Ihr Weg zu uns...erer Abmahnung
Anfahrtsskizzen auf der Homepage, die nicht wirklich selbst gezeichnet wurden, sind ein gutes Geschäft - für Rechtsanwälte
Dass man nicht einfach die neueste Lieblingsplatte auf seine Website zum Download stellen kann, ist wohl fast jedem klar. Doch auch Stadtpläne fallen unter das Urheberrecht - und wer auch nur mit einem daumengroßen Scan oder Foto erwischt wird, ist sofort über 800 Euro los: Einige Rechtsanwaltskanzleien mahnen am laufenden Band ab.
Es gibt einige Dinge, die auf Homepages seit Jahren üblich und dennoch hochgefährlich sind. Eins davon ist es, die Besucher mit "Willkommen auf Domainname" zu begrüßen. Es ist reine Höflichkeit, denn normal weiß der Surfer ja, auf welche Seite er wollte. Doch sind unbekannte Websurfer einem eben oft nicht wohlgesonnen, sondern nur auf den schnellen Euro per Abmahnung aus. Und wer einen Domainnamen in Verbindung mit einem "Willkommen" verwendet, benutzt ihn als offizielle Firmenbezeichnung, so die Gerichte.
Ebenso war es in den Tagen, als das heutige Impressum noch nicht Pflicht war, durchaus üblich, nicht nur die Adresse und Telefonnummer anzugeben, sondern auch noch einen Umgebungsplan dazu zu stellen. Man freute sich ja noch über Besucher, die einen übers Netz gefunden hatten. Natürlich hatten auch Zahnärzte und Naturkostläden so einen Kartenausschnitt im Netz, ebenso aber auch Privatleute, die den Gästen ihrer nächsten Party helfen wollten. Und wo kam die Karte her? Meist aus einem herumliegenden Stadtplan gescannt oder eleganter von einer CD-ROM, die oft sogar wie die Telefonbuch-CD der Telekom extra Funktionen zum Export der Karten bietet, ohne deutlich darauf hinzuweisen, dass die Nutzung derselben dennoch dem Urheberrecht unterliegt und man schon einmal eine Einladung mit einer solchen Karte verschicken darf, aber sie halt nicht auf eine Website stellen darf.
Jahrelang störte dies auch niemand. Die Kartenhersteller entdeckten zwar auch das Internet, doch in den Tagen der New Economy war ohnehin alles gratis. Seiten wie Stadtplandienst.de boten sogar an, den eigenen Standort ohne die Notwendigkeit einer Karten-Kopie gratis per entsprechend parametriertem Link anzuzeigen - die mit angezeigte Werbung sollte den Dienst finanzieren. Da die Karten des Dienstes auch wesentlich übersichtlicher sind als manch normaler Stadtplan, wurde dies gerne angenommen und als "endlich eine sinnvolle Seite im WWW" gelobt.
Fiese Masche: Erst um Links betteln, dann abzocken
Dann brachen die Werbungs-Finanzierungsmodelle zusammen und die Gratis-Anbieter begannen plötzlich, zu ihnen linkende Webseiten abzuzocken: Nach dem unrühmlichen Vorbild des österreichischen Wetterdienstes Meteodata, der Webseiten, die direkt zu seinen Wetterkarten verlinkten, umgekehrt mit einer teuren Abmahnung und einer überteuerten Nutzungs-Rechnung für 12 Monate rückwirkend ablinkte, zogen andere nach. Zuerst der Stadtplandienst, der nun einfach seine Geschäftsbedingungen änderte und für die Verlinkung Geld wollte, was aber niemand mitbekam, der seine Seite bereits zuvor online gestellt hatte, dann auf die gleiche miese Tour Hot-Maps, welche gerade noch als Alternative zum Stadtplandienst gepriesen worden waren.
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Noch ein Verein mit "GE.."...
Die fand er auch: Er hatte bereits 2002 nach bekanntem Schema (vgl. Aufmachen, CD-Kontrolle, hier spricht die GEZFU!), nur nicht ganz so plump, die GEKA als "Verwertungsgesellschaft für kartographische Abdruck- und elektronische Vervielfältigungsrechte" gegründet und kann dort nun nicht nur gleich die eigenen Rechte des Stadtplandienstes (Euro-Cities) vertreten, sondern auch die von ADAC, Falk, Mairs und anderen Kartenverlagen. Und nun rollt das Geschäft: Zwar gibt es keine abmahnbaren Links mehr, doch immer noch viele Karten.
Es wird also einfach in der Google-Bildersuche nach vielversprechenden Dateinamen wie "anfahrt.jpg" oder "plan.gif" gesucht, wobei mitunter auch Dateien zum Vorschein kommen, die gar nicht auf Webseiten eingebaut sind, doch beim direkten Aufruf durch den Webspace-Besitzer beispielsweise über die Google-Toolbar in die Suchmaschine geraten sind. Die gepfefferte Rechnung, die auch bei privaten Webseiten folgt, geht wieder einmal nach dem Motto "Internet ist nun einmal wichtiger und schlimmer als das richtige Leben", denn wie ein Arzt treffend bemerkt, haben zigmal so viele Leute seinen für 10 Euro erstandenen, mit Markierung versehenen und in der Praxis ausgehängten Stadtplan gesehen wie den Ausschnitt auf seiner Website, der ihn nun über 1000 Euro kostete. Dabei werden auch nicht mehr existente Websites über archive.org rekonstruiert und nachberechnet, wobei aber die heutigen hohen Preise der GEKA verlangt werden, nicht etwa die damals zum Zeitpunkt der Karteneinbindung gültigen. So musste ein Betroffener 3000 Euro zahlen (2400 Euro Schadensersatz, 600 Euro für die Anwälte), weil er kurzerhand einen Screenshot der seine Straße betreffenden Karte machte und auf seine Seite stellte, als sein Link zum Stadtplandienst nicht mehr funktionierte und er dummerweise die Hintergründe nicht mitbekommen hatte.
Eine Anfahrtskarte mag umsonst sein, aber nicht gratis
Dabei ist nach wie vor umstritten, ob solch kleine Stadtplanausschnitte nicht als Zitat zu werten sind. Auch gibt es legale Kartenausschnitte für die Homepage bereits ab 14,50 Euro und nach wie vor Dienste, die kostenlos sind. Der GEKA können also allemal unangemessene Wucherpreise vorgehalten werden, die sozusagen eine "Fangprämie" enthalten. Dabei gaben die Kartenverlage selbst dann noch die Auskunft, die Benutzung eines Kartenausschnitts für private Zwecke sei kostenlos, sofern die Quelle und ein Link auf die Verlagswebsite gesetzt sei, als die Abmahnwelle in ihrem Namen bereits in vollem Gang war. Der Link zum Verlag erweist sich dabei als besonders effektives Eigentor, denn genau hierüber werden ebenfalls viele der Karten gefunden, wenn der Verlag die Referrer in den Logdateien des Webservers auswertet.
Da mittlerweile Tausende von Abmahnungen verschickt wurden und bei der Abmahnwelle weiterhin täglich mehrere neue Opfer der GEKA aufschlagen, lohnt sich das Geschäft für Dr. Biermann, während viele seiner Opfer ihre Website und teils auch noch ihre Kleinunternehmen wie ein Musikstudio kurzerhand schließen und das Web sich so immer mehr dem von den Juristen herbeigesehnten unkreativen "Kommerznet" nähert. Zudem ist nicht garantiert, dass heute kostenlose Dienste auf Dauer kostenlos bleiben - auch Maps24 als Anbieter verschiedener Karten-Gratislösungen konnte bis Redaktionsschluss hierzu keine Auskunft geben. Vielmehr ist zu befürchten, dass diese Dienste eines Tages doch an einen der GEKA angeschlossenen Verlag verkauft werden, dieser heimlich die AGB ändert und es dann nach bewährtem Muster rund geht.
Ebenso sind viele Webseitenbesitzer reingefallen, weil sie - teils sogar nach ausdrücklicher Rückfrage und Erlaubnis - eine Karte von der Webseite ihrer lokale Gemeinde kopierten, die diese jedoch wiederum von einem der GEKA-Verlage bekommen hatte: Sowohl Stadtplandienst als auch Stadtplan.net wanzen nämlich nach allen Kräften Städte und Gemeinden an, ihre Pläne kostenlos oder kostengünstig zu verwenden, um sie so bekannt zu machen und diese sind sich wiederum nicht darüber im Klaren, dass sie geschenkte Dinge nicht weiterverschenken dürfen. Stadtplan.net und der dahinterstehende Verwaltungs-Verlag mahnen übrigens auf eigene Rechnung ab ohne GEKA.
Einzig sichere Lösung: Mit Filzstift selber malen
Stadtplan- und anderen Karten-Diensten kann man leider nicht mehr trauen, da das Schema "erst umsonst, dann 800 Euro Strafporto kassieren" sich bereits zu oft wiederholt hat. Kopieren, Fotografieren und Scannen von Landkarten ist erst recht tabu, auch teure Software löst das Problem nicht. Das Geschäft sind nicht die Karten, sondern die weit höheren Lizenzen "für Erwischte". Es empfiehlt sich daher, allen Routenplanern, Landkarten und Stadtplänen im Zusammenhang mit privaten oder gar geschäftlichen Webseiten fern zu bleiben oder maximal einen selbstgezeichneten Plan zu verwenden, der dann aber auch selbstgemacht aussehen muss.
Weitere Tipps hierzu finden sich auf Stadtplan gratis.
*Aufgrund einer von Dr. Biermann am LG Hamburg erwirkten Entscheidung mussten am 28.2.2005 zwei Absätze aus dem Beitrag entfernt werden, Red.