Ideologische Grabenkämpfe in Griechenland
Seite 3: Trump und die Esten
Als vor knapp einer Woche die internationalen Reaktionen auf die Verharmlosung des Neonazi-Aufmarschs in Charlottesville durch den US-Präsidenten Donald Trump die internationalen Schlagzeilen bestimmten, blieb es in Griechenland verdächtig still. Die Nea Dimokratia hat mit ihrem Vizevorsitzenden Adonis Georgiadis einen erklärten Trump-Fan, der den US-Präsidenten gern "mit beiden Händen gewählt hätte".
Georgiadis, der der Linken ihre Kritik am Pinochet-Regime in Chile gern als Sünde vorwirft, ist nicht allein mit seiner Meinung in der europäischen Schwesterpartei der CDU/CSU. Die Goldene Morgenröte hatte die Initiatoren des Aufmarschs von Charlottesville sogar ins griechische Parlament eingeladen, woraus diese keinen Hehl machten.
Eigentlich wäre das eine Steilvorlage für Syriza, um gegen die zweit- und drittgrößte Partei des Landes politisch ins Feld zu ziehen. Eigentlich, denn der Koalitionspartner der Regierung, die Unabhängigen Griechen, hat ebenfalls einen erklärten Trump-Fan als Parteivorsitzenden.
Der Trumpismus ist den Unabhängigen Griechen, die selbst rechtspopulistische Wähler anlocken, nicht fremd, sondern vielmehr ein Teil des eigenen Repertoires. Der erste Stabschef von Trumps Administration, Reince Priebus, hatte Kammenos zur orthodoxen Taufe seiner Gattin eingeladen.
Priebus ist deutscher und griechischer Abstammung, er versprach den Griechen Hilfe im Schuldendrama und hatte im Wahlkampf für Trump sogar die geistigen Führer der griechischen Orthodoxie der USA als Mitstreiter gewonnen.
Extremismus und Populismus
Die Gelegenheit, den Extremismus und Populismus mit Anlass des Dramas um Trump zu diskutieren, wurde in Griechenland verpasst. Umso extremer wird sie nun geführt. Die Generalsekretärin des Justizministeriums, Maria Giannakaki, ging sogar so weit, den Esten wegen ihrer Initiative einen Hang zum Nationalsozialismus vorzuwerfen.
Diese pauschale Nazikeule gegen die Esten ging selbst der Regierungsabgeordneten Nina Kasimati von Syriza zu weit. Sie verbat sich, dass jemand im Namen des griechischen Volkes solch eine Äußerung tätigen dürfe.
Innerhalb der Regierungskoalition gab es sogar noch mehr Spannungen, als der Parlamentsvizepräsident Dimitris Kammenos von den Unabhängigen Griechen, jedem, der den Bezug zwischen Kommunismus und Nazismus nicht sähe vorwarf, unter Komplexen zu leiden.
Wie der weitere öffentliche Dialog unter Beteiligung der Opposition weiterging, und auf welchem Niveau und mit welchen Argumenten die Kontrahenten sich bewarfen, vermag sich jeder vorzustellen. Die frühere Bildungsministerin der Nea Dimokratia Marietta Giannakou erklärte unisono mit dem Vizevorsitzenden der Nea Dimokratia Adonis Georgiadis, Hitler und Mussolini zu linken Politikern, da sie den Sozialismus gefördert hätten.