Hinkley Point muss gebaut werden - aus militärischen Gründen

Seite 2: Mit einem dummen Atomenergie-Projekt sollen die Kosten für das Atomwaffenprogramm verschleiert werden

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So ist auch der Atomexperte davon überzeugt, dass Hinkley Point nur in "Verbindung zu britischen Militärprojekten" einen Sinn ergibt. Er führt dafür vor allem die atomgetriebenen Unterseeboote an, die mit Atomraketen bestückt sind (Briten haben gespaltene Haltung zu Atomwaffen). "Die liberalen Falken und insbesondere die Konservativen halten das Trident-Programm für entscheidend, um Großbritanniens internationale Schlagkraft zu erhalten", schreibt er in der New York Times und verweist auf die "akribische Studie obskurer britischer Militärpolitik-Dokumente" durch die Forscher an der Universität Sussex, die zum Teil auch hier in deutscher Sprache hör- und sichtbar aufgearbeitet und ausgewertet wurden.

Sie zeige, dass die Regierung und einige ihrer Partner in der Rüstungsindustrie, wie Rolls-Royce und BAE Systems, "eine robuste zivile Nuklearindustrie für unerlässlich halten, um das britische Atom-U-Boot-Programm aufzupolieren". So böten die zivilen Atomprojekte wie in Hinkley Point die Möglichkeit, "die hohen Entwicklungskosten für eine neue Atom-U-Boot-Flotte" zu verbergen: "Das Zusammenführen von Programmen zur Forschung und Entwicklung oder der Ausbildung von Fachkräften über den zivilen und den militärischen Sektor hilft, die Militärausgaben zu senken."

Geschaffen werde damit auch ein Pool von kompetenten Nuklearspezialisten. "Und durch die vorgegebenen langen Vorlaufzeiten und Lebensdauern der meisten Atomprojekte würden diese Verbindungen zwischen den zivilen und militärischen Programmen den Unternehmen mehr Anreize schaffen, die erforderlichen, großen Investitionen zu tätigen", erklärt der Atomspezialist. Er meint sogar, dass die britische Regierung auch Geld aus China beim Bau von Hinkley Point dafür nutzen wolle, um heimlich neue U-Boote zu bauen, die wiederum dazu dienen sollen, China atomar abzuschrecken. Er resümiert, dass London "ein unkluges ziviles Atomenergie-Projekt als undurchschaubares Hilfsmittel nutzt, um ein U-Boot-Programm zu finanzieren".

Damit werden Militärausgaben also weiter aufgehübscht, dabei belaufen sich die Kosten für die Erneuerung der atomaren Trident-Abschreckung auch offiziell schon auf 38,5 Milliarden Dollar. Das jährliche Defizit des nationalen Gesundheitswesens lag zuletzt im Vergleich dazu bei eher bescheidenen 3 Milliarden. Somit ist für den Atomexperten klar, dass die noch deutlich höheren Kosten für das Abschreckungsprojekt durch die verdeckte Milliardenförderung eines fragwürdigen und ruinösen Projekts wie Hinkley Point verzerrt werden. "Wenn es bei der britischen Energiepolitik nur um Energie und nicht auch um die Verteidigung ginge, würde der Nuklearsektor gezwungen, auf eigenen Füßen zu stehen." Dann müssten die wachsenden Vorteile erneuerbarer Energien anerkannt und knallharte Vergleiche über Kosten, Umsetzung, Nutzen für die Umwelt und zur Sicherheit gemacht werden.

Und dann würden Hinkley Point und andere AKW-Pläne tief in Schubladen verschwinden, wie gerade in der Schweiz zu beobachten ist. Dort haben die Energiekonzerne ihre Pläne für neue AKW definitiv beerdigt. Die Energiekonzerne und Betreiber von Atomkraftwerken haben nun ihre Rahmenbewilligungsgesuche für neue Kraftwerke auch formell zurückgezogen. Seit der Einreichung der Gesuche für Ersatzkernkraftwerke im Jahr 2008 habe sich die Energiewelt fundamental verändert. Der Markt sei heute ein ganz anderer und die Politik habe in der Zwischenzeit die Weichen für eine Zukunft ohne Kernkraft gestellt, hieß es in einer Mitteilung der drei Energiekonzerne Axpo, Alpiq und BKW vom Mittwoch.