Hoffnung für den Regenwald?
Die Wiederaufforstung der Regenwälder kann nur gelingen, wenn sie den zahlreichen Kleinbauern in den Tropen schmackhaft gemacht wird
Die Abholzung der Regenwälder zählt zu den größten Umweltkatastrophen unserer Zeit. Ihre Folgen betreffen nicht nur die örtliche Tier- und Pflanzenwelt, sondern auch die Lebensgrundlage der dort lebenden Menschen, das regionale ökologische System und das globale Klima. Zur Lösung aller mit der Zerstörung der tropischen Wälder zusammenhängenden Probleme greifen traditionelle Wiederaufforstungsansätze zu kurz. So lautet das Fazit eines australischen Biologenteams.
Doch es zeichnen sich ihrer Meinung nach neue Ansätze des Wiederaufforstens ab, die die Degradierung der Wälder verhindern und auch die lokale Bevölkerung mit einbeziehen – sie müssen den betroffenen Landbesitzern jedoch nahe gebracht werden.
Gewaltige Verluste mit nicht absehbaren Folgen
Im vergangenen Jahrhundert wurden geschätzte 350 Millionen Hektar Wälder abgeholzt, und weitere 500 Millionen Hektar sekundären und primären Regenwaldes zerstört. Das bedeutet einen gewaltigen Verlust der Artenvielfalt, die Zerstörung ökologischer Systeme ebenso wie die Vernichtung von Waldprodukten (Holz, Nahrungsmitteln, Gewürzen, Heilkräutern und Arzneien), die die Lebensgrundlage der dort ansässigen Bewohner bilden. Betroffen von Auswirkungen sind nach Angaben von David Lamb vom Rainforest Cooperative Research Center and School of integrative Biology der University of Queensland in Brisbane, Australien vor allem die Armen in den tropischen Ländern: dort hängt die Existenz von etwa 300 Millionen Menschen von zerstörten (degradierten) und sekundären Wäldern ab.
Mit drei Maßnahmen versucht man bislang, dem Zerstörungsprozess zu begegnen: Man bemüht sich, das Netz geschützter Flächen immer weiter auszudehnen, um die verbliebene Artenvielfalt zu retten. Man ist bestrebt, die landwirtschaftliche Produktivität der degradierten Flächen zu verbessern, um den dort lebenden Menschen zu helfen, und man betreibt Wiederaufforstung in sehr unterschiedlicher Weise.
Wie Lamb und Kollegen im aktuellen Science jedoch kritisieren, greifen diese Maßnahmen zu kurz, um dem komplexen Problemgeflecht gerecht zu werden. Und sie reichen nicht aus, um das Existenzminimum der dort lebenden Gemeinschaften zu sichern.
Trotz der Erweiterung der geschützten Gebiete ist insgesamt die Vereinfachung und Homogenisierung einer der biologisch vielfältigsten Landschaften der Welt festzustellen. Und es noch nicht abzusehen, welche langfristigen Folgen das haben wird
David Lamb
Die Ansätze zur Wiederaufforstung reichen vom Anbau von Plantagen-Monokulturen bis zum Versuch, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Dabei kann man auf natürliche Regeneration setzen oder auf gezielte Bewirtschaftung.
Wiederaufforsten allein genügt nicht
Wünschenswert wäre die Wiederherstellung des originären Regenwaldes, doch nicht immer sind die Ausgangsbedingungen dafür gegeben. Lamb und sein Team nennen erfolgreiche Wiederherstellungsprojekte, doch als Breitenlösung taugen sie nicht, weil sie zu teuer sind und kommerziell nicht genug abwerfen. Wie Lamb einschränkend zugibt, lässt sich auch nie genau sagen, in welchem Maße die Wiederherstellung gelungen ist, weil niemand die ursprüngliche Artenvielfalt im Detail kennt.
In den vergangenen Jahrzehnten haben Wissenschaftler im Rahmen von Umweltprojekten viel Erfahrung gesammelt und sie können viel versprechende Resultate vorweisen, so dass man zumindest weiß, dass Wiederaufforstung gelingen kann. Eine Optimallösung, gibt es damit noch nicht.
Der Schlüssel für einen adäquaten Umgang mit dem Problem liegt für Lamb nicht allein in dem, was biologisch machbar ist, sondern in der Zusammenführung von ökologischen Interessen mit wirtschaftlichen Perspektiven. Daher erhofft sich Lamb viel von der Plantagenwirtschaft, allerdings nicht mit Mono-, sondern mit Mischkulturen. Sie sind seiner Ansicht nach ein viel versprechendes Modell, das allerdings noch verfeinert werden muss, um eine größtmögliche Biodiversität mit dem maximalen wirtschaftlichen Nutzen zu vereinen. Eine entscheidende Rolle dabei spielt dabei der menschliche Faktor.
Die Kleinbauern müssen mit ins Boot
Das Ausmaß degradierter Landflächen ist nach Meinung von Lamb und Kollegen so enorm, dass Besserung nur gelingen kann, wenn die vielen Landbesitzer und Kleinbauern für die Wiederaufforstung gewonnen werden können. Ein Manko dabei ist jedoch, dass für die ländlichen Gemeinschaften, die in degradierten Gebieten leben, die Wiederaufforstung nicht unbedingt attraktiv ist: sie sind nicht geübt darin, Waldplantagen zu betreiben, zudem ist es mit hohen Anfangskosten verbunden.
Um hier vorwärts zu kommen, reicht es nach Lamb nicht, die Einsicht in ökologische Notwendigkeiten zu wecken. Die Rahmenbedingungen müssen stimmen: das bedeutet garantierte Landbesitzrechte, die Ausräumung aller falschen Anreize für Rodungen, die Beratung bei der Planung von Plantagen sowie finanzielle und technische Unterstützung. Wiederaufforstung könnte auch dadurch attraktiv gemacht werden, dass neben Bäumen bestimmte Getreidearten und schattentolerante Pflanzenarten wie Kakao, Kaffee oder Kardamom oder auch medizinisch nutzbare Kräuter mitangebaut werden. Denkbar wäre laut Lamb auch, Plantagenbesitzer für ihre ökologischen Dienstleistungen zu entschädigen, z. B. für den Erhalt der Biodiversität. Leider existieren es für solche „Erträge“ keine etablierten Marktwerte und in vielen tropischen Ländern fehlt es an den gesetzlichen Voraussetzungen, die so etwas möglich machen.
Die meisten degradierten tropischen Landschaften sind ein Flickenteppich aus intakten Gebieten, aus landwirtschaftlich genutzten Flächen und aus degradierten Abschnitten. Diese Parzellen zu Landschaften zusammenzufügen bedeutet für Lamb und Kollegen die größte Herausforderung. Auf zwei Trends machen sie ihn ihrem Ausblick aufmerksam, die sich zu Gunsten der Regenwälder auswirken könnten: die Landflucht und die wachsenden Chancen von hochwertigen Hölzern und Waldprodukten auf den internationalen Märkten.
Der Bericht der australischen Ökologen zeigt Hoffnungschimmer auf, doch zuversichtlich stimmt er nicht.