IS: Das Kalifat dehnt sich nach "Khorasan" aus
Pakistanische Talibanführer sollen für die Ausweitung des Herrschaftsgebiets nach Zentralasien sorgen
In seiner Aufforderung an die Anhänger zu neuen Gewalttaten (IS-Sprecher Adnani: Das Angst-Klima ausreizen) in westlichen Ländern gab IS-Sprecher al-Adnani eine Erweiterung des Kalifats bekannt. Neu hinzugekommen seien die Herrschafts- und Verwaltungsbezirke (Vilayat) Khorasan, deren Führer das Gefolgschaftsversprechen (Bai'a) abgegeben hätten. Als Emir fungiere Hafez Saeed Khan und als dessen Stellvertreter Abu Talha. Sie sollen, nachdem sie gegen Engländer, Russen und Amerikaner gekämpft haben, nun in einem "neuen Kampf" stehen: die Durchsetzung des Monotheismus (tawhid) und die Überwindung des Polytheismus (schirk).
Die Ankündigung fügt sich in die bereits bekannte Programmatik des selbsternannten Kalifats, das den "wahren Islam" durchsetzen will. Wie ein kürzlich erschienener Guardian-Bericht über die Ausbildung der IS-Rekruten zeigt, spielt die religiöse Ideologie eine größere Rolle, als ihr in vielen Berichten eingeräumt wird. Der IS legt demnach großen Wert darauf, seine Rekruten religiös derart zu unterweisen, dass sie brutale Gewalttaten nicht abschrecken. Legitimiert wird dies dadurch, dass der "Mainstream-Islam" und dessen Regeln als "erfundener Islam" verworfen wird. Dem Konstrukt wird ein "authentischer Islam" entgegengesetzt, der sich bekanntlich an der Frühzeit orientiert. Dieser Bezug ist schon am Begriff der Bai'a, dem Gefolgschaftsschwur ersten Anhänger Mohammeds, abzulesen.
Auch die Angabe "Khorasan" fügt sich dieser Sichtweise, die von Anfang des siebten Jahrhunderts aus auf die Welt schaut und moderne Staaten ignoriert. Khorasan gehörte zu den ersten eroberten Gebieten, zur islamischen Frühzeit. Heute gibt es noch die - mittlerweile unterteilte - Provinz Chorasan in Iran, aber die Vilayat, die IS-Sprecher al-Adnani als neu hinzugekommene Herrschaftsgebiete deklariert, umfassen ein größeres Gebiet, das auch Teile von Afghanistan, Pakistan, Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan als Zone für den erwähnten "neuen Kampf" einschließt. Mit dem "neuen Kampf" für die Durchsetzung des "tawhid" ist brachialer Salafismus à la IS gemeint, mit den üblichen Begleiterscheinungen wie dem rücksichtslosen Umgang mit Nicht-Sunniten.
Wie ein Bericht des Long War Journals Mitte Januar darlegte, stammt der Khorasan- Emir Hafez Saeed Khan von den pakistanischen Taliban, wo er als "Emir" des Stammesgebiete des Verwaltungsbezirks Orkazai galt. Nach Angaben der US-Webseite hab en Saeed Khan sowie andere "frühere Führer der mittleren Ebene der pakistanische Taliban" ihren Treueeid schon früher abgegeben.
Bemerkenswert ist, dass sich nach Informationen des Long War Journal viele afghanische Dschihadisten, darunter auch Abdul Rahim Muslim Dost, mit dem neuen Emir einverstanden gezeigt haben. Das Netzwerk des IS wird größer, ob damit auch eine größere Macht einhergeht, liegt nicht zuletzt am Verhalten der Taliban in Afghanistan und Pakistan.