"Ich gelte als Risiko für die innere Sicherheit"

Seite 2: "Wir müssen Sicherheit und Justiz als Kernaufgaben unseres Rechtsstaates stärken"

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Sie sprechen stets von "überbordender Bürokratie in den internen Verwaltungsabläufen der Polizei" - können Sie ein, zwei Beispiele nennen?

Cécile Bonnet-Weidhofer: Unsere Führerscheine sind eigentlich maschinenlesbar - aber Polizeibeamte müssen sie immer noch von Hand aufnehmen. Und wenn wir schon beim Thema Verkehr sind: Polizisten nehmen Unfälle handschriftlich auf und tippen sie dann später im Büro ab. In unserer digitalisierten Zeit könnte man das doch direkt in ein virtuelles Formblatt oder per Sprachsteuerung eingeben.

Sie fordern zudem mehr Präsenz der Polizei - wie genau stellen Sie sich das vor?

Cécile Bonnet-Weidhofer: Da fällt mir spontan der eingangs geschilderte Angriff Rechtsextremer ein. Die Polizisten trafen erst eine halbe Stunde nach unserem Anruf ein. Das ist eine verdammt lange Zeit, wenn man bedenkt, dass die Jugendlichen sich in Gefahr fühlten. In dem Moment waren schlicht nicht genügend Polizisten verfügbar. Und das in einer Stadt wie Schwerin, die nun wirklich nicht als Hochburg der Kriminalität gilt! Das darf nicht sein. Jeder Bürger muss stets das Gefühl haben: Wenn ich mich in Gefahr befinde und die Polizei rufe, ist ebenjene umgehend vor Ort, um mir zu helfen. Derzeit können das die Behörden in Mecklenburg-Vorpommern aber nicht garantieren. Und das ist ein Skandal.

Soll heißen?

Cécile Bonnet-Weidhofer: Wir müssen Sicherheit und Justiz als Kernaufgaben unseres Rechtsstaates stärken. Kriminalität ist zu verfolgen, völlig egal von wem eine strafbare Handlung ausgeht. Gewalt und Eigentumsdelikte sind konsequent zu verfolgen. Wir wenden uns gegen Dauerbewährungsstrafen und wollen geltendes Recht umsetzen.

Noch einmal zurück zur "Präsenz": Fühlen Sie sich wohler, wenn dort, wo sie sich gerade aufhalten, Streifenwagen und Polizeibeamte zu sehen sind?

Cécile Bonnet-Weidhofer: Mir geht es tatsächlich eher um die Erreichbarkeit. Ich fände es in der Tat nicht schön, wenn mir überall auf der Straße Uniformierte begegneten. Zugleich weiß ich, dass manche Bürger genau das erwarten. Leider. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Arbeitsabläufe bei der Polizei optimiert werden müssen. Wenn ich höre, dass Beamte ihr Privathandy nutzen, weil das Diensthandy nicht funktioniert, kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Jeder Polizist kann Ihnen eine Vielzahl solcher Beispiele nennen.

Frau Bonnet-Weidhofer, für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass ein Bürger, der Ihre Analyse zum Zustand der Polizei in MV hört, sich noch sicher fühlt?

Cécile Bonnet-Weidhofer: Dass ich das jetzt offen ausspreche, ist doch nur ein Zeichen dafür, dass die Landesregierung in den vergangenen Jahren nichts für, sondern nur etwas gegen die Sicherheit in unserem Land getan hat. Verunsicherung entsteht eher durch die Panikmache der CDU.

"Mehr Polizisten geben den Menschen durch ihre Präsenz ein besseres Gefühl"

Ihr Parteikollege Wolfgang Kubicki (stellvertretender Bundesvorsitzender) sagte kürzlich, die Union erwecke durch ihren Aktionismus den Eindruck, dass die Sicherheitsbehörden nicht in der Lage seien, mit den aktuellen Herausforderungen fertig zu werden. Damit trage sie nicht dazu bei, das Sicherheitsgefühl der Menschen zu stärken, sondern Angst zu schüren, sagte er.

Cécile Bonnet-Weidhofer: Das kann ich nur unterstreichen.

Nun könnte man ebenso sagen, Sie tragen mit Ihrem Alarmismus nicht dazu bei, das Sicherheitsgefühl der Bürger zu stärken, sondern Angst zu schüren.

Cécile Bonnet-Weidhofer: Das ist etwas vollkommen anderes. Es ist unsere Pflicht, die schwerwiegenden Fehler der Landesregierung zu benennen. Noch einmal: Innenminister Caffier hat jahrelang bei der Polizei gespart und tut jetzt so, als seien die Probleme über Nacht gekommen. Er hat die Dinge laufen lassen, spätestens zu Beginn der Flüchtlingskrise hätte er gegensteuern müssen. Dieser fahrlässige Regierungsstil fällt ihm jetzt auf die Füße. Und was tut er? Er gerät in Panik und kündigt beinahe täglich neue Vorhaben an. Wir Freie Demokraten wären schlecht beraten, wenn wir die dramatische Situation der Polizei schönredeten. Die Beamten arbeiten am Limit. Und wir wollen das ändern. Punkt.

Mehr Polizeibeamte bedeuten also mehr Sicherheit?

Cécile Bonnet-Weidhofer: Sie tragen dazu bei, dass es sicherer wird, ja. Und sie geben den Menschen durch ihre Präsenz ein besseres Gefühl.

Worin unterscheiden sich die Forderungen Ihrer Partei von jenen der deutschen Polizeigewerkschaft?

Cécile Bonnet-Weidhofer: Vieles von dem, was uns die Gewerkschaften zum Zustand der Polizei im Land sagen, ist nun mal richtig. Das heißt allerdings nicht, dass wir zugleich auch deren Lösungsansätze übernehmen. Da sollte man fair bleiben. Wissen Sie, was mich beängstigt?

"Mich ängstigt dieser extrem emotionale Umgang mit dem Thema Innere Sicherheit"

Verraten Sie es uns.

Cécile Bonnet-Weidhofer: Dieser extrem emotionale Umgang mit dem Thema Innere Sicherheit, den wir seit Wochen in ganz Deutschland erleben. Es geht längst nicht mehr darum, was wir verbessern können, sondern nur noch um die Frage: Wie können wir mehr Stimmen erreichen? Das beste Beispiel ist Lorenz Caffiers Forderung nach einem Burkaverbot. Er weiß genau, dass er das nicht umsetzen kann, dennoch zündelt er immer weiter. Das ist verantwortungslos. Wir haben ein Grundgesetz, das derlei Eingriffe verbietet. Das sagt auch der Bundesinnenminister. Nur Herr Caffier bleibt auf seinem Kamikaze-Kurs. Das ist doch rätselhaft, nicht wahr?

Wie oft sind Sie in Mecklenburg-Vorpommern einer vollverschleierten Frau begegnet?

Cécile Bonnet-Weidhofer: Einmal. Als gebürtige Französin bin ich mit dem Thema gut vertraut; in Frankreich gibt es ein solches Gesetz ja seit einigen Jahren. Es ist naiv, zu glauben, dass diejenigen, die überzeugt sind, dass das Tragen einer Burka richtig ist, aufgrund eines Verbotes diese plötzlich im Schrank lassen.

In meiner Heimat kontrollieren Polizisten immer wieder dieselben verschleierten Frauen. Und diese Frauen zahlen immer wieder ein Bußgeld. Und was hat sich seitdem verändert? Nichts. Die Polizisten haben bisher nicht gesagt: "Ziehen sie die Burka jetzt sofort aus!" Insgesamt ist das eine Alibi-Diskussion, Wahlkampf-Getöse, mehr nicht. Apropos: Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass Sie womöglich gerade mit einer Terroristin sprechen?

Wie bitte?

Cécile Bonnet-Weidhofer: (lacht) Zumindest gelte ich seit Kurzem als Risiko für die Innere Sicherheit; ich besitze nämlich sowohl die französische als auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Und das ist aus Sicht vieler Innenminister seit Neuestem verdächtig. Die Forderung, man solle sich gefälligst für eine Staatsbürgerschaft entscheiden, ist eine Ohrfeige ins Gesicht all jener, die sich bemühen, sich in diesem Land zu integrieren. Was ist das bloß für eine Botschaft der Politik?! So etwas kann ich als Demokratin nur schwer ertragen.

Weshalb haben Sie sich entschieden, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen?

Cécile Bonnet-Weidhofer: Das war 2013, ich habe mich schon damals politisch engagiert und wollte endlich auch bei den Wahlen meine Stimmen abgeben dürfen. Das gab den Ausschlag. Zwar kann ich mich als Französin in Deutschland problemlos aufhalten und auch hier arbeiten, aber das reicht mir nicht. Ich möchte mich einbringen, mitmachen, und natürlich auch: wählen dürfen. Das geht vielen Menschen so. Innenminister wie Herr Caffier stellen diejenigen, die zwei Pässe besitzen, unter einen Generalverdacht. Dieses Vorgehen lehnen wir Freie Demokraten strikt ab.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte kürzlich, der deutsche Pass sei kein Ramschartikel, den man als Zweitpass mal noch so mitnehme. Ihr Kommentar dazu?

Cécile Bonnet-Weidhofer: Da hat Herr Scheuer Recht. Wenn man sich wie ich aber bewusst dafür entscheidet, deutscher Staatsbürger zu werden, dann ist das für mich kein Ausverkauf - im Gegenteil. Das ist doch ein Zeichen dafür, wie wertvoll unsere Kultur ist.

Frau Bonnet-Weidhofer, dies ist Ihr erster Wahlkampf als Spitzenkandidatin: Wie fühlt es sich an, für alles verantwortlich zu sein?

Cécile Bonnet-Weidhofer: Langweilig ist es nicht (lacht). Nach unzähligen Gesprächen mit Bürgern habe ich den Eindruck, dass das lange Zeit übliche FDP-Bashing endlich vorbei ist.

Die FDP steht in den Umfragen derzeit nur bei drei Prozent...

Cécile Bonnet-Weidhofer: ... Glauben Sie mir, wir werden einen fulminanten Endspurt hinlegen! Die Unterstützung der Bundespartei ist enorm, unser Wahlkampf im Netz läuft grandios. Ich bin zuversichtlich, dass wir den Sprung in den Landtag schaffen. Mecklenburg-Vorpommern braucht eine liberale Stimme im Parlament.