IS schlachtet Äthiopier
Neues Propagandavideo veröffentlicht
Seit gestern kursiert ein neues Propagandavideo der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS). Der halbstündige Film zeigt, wie etwa 30 Äthiopier in Libyen religiös belehrt und dann ermordet werden. Einer Gruppe wird in der Wüste in den Kopf geschossen, einer anderen am Strand die Kehle durchgeschnitten.
Als Grund für die Ermordung wird genannt, dass die Opfer der "feindlichen äthiopischen Kirche" angehörten. Mit dem Adjektiv "feindlich" meinen die Salafisten möglicherweise, dass die äthiopische Tewahedo-Kirche dem IS keinen Tribut zahlt. Dieser Tribut wurde in der Vergangenheit in islamisch beherrschten gebieten mit der Dschizya gerechtfertigt, der Kopfsteuer, die der Koran in Sure 9, Vers 29 für Angehörige von "Buchreligionen" fordert. Dort heißt es in der Übersetzung von Rudi Paret:
Kämpft gegen diejenigen, die […] nicht der wahren Religion angehören - von denen, die die Schrift erhalten haben - [kämpft gegen sie], bis sie kleinlaut aus der Hand Tribut entrichten!
In Syrien und im Irak forderte der IS diese Kopfsteuer nicht pauschal von den Kirchen, sondern von jedem einzelnen Gläubigen. Die Höhe wurde offenbar so festgelegt, dass sie für normale Familien nicht bezahlbar ist. Wer sie nicht bezahlte, musste zum Salafismus konvertieren oder das Kharidschitenkalaifat verlassen, wobei er weder Geld noch andere Habe mitnehmen durfte. Bisher ist nicht bekannt, ob es tatsächlich sehr reiche Christen gibt, die nicht flüchteten, sondern die Kopfsteuer entrichteten. Weil der IS in der Vergangenheit zahlreiche Christen ohne Lösegeldoption ermordete, würden sie sich in jedem Fall auf einen sehr riskanten Handel eingelassen haben.
Die äthiopische Tewahedo-Kirche zählt etwa 35 Millionen Anhänger, die vor allem in Äthiopien leben. Oberhaupt der Religionsgemeinschaft ist derzeit der Patriarch Abune Mathias I. Ihr eritreisches Äquivalent, das sich in Ritus und Glauben kaum von ihr unterscheidet, spaltete sich erst nach der Unabhängigkeit Eritreas 1993 ab.
Die Tewahedo gehört (wie die koptische, die armenische oder die assyrische) zu den orientalisch-orthodoxen Kirchen, weist aber zahlreiche Eigenheiten auf: So glauben ihre Mitglieder beispielsweise, dass ihre Vorfahren Juden waren. Sie feiern nicht den Sonntag, sondern den Sabbath, Beschneiden ihre Knaben und befolgen jüdische Wasch- und Essgebote, die die meisten christlichen Konfessionen für obsolet halten. Darüber hinaus kennt die Tewahedo-Kirche zahlreiche weitere Fasttage - darunter alle Freitage und Mittwoche, ein vierzigtägiges Apostelfasten nach Pfingsten, ein sechzehntägigeas Mariä-Himmelfahrts-Fasten, ein vierzigtägiges Adventsfasten und ein dreitägiges Niniveh-Fasten.
Außerdem glauben äthiopische Christen, dass sich das Original der im Alten Testament beschriebene (und für den Film Raiders of the Lost Ark nachgebauten) Bundeslade in ihrer Marienkirche Adbarat Kidiste Kidusan Dingel Maryam Ts’iyon im nordäthiopischen Aksum befindet. Archäologen glauben das eher nicht.
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