Ifo-Studie: Angst schüren vor dem Ende der Verbrennungsmotoren

Tesla Modell S, "meistverkauftes Elektroauto weltweit im Jahr 2015 und 2016" (Wikipedia). Foto: Andrzej Otrębski / CC-BY-SA 4.0

Die Grünen wollen den Verbrenner-Ausstieg bis 2030. Das Wirtschaftsinstitut warnt, dass damit 600.000 Arbeitsplätze in Gefahr sind

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Das Münchner Ifo-Institut bereichert die Diskussion über ein künftiges Verbot von Verbrennungsmotoren in PKWs und leichten Nutzfahrzeugen mit Zahlen, die in Deutschland auf Angst-Resonanz zählen können. Es geht um Risikopotenziale einer "Megaaufgabe" (Winfried Kretschmann, Grüne). Eine aktuelle Studie des Instituts machte sich an die Quantifizierung der "Auswirkungen eines hypothetischen Neuzulassungsverbots für Personenkraftwagen":

Direkte und indirekte Abhängigkeiten zusammengenommen beträfe ein Zulassungsverbot schätzungsweise mindestens 620.000 Beschäftigte. Das sind Stand 2015 gut 10% der deutschen Industriebeschäftigung.

ifo-Institut

Der Auftraggeber der Studie ist der Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA). Wenn also diese Zahlen - und die von ihnen transportierte Botschaft "Hunderttausende Arbeitsplätze in Gefahr" - beunruhigen, so werden sich die Auftraggeber darüber nicht ärgern.

Wenig ist zum jetzigen Zeitpunkt über die Auswirkungen der Transformation der Autoindustrie klar vorauszusehen, am wenigsten, wie sie genau aussehen wird, aber dass radikale Umstellungen des bis dato erfolgreichen Geschäftsmodells von der Industrie nicht unbedingt goutiert werden, ist offensichtlich.

Mit einer tabula-rasa-Hypothese gegen die "Verbots-Grünen"

Zum anderen kommt der Vorschlag zum Neuzulassungsverbot für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor ab 2030 von den Grünen, also einer Partei, mit der die Automobilindustrie, von einigen Grünen wie Kretschmann abgesehen, nicht unbedingt auf gutem Fuß steht. Der Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor ist Punkt 2 ihres 10-Punkte-Plans.

Für die Grünen ist das ein Wahlkampfthema, mit dem sie eine ähnliche Marke setzen wollen wie mit dem Atomkraftausstieg. Für die Auto-Lobby ist die markige Ansage der Grünen ein Anlass, um Stimmung dagegen zu machen.

Die Zahlen der Studie geben eine Größenordnung an, die mit einer tabula-rasa-Hypothese hantiert: Dass nämlich alle Arbeitsplätze, die bislang an der Produktion von Verbrennungsmotoren beteiligt sind, vernichtet werden. Es wird in diesem Schreckensszenario davon ausgegangen, dass es einen radikalen Paradigmenwechsel gibt und nicht parallel existierende Produktionen, wo - neben Elektro-Antrieb und anderen Alternativ-Antrieben, die auf die bestehende Infrastruktur aufbauen können - auch der Verbrennungsmotor mit stark verbesserten Abgaswerten weiter hergestellt wird. Zudem ließen sich, was die Umweltbelastung angeht, viele Stellschrauben über andere Mobilitätskonzepte verbessern.

457.000 Beschäftigte "direkt betroffen"

Diese Alternativ-Szenarien werden von der Aufgabenstellung der Studie nicht einbezogen. Dort liefert der Verbots-Vorstoß der Grünen den Interessensschwerpunkt. Ausgehend von der Produktionsstruktur im Jahr 2015 ermittelte die Studie, dass mindestens 457.000 Beschäftigte direkt betroffen wären, weil sie mit der Produktion von Benzin-und Dieselmotoren sowie von Abgasreinigungssystemen befasst sind. Die Allermeisten, nämlich 426.000, seien in der Automobilindustrie tätig.

Darüber hinaus hat die Studie bei der Ermittlung der gefährdeten Arbeitsplätze auch die Beschäftigten in der Zulieferindustrie miteinbezogen, die an den "Verbrenner gekoppelt sind". Als Beispiele werden die Herstellung von Schaltgetrieben genannt oder die Kraftstoffherstellung. Errechnet wurden weitere 163.000 Personen, deren Arbeitsplatz "potentiell" von einem Zulassungsverbot betroffen wäre.

Auch die Wertschöpfung der Automobil-Industrie wird in die Liste der Gefährdungen des durch das Verbot der Grünen bedrohten deutschen Wirtschaftsmotors aufgenommen. Die Abhängigkeit von der Verbrennungstechnologie sei im Hinblick auf den Wertschöpfungsbeitrag für die deutsche Industrie noch stärker als bei der Beschäftigung, mahnt die Studie:

Direkte und indirekte Effekte zusammengenommen wären von einem Zulassungsverbot potenziell knapp 13% der Bruttowertschöpfung der deutschen Industrie tangiert, was Stand 2015 einem Volumen von 48 Mrd. € entspricht.

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Allerdings liefert die Studie auch zwei Einschränkungen ihres Szenarios. Gewisse Zulieferteile werden auch für Lastwagen und Omnibusse produziert, die vom Zulassungsverbot noch ausgenommen sind. Außerdem könnte es auch sein, dass es bei der Produktion alternativer Antriebsarten zu einem Beschäftigungsaufbau kommen kann, der einiges kompensieren könnte.