IS-Kalifat wird auf einen Schlag um mindestens 70.000 Quadratkilometer größer
Boko-Haram-Anführer Shekau leistet dem Terrorkalifen al-Bagdadi den Treueschwur
Abubakar Shekau, der Anführer der nigerianischen Anti-Bildungs-Sekte Boko Haram, hat den Terroranalysten von SITE zufolge dem irakischen Terrorkalifen Abu Bakr al-Bagdadi den Treueid geschworen. Shekau hatte bereits seit August immer wieder von einem "Kalifat" gesprochen, aber (möglicherweise bewusst) offen gelassen, ob er damit meint, dass sein Herrschaftsgebiet zum Islamischen Staat (IS) gehören oder ein unabhängiger eigener Gottesstaat sein soll.
Mit dem nun offiziellen Anschluss Boko Harams an das syrisch-irakisch-libysche Kalifat vergrößert sich dessen Herrschaftsgebiet um mindestens 70.000 Quadratkilometer. In Syrien und im Irak kontrolliert die Terrorgruppe über 200.000 Quadratkilometer Fläche. Wie groß das Herrschaftsgebiet in Libyen ist, lässt sich schwer sagen.
Dort sollen die Dschihadisten, deren Markenzeichen das Abscheiden von Köpfen ist, neben größeren Arealen in der Wüste mindestens sechs Städte kontrollieren - darunter auch die 135.000-Einwohner-Hafenstadt Sirte. Etwa 170 Kilometer südlich davon eroberten sie am Freitag zwei Ölfelder und griffen ein drittes an, wobei sie mindestens drei Arbeiter enthaupteten. Mehrere ausländische Fachkräfte - darunter ein Österreicher und ein Tscheche - werden seitdem vermisst. Man befürchtet, dass sie demnächst in orangefarbene Overalls gekleidet in Videos auftauchen könnten.
Boko Haram steht dem IS in Syrien, Libyen und dem Irak in Sachen Brutalität in nichts nach: Die Gruppe bekennt sich offen zum Genozid und tötete gestern bei Anschlägen auf einen Fischmarkt, eine Bushaltestelle und drei weitere Ziele in der Stadt Maiduguri mindestens 54 Menschen. 143 weitere wurden teilweise schwer verletzt. Diese Anschläge sind in Nigeria mittlerweile so alltäglich, dass sie es oft nicht mehr in die internationalen Nachrichten schaffen.
Im Irak verlor die die Terrorgruppe gestern die Ortschaft al-Baghdadi, die sie erst im Februar erobert hatte. Dafür rücke sie im syrischen Kurdenkanton Cizîrê (Qamischli) auf die vor allem von christlichen Assyrern besiedelte Stadt Tall Tamer vor, in deren Nähe sie bereits seit dem 23. Februar Dörfer erobern und Christen verschleppen. Lediglich in Tall Nasri hält die Verteidigungslinie aus Kämpfern der kurdischen YPG und assyrischen Milizen noch. Mit ihrem Vorstoß in diesem Gebiet wollen die Kalifatskämpfer offenbar verhindern, dass die Kurden nach der Rückeroberung von Kobanê eine Verbindung zwischen den beiden Kantonen schaffen, die es ihnen ermöglichen würde, ohne Umwege Waffen und Truppen hin- und herzubewegen.
Die christlichen Assyrer, die in Tall Tamer leben, werden erst seit dem 17. Jahrhundert so genannt. Direkte Verbindungslinien zu den antiken Assyrern gibt es nicht. Eine Gemeinsamkeit besteht allerdings darin, dass sowohl die Lebenden als auch die Toten der Zerstörungswut der Dschihadisten ausgesetzt sind: In der über 3.200 Jahre alten ehemaligen Assyrerhauptstadt Nimrud, zerstörten IS-Terroristen in den letzten Tagen antike Statuen und Reliefs von Menschen, Tieren und Mischwesen nicht nur mit Hämmern, sondern auch mit Bulldozern und schwerem militärischen Gerät.
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