Heißester Juli weltweit

Seite 2: Deutschland reißt 2021 wahrscheinlich das Klimaziel von 2020

Wenn blauer Wasserstoff keine Lösung ist, ist es ein Festhalten an der Kohleverstromung bis 2038 in Deutschland auch nicht.

Nach Berechnungen von Energy Brainpool im Auftrag von Greenpeace Energy würde Deutschland fast die Hälfte seines "Restbudgets" an Kohlendioxid, das im Hinblick auf das Pariser Klimaziel noch emittiert werden dürfte, für die Verstromung von Kohle aufbrauchen.

Zumindest wenn am Ausstiegsdatum 2038 festgehalten wird. Die Braun- und Steinkohlemeiler würden demnach noch rund 2 Gigatonnen CO2-Äquivalente emittieren, das gesamte Restbudget Deutschlands liege bei 4,4 Gigatonnen. Noch ungünstiger könnte es werden, wenn der Ausbau der Erneuerbaren weiter stockt.

Die jüngsten Zahlen von Agora-Energiewende zu den voraussichtlichen CO2-Emissionen Deutschlands im Jahr 2021 verstärken nochmals die Dringlichkeit eines schnellen Kohleausstiegs. Nach Berechnungen von Agora-Energiewende werden die diesjährigen CO2-Emissionen um 47 Millionen Tonnen höher ausfallen als im Jahr 2020. Damit läge das Emissionsniveau nur noch 37,7 Prozent unter dem von 1990 und das Klimaziel von minus 40 Prozent wäre erneut verfehlt.

Deutschland fällt 2021 sogar hinter sein 2020er-Klimaziel zurück, denn wir liegen nur noch 37 Prozent unter dem Niveau von 1990. Das zeigt: Der vermeintliche Erfolg von 40 Prozent Emissionsminderung im letzten Jahr war kein wirksamer Klimaschutz, sondern eine Eintagsfliege, bedingt durch Corona und Sondereffekte. 2021 stehen wir damit wieder an der Startlinie. Daher braucht es jetzt das größte Klimaschutz-Sofortprogramm, das es in der Bundesrepublik je gegeben hat.

Patrick Graichen, Direktor von Agora-Energiewende

Die Sektorenziele werden voraussichtlich in den Bereichen Gebäude, Verkehr und Industrie verfehlt. Im Bereich der Energiewirtschaft wurden Braunkohlekraftwerke durch gestiegene Gaspreise, schlechtere Winderträge und eine gestiegene Stromnachfrage wieder wirtschaftlicher, was dazu führte, dass Kraftwerke im ersten Halbjahr 2021 rund 20 Millionen Tonnen mehr emittierten als im Vorjahreszeitraum.

Unterdessen wurde und wird an mehreren Orten Deutschlands gegen die Untätigkeit in der Klimakrise protestiert. Am vergangenen Freitag demonstrierten Tausende, aufgerufen von Fridays for Future, im Frankfurter Bankenviertel. Damit wollten sie darauf aufmerksam machen, dass Finanzinstitute mit Krediten und Investitionen in den fossilen Sektor noch immer zur Verschärfung der Klimakrise beitragen.

Am Sonntag besetzte das Orchester Lebenslaute den Tagebau Garzweiler und gab dort ein Klassikkonzert, außerdem gab es am Rande des Tagebaus einen Protestspaziergang. Und in Berlin begann an diesem Montag unter dem Motto "August Rise Up" eine Protestwoche gegen die Klimakrise.

Aufgerufen dazu hat ein Bündnis von Gruppen, darunter Extinction Rebellion, Fridays for Future, Ende Gelände und Klimaliste Deutschland. Im Monbijoupark wurde ein Protestcamp errichtet, außerdem gab es Straßenblockaden. Da politische Repräsentant:innen in Deutschland "ihrer Verantwortung, uns Bürger*innen vor Schaden zu schützen und die Zukunft für kommende Generationen zu sichern, nicht nachkommen, ist es die moralische Pflicht der Bürger*innen dieses Landes, auf ihre Untätigkeit und offenkundige Pflichtverletzung zu reagieren", erklärt das Protestbündnis in einem offenen Brief.