabei!