High-Tech aus Dresden

AMD-Halbleiterwerk wird heute offiziell eröffnet.

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Heute am 20. Oktober wird das Halbleiterwerk des US-Halbleiterproduzenten Advanced Micro Devices (AMD) in Dresden offziell eröffnet.

Zur Zeit sind dort schon 951 Beschäftigte tätig, in zwei Jahren sollen es rund 1.800 sein. Drei Viertel der Belegschaft stammt aus Sachsen. Einer der Hauptgründe für AMD sein erstes Halbleiterwerk außerhalb der USA zu errichten bestand darin, dass Dresden als traditionelles Zentrum der Mikroelektronik in Ostdeutschland ein umfangreiches Potential qualifizierter Arbeitskräfte bietet. Aber auch die finanzielle Unterstützung seitens Stadt, Land und Bund war nicht unerheblich. Bei einem Gesamtinvestitionsvolumen von 3,2 Milliarden Mark bekam AMD 800 Millionen Mark staatliche Zuschüsse und Zulagen sowie eine staatliche Bürgschaft in Höhe von 937 Millionen. 1,65 Milliarden Mark brachte ein internationales Konsortium unter der Führung der Dresdener Bank auf, AMD selbst brachte 800 Millionen Mark Eigenmittel ein.

Die neue AMD-Chipfabrik in Dresden

Im Oktober 1996 wurde der erste Spatenstich gesetzt. 365 Tage im Jahr, 24 Stunden am Tag wurde an der Fabrik gearbeitet. Bereits im Rohbaustadium galten besondere Bauvorschriften. Der gesamte Innenbereich wurde mit Folien gegen Wind und Wetter abgeschottet. Von Anfang an soll jeder Schmutz aus den Fertigungsstätten ferngehalten werden. Jedes Staubkorn, jeder Blütenpollen stellt eine große Gefahr für die kleinen Siliciumplättchen dar. Nachdem sämtliche Fußböden und Decken mit einer zwei Millimeter dünnen Epoxidharzschicht überzogen wurden, die ein Austreten gefährlicher Schadstoffe unterbinden soll, wurden die Räumlichkeiten unter der Folie unter einen leichten Luftüberdruck gegenüber der Aussenwelt versetzt. Metallbauer, Leitungsverleger, Elektriker und Gebäudeausrüster mussten besondere Schutzanzüge und Haarnetze tragen. Nach dem Einbau der Rohrleitungen und Sprinkleranlagen wurden Doppelböden und die Reinraumdecke eingezogen. Rohrleitungen für die Reinstmedien Kühlwasser und Druckluft wurden verlegt. In den Zwischenböden wurden die elektrischen Leitungssysteme untergebracht.

In die Zwischendecke wurde später das Filtersystem eingebaut. In einem vertikalen Lluftstrom durchstreicht die Luft während der Fertigung von der Decke bis zum Boden den Raum, um die Raumluft alle sechs Sekunden komplett auszutauschen. Vor dem Filtereinbau wurden noch spezielle Gelblicht-Lampen installiert. Um Strukturen auf die Chips aufzubringen, werden sie mit einem extrem Lichtempfindlichen Fotolack beschichtet. Würde normales Licht auf den Lack treffen, würde der Chip unkontrolliert belichtet. Die exakte Einhaltung von Licht- und Luftverhältnissen ist für den Erfolg der Chipproduktion existenziell.

Jeder Chiphersteller hält vor seinen Konkurrenten die Einstellung der Prozessparameter geheim. Schließlich hängt davon der Erfolg des Unternehmens ab. Normalerweise liegt der Ertrag einer Chipfabrik um die 90 Prozent, bei neueren Technologien sollte er über 80 Prozent liegen. Der Ertrag richtet sich danach, wie viele Chips pro Waver funktionieren. Auch genaue Angaben zum Ertrag gehören zu den absoluten Firmengeheimnissen. Weder AMD, noch Intel, IBM oder ein anderes Unternehmen teilt diese Daten mit.

Exakte Kopien oder intelligente Kopien

Um die Prozessrisiken möglichst gering zu halten, gilt bei Intel für die Erstellung der Produktionsstätten sogar die Devise "Copy exactly": Jede neue Fabrik ist ein genaues Duplikat aller bereits bestehenden Fabriken. Auch die Prozesse in den Forschungslaboratorien entsprechen genau den Prozessen aus der Fertigung. Neu entwickelte Technologien können damit direkt aus den Labors in die Massenfertigung übernommen werden. Wird nur ein Prozessparamater oder ein Werkzeug verändert, wird diese Veränderung sofort auf alle anderen Fertigungsstätten übertragen.

Das ist jedoch nicht der einzige Grund. Kein Hersteller kennt mehr alle Einflußfaktoren bei den physikalischen, chemischen und mechanischen Prozessen. Wird ein Prozessparameter verändert, so lassen sich die Wirkungen nicht genau voraussagen. Bei Intel führt dies schon fast zu absurden Folgen: Rohrleitungen, die in der einen Fabrik im Bogen um einen Pfeiler herumlaufen, müssen auch in den anderen Fabriken in Bögen verlaufen - auch wenn dort die Pfeiler fehlen. Entsteht ein zeitlicher Verzug zwischen zwei Produktionsschritten, so wird auch dieser übernommen. In der AMD-Fabrik in Dresden wird hingegen nicht alles genau von der Schwesterfabrik in Austin, Texas kopiert. "Copy intelligently" heißt bei AMD das Motto. So können in Dresden anstatt nur 30 sogar 3.000 Partikel pro Kubikmeter Luft vorhanden sein. Denn anders als in Austin bleiben die hochempfindlichen Siliziumscheiben bis zum Ende im geschlossenen System der Fertigungsanlagen.

In Dresden wird Ende des Jahres die Produktion des K7-Chips "Athlon" anlaufen. Zwar wird der Chip bereits in Austin gefertigt, in Dresden erhält er jedoch ein neues Design. Sehr leitfähiges Kupfer ersetzt die bisherigen Aluminiumverbindungen in den Schaltkreisen. Dadurch kann der Prozessor schneller und kleiner werden. Die kleinste Abmessung innerhalb der Transistorstrukturen wird 0,18, anstatt bisher 0,25 Mikron betragen. Das entspricht schätzungsweise einer Verkleinerung von knapp 30 Prozent. Mit der Verkleinerung verringert sich auch die Spannungsversorgung für den inneren Prozessorkern. Zudem benötigen die Elektronen weniger Zeit, um die Strecken auf dem Chip zurückzulegen. Damit könnte sich die Taktfrequenz um das 1,5 fache erhöhen. Zudem lassen sich mehr Chips auf einer Siliziumscheibe unterbringen. Damit sinkt auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Chip von einem Ausfall betroffen ist: Der Ertrag steigt.

Mehr als eine Milliarde Rechenoperationen pro Sekunde soll der neue Athlon schaffen (1000 MHz), sein älterer Bruder aus Amerika kommt gerade auf 700 MHz. Kein Wunder, dass AMD mit dem Athlon noch einiges vorhat. In zwei Jahren soll der Weltmarktanteil von derzeit 15 auf etwa 30 Prozent wachsen. Erste Testergebnisse, die den K7-Athlon mit dem Pentium III von Intel verglichen, zeigten einen deutlichen Vorsprung des Athlon in allen Benchmarks.