IS-Sprecher Adnani: Das Angst-Klima ausreizen

Einen Tag nach dem Sieg der kurdischen Verteidigungseinheiten gegen die IS-Dschihadisten macht der IS wieder mit einem Anschlag von sich reden. Dazu taucht ein neuer Aufruf an die Anhänger des Kalifats auf

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Mehrere bewaffnete Männer haben heute das Corinthia-Hotel in Libyens Hauptstadt Tripoli angegriffen. Sie sollen in der Rezeption des Hotels, das von Diplomaten, libyschen Politikern und internationalen Gästen frequentiert wird und zum Teil als Bürositz in der Haupstadt genutzt wird, um sich geschossen haben; außerdem soll auf dem Parkplatz des Hotels eine Bombe explodiert sein. Sie sollen Geislen genommen haben. Bestätigt ist das allerdings noch nicht.

Ob die Männer mittlerweile von Sicherheitskräften überwältigt wurden und ob es Tote und Verletzte bei dem Angriff gab, darüber gibt es gegenwärtig noch keine genauen Nachrichten - laut Angaben eines Hotelangestellten war das Hotel so gut wie leer.

Was der Meldung aus dem an solchen Zwischenfällen nicht armen, von Milizen umkämpften Libyen heute Mittag die Aufmerkamkeit der internationalen Nachrichtenseiten einbrachte, ist die Behauptung, wonach der "Islamische Staat" sich zu diesem Angriff bekannt haben soll. Die Quelle, die dafür zitiert wird, ist SITE, eine Website, die der Kommunikation von Dschihadisten auf der Spur ist. SITE hat nach eigenen Angaben auf Twitter ein Bekenntnis des IS zum Anschlag gefunden.

Dass es Verbindungen zwischen islamistischen Gruppen in Libyen und den IS-Dschihadisten gibt, davon war schon öfter die Rede. Etwas ungewöhnlich ist aber, dass Sicherheitskräfte des Hotels laut BBC einige Tage zuvor eine "Warnung erhalten" haben sollen, das Hotel zu räumen. Bislang sind Attentäter des IS nicht mit solchen konkreten Anschlagswarnungen aufgefallen.

Für den IS ist die Meldung vom Anschlag in Tripolis eine Ablenkung von den gestrigen Nachrichten über die Niederlage in Kobanê, die mit Berichten von fliehenden IS-Kämpfern und beschädigter Kriegsmoral begleitet war.

In der Berichterstattung über die Freude am "Sieg über die Angst vor dem IS" (Kobanê: IS-Dschihadisten verjagt) ging ein Aufruf völlig unter, der genau diese Angst im Visier hat. Der Aufruf (schriftlich), dessen Authentizität an dieser Stelle nicht überprüft werden kann, stammt laut Experten vom IS-Sprecher al-Adnani. Er fordert die Anhänger des Kalifats, wie schon im Herbst vergangenen Jahres ("Tötet sie, bespuckt sie, verachtet sie"), zu Attentaten in Ländern der "Kreuzzügler" auf - mit allen dafür zur Verfügung stehenden Mitteln ("auch Stiefel oder Fäuste").

Der Kampf werde intensiver, so Adnani, der in seinem Text die Anschläge in Kanada, Australien und in Frankreich lobend erwähnt und dazu die "Brüder in Belgien". Das Klima von "Alarm, Terror, Angst und Unsicherheit" in diesen Ländern soll verlängert werden. Da er auch auf den Tod des "Verräters" König Abdullah eingeht, ist sein Kommuniqué ziemlich aktuell, wird aber nicht als Reaktion auf die Niederlage in Kobanê gewertet.