"Hybrides Regime mit Wahlautokratie": Ungarn droht Verlust von EU-Milliarden

Ungarns Regierungschef Viktor Orbán. Foto: European People's Party / CC-BY-2.0

Bereits vor vier Jahren hatte das Europaparlament den Rat aufgefordert, in einem "Artikel-7-Verfahren" zu überprüfen, ob das Land Grundwerte der Union verletzt.

Das Europaparlament hat Ungarn offiziell als "hybrides Regime mit Wahlautokratie" eingestuft. In einem Bericht, den das Parlament am Donnerstag verabschiedete, verurteilt es "vorsätzliche und systematische Bestrebungen der ungarischen Regierung", die europäischen Werte zu untergraben – und fordert Ergebnisse im laufenden Rechtsstaatlichkeitsverfahren gegen Ungarn.

Haushaltskommissar: EU-Gelder in Ungarn nicht sicher vor Missbrauch

Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa hat die Europäische Kommission inzwischen vorgeschlagen, dem Land Zahlungen in Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt zu kürzen. Das Geld sei in Ungarn nicht ausreichend vor Missbrauch geschützt, sagte EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn am Sonntag.

Es ist das erste Mal, dass die Brüsseler Behörde wegen rechtsstaatlicher Mängel in einem EU-Mitgliedsstaat einen solchen Schritt geht.

Zusagen, die nur noch umgesetzt werden müssen

Zugleich würdigte Hahn aber am Sonntag Zusagen Ungarns zur Beseitigung von Defiziten. Unter anderem hatte Budapest angekündigt, eine neue Behörde für den Kampf gegen Korruption einzurichten. Auch der Umgang mit EU-Mitteln soll transparenter gemacht und strenger kontrolliert werden.

Der Anteil öffentlicher Ausschreibungen mit nur einem Bieter soll reduziert und die Zusammenarbeit mit der EU-Anti-Betrugsbehörde "Olaf" soll gestärkt werden. Die insgesamt 17 Zusagen gingen in die richtige Richtung, müssten aber auch umgesetzt werden, so Hahn.

Mindestens 15 Mitgliedsstaaten müssten finanzieller Sanktion zustimmen

Um die Zahlungen im Umfang von 7,5 Milliarden Euro tatsächlich einzufrieren, müssen mindestens 15 EU-Mitgliedsstaaten mit mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung zustimmen.

Das sogenannte "Artikel-7-Verfahren" gegen Ungarn wurde bereits vor vier Jahren angestoßen: Im September 2018 hatte das EU-Parlament den Rat aufgefordert, gemäß Artikel 7 des EU-Vertrags festzustellen, ob Ungarn Gefahr läuft, die Grundwerte der Union zu verletzen. Zentrale Bedenken hatten die Abgeordneten bezüglich Unabhängigkeit der Justiz, Meinungsfreiheit, Korruption, Rechte von Minderheiten sowie in Sachen Migrationspolitik und Umgang mit Geflüchteten.