Hybride Kriegsführung, verdeckte Operationen und geheime Kriege

Seite 5: Deutschlands neue Macht - das Kommando Spezialkräfte?

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Auch die Bundeswehr verfügt seit 1996 über Kommandosoldaten, die schnell weltweit zum Einsatz kommen können. Offiziell sollen es etwa 1.100 Soldaten inklusive Unterstützungskräften und Stab sein. Genaues weiß man jedoch nicht, da alles, was mit dem Kommando Spezialkräfte (KSK) zu tun hat, der militärischen Geheimhaltung unterliegt. Alle "Missionen sind geheim, nur ein sehr kleiner Kreis von Bundestagsabgeordneten wird im Nachhinein informiert". Die westlichen Werte Demokratie und Rechtsstaat enden da, wo militärische Werte beginnen. Und das ist der Kern des westlichen Wertebündnisses, welches vielmehr ein westliches Militär- und Ressourcensicherungsbündnis ist.

"Kurz nach den Terroranschlägen vom 11.9.2001 in den USA, die Trümmer rauchten noch, haben sich die Special Forces der Amis, also Navy Seals, Ranger und Delta Force, bei uns gemeldet und darum gebeten, dass wir ihnen bei der Fahndung nach den verantwortlichen Tätern in Afghanistan helfen. Kanzler Gerhard Schröder und Verteidigungsminister Rudolf Scharping haben gleich grünes Licht gegeben. Wir sind also ohne Mandat des Parlaments in den Krieg gezogen. Und das unter einer rot-grünen Regierung ...", erinnert sich ein Kommandosoldat.

Im März 2002 nimmt das KSK an der multinationalen "Operation Anaconda" teil, bei der angeblich bis zu 1.000 Al Qaida- und Talibankämpfer aufgespürt und vernichtet werden sollen. "Und dann liegst du in getarnter Stellung. Warten, gucken, warten, gucken. Kommt so eine blöde Ziege näher. Wir werfen Steine - nutzt nix. Wenig später ist der Hirte da, ein Alter. Du zielst auf ihn. Deine Dipolantenne ragt aus der Stellung. Der bückt sich runter zu dir, sagt ,Salem Aleikum" und geht ganz cool weiter. Du bist enttarnt, meldest das, verlegst die Stellung, und irgendwann holt dich der Helikopter da raus", beschrieb ein Kommandohauptfeldwebel die Situatin. Später werden die US-Amerikaner "hart nachfragen, weshalb der Oberfeldwebel den Ziegenhirten nicht 'eliminiert' habe. Schallgedämpft abknallen, dann hätte er den Auftrag fortsetzen können."

Ziegenhirten "abknallen", denn die Freiheit der westlichen Welt wird am Hindukusch verteidigt. Bild: U.S. Navy

Ein ehemaliger KSK-Offizier weiß zu berichten, dass die "Amis" tatsächlich solche "Bedrohungen" einfach eliminieren. "Wir haben in Afghanistan gesehen, wie ekelhaft US-Soldaten mit Afghanen umgesprungen sind, Fußtritte und Kolbenstöße waren noch harmlos. Sie haben sie behandelt wie Untermenschen." Bei der "Operation Anaconda" hätten die Spezialeinheiten der Amerikaner auch ganze Dörfer "platt gemacht" und Häuser geplündert. Diese Zurückhaltung sollte das KSK jedoch später ablegen.

So erklärte NATO General a.D. Egon Ramms gegenüber Deutschlandradio: "Deutsche Soldaten, Spezialkräfte, sind auch schon im Jahr 2002, Ende 2001, Anfang 2002 unter dem Mandat für Operation Enduring Freedom nach Afghanistan gegangen - ich wiederhole: deutsche Spezialkräfte -, und die sind dort nicht gewesen, um Blümchen zu pflücken." Auch Hans-Otto Budde, Generalleutnant a.D. und von 2004 bis 2010 Inspekteur der Heeres, verweist auf die neuen Soldaten für die neuen Aufgaben:

Der "Staatsbürger in Uniform", der mit seiner Familie in unserer Nachbarschaft wohnte und um siebzehn Uhr dreißig nach Hause kam, hat ausgedient. "Wir brauchen den archaischen Kämpfer und den, der den High-Tech-Krieg führen kann."

Hans-Otto Budde
Archaische Kämpfer und der Mann an sich. Über die Einsätze deutscher Kommandosoldaten ist so gut wie nichts bekannt. Bild: U.S. Army

Und als archaische Kämpfer nehmen sich die Kommandosoldaten auch wahr. "Da geht es auch um den Mann an sich, den Krieger", sagt ein 32-jähriger Hauptmann. Und was die Aufgabe eines solchen Kriegers ist, erläutert Brigadegeneral Hans-Christoph Ammon, Kommandeur des KSK von 2007-2010: "Die Einsätze haben sich verändert: Unsere Soldaten müssen regelmäßig töten." Da kommt ein Kommandosoldat schon mal auf "ein gutes Dutzend" getöteter "Feinde". Aber unzweifelhaft ist der Gegner selber schuld. "Der Feind war und ist grausam. Natürlich haben wir Namen von Zielpersonen und Handy-Nummern, die wir beschaffen konnten, an die Nato-Kommandozentrale weitergegeben. Wir haben die Taliban gejagt, ausgespäht, umzingelt, in blutigen Gefechten getötet." Wie die Zielpersonen auf die Listen kommen, das weiß ein Elitesoldat nicht, aber es kümmert ihn auch nicht weiter, schließlich sind das alles Terroristen.

Doch wird der Begriff Terrorismus meist nur propagandistisch benutzt. Und zwar, so Noam Chomsky37, "um terroristische Handlungen zu bezeichnen, die von Feinden gegen uns oder unsere Verbündeten begangen werden. Diese propagandistische Bedeutung ist nahezu universell. Dieser 'Terrorismus' wird von allen verurteilt. Auch die Nationalsozialisten wandten sich gegen ihn und lancierten 'gegen-terroristische' Angriffe, um die Partisanen abzuwehren."

Das alles klingt nicht nach den offiziellen Verlautbarungen, dass es um die westlichen Werte von Demokratie und Menschenrechten gehen würde. Andererseits hatte der der Sprecher des deutschen Isaf-Kontingents, Fregattenkapitän Alexander von Heimann, bereits 2008 konstatiert: "Menschenrechte sind nicht unser Mandat."

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