Helles Türkis mit einem Hauch Aquamarin

Die Farbe des Universums

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Auf der jährlichen Meeting der American Astronomical Society (AAS) in Washington stellten US-Astronomen die Farbe des Kosmos vor.

Foto: AAS

Die meisten Leute stellen sich das Universum als ein Meer der Dunkelheit vor, in dem nur hier und dort ein gelber Lichtpunkt schwimmt. Aber die Kosmologen Ivan Baldry und Karl Glazebrook von der John Hopkins University haben es genau definiert: Die Farbe des Universums ist ein helles Türkis mit einem Hauch Aquamarin.

Die Farbe des Universums, Bild: John Hopkins University
Zum Vergleich die Pigmentfarben Aquamarin und Türkis, Bild: John Hopkins University

Das ist keine Anspielung auf die esoterischen oder astrologischen Lehren des Wassermann-Zeitalters, sondern eine wissenschaftliche Definition der Durchschnittsfarbe der Sterne, genauer gesagt ihres Lichts. Wenn jemand imstande wäre, alles sichtbare Licht des Universums auf einmal wahr zu nehmen, würde er genau dieses helle Blaugrün sehen. Das Farbspektrum gibt einen genaueren Eindruck. Und schließlich zeigt jeder Bildschirm seine eigene kleine Farbabweichung: Die einzugebenden RGB-Werte lauten 0.269, 0.388, 0.342.

Nach allen Analysen ist Baldry sich sicher:

Auf die Frage, wie würde das Licht dieses Spektrums aussehen? Wenn man die Sensitivität des Auges bezüglich Rot, Blau und Grün einbezieht, sieht das Universum letztlich blass grünblau aus.

Eigentlich ist die Farbwert-Berechnung ein Nebenprodukt der wissenschaftlichen Auseinandersetzung der beiden mit den Theorien der Sternenentstehung und der Vielfalt der Sterne mit ihren verschiedenen Färbungen. Die Astronomen gingen von Resultaten des australischen 2dF Galaxy Redshift Survey aus. Dieses Projekt hat es sich zum Ziel gesetzt, eine dreidimensionale Karte des Universums anzufertigen, die eines Tages 250'000 Galaxien umfassen soll. Bisher liegen die Daten von 210'000 Galaxien vor, die bis zu 2 - 3 Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt sind. Ein Multiobjektspektrograph am Anglo-Australian Telescope nimmt in jeder Nacht die Spektren von mehr als 3000 Galaxien auf und bestimmt ihre Rotverschiebungen.

Glazebrook und Baldry kombinierten die Werte des 2dF-Surveys und zeichneten ein entsprechendes kosmisches Spektrum. Baldry kommentiert die Verfahrensweise:

Das ist, was wir bekommen hätten, wenn wir alles Licht des Universums genommen und durch ein Prisma geschickt hätten, das das Licht in seine einzelnen Komponenten aufbricht und einen Regenbogen produziert. Wir sind überzeugt, das der 2dF-Survey mit einer Reichweite von mehreren Milliarden Lichtjahren groß genug ist, damit diese Auswahl wirklich repräsentativ ist.

Dann passten sie die Werte an das an, was das menschliche Auge tatsächlich wahrnimmt, wobei sie von Augenärzten verwendete Methoden anwendeten, um die Reaktion des Sinnesorgans auf die verschiedenen Wellenlängen des Lichts zu berechnen. Heraus kam insgesamt das helle kosmische Türkis.

Multiobjektspektrographen 2dF, "2 degree field" steht für 2 Grad Gesichtsfeld (Bild: The 2dF Galaxy Redshift Survey

Glazebrook meint:

Im Grunde ist es erstaunlich, dass ein Grünton dabei heraus kommt, weil es keine grünen Sterne gibt. Aber da sind eine große Zahl von alten roten Sternen und von jungen blauen Sternen im Universum, was zusammen das Grün ausmacht.

Die Zahl der neu entstehenden Sterne ist nach der allgemeinen Erkenntnis der Astronomen rückläufig, weswegen das Licht des Universums zunehmend roter wird. Die beiden Kosmologen sprechen daher in Anlehnung an die Terminologie der Kunst auch von einer frühen "blauen", der jetzigen "grünen" Periode und der kommenden, finalen "roten Periode" des Universums.

Die Wissenschaftler haben scherzhaft darüber nachgedacht, Tassen, T-Shirts und allen anderen notwendigen Merchandising-Produkte nun in kosmisch-türkis anzubieten. Das wären dann nach den Monet-Regenschirmen und van Gogh-Kopftüchern in den Shops der Kunstmuseen die passenden Verkaufsobjekte für alle Sternwarten weltweit. Baldry und Glazebrook meinten allerdings, sie verzichteten, denn die Patentierung von Farben liege nicht in ihrem Fachgebiet - was im Zeitalter der Gen-Patente eigentlich kein Problem sein sollte. Ein cleverer Patent-Anwalt sollte einfach mal einen Besuch bei den Wissenschaftlern in Baltimore abstatten und sie ein wenig beraten.